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Kein Film gleicht dem anderen, jeder Dreh erfordert unterschiedliche Requisiten, Kameras, Kostüme und Schauplätze. Dazu mieten Filmproduzenten in der Regel für die Dauer des Drehs entsprechende bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter an. Seit geraumer Zeit ist für die Filmbranche die Frage von erheblicher Bedeutung, ob diese angemieteten Wirtschaftsgüter der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegen.

Die Finanzverwaltung hat dazu in der Regel eine andere Rechtsauffassung als die Produktionsfirmen. Während diese die für eine Produktion erforderlichen Wirtschaftsgüter wie Requisiten, Kameras oder Immobilien als Wareneinsatz dem Umlaufvermögen zuordnen, ist die Finanzverwaltung der Auffassung, dass es sich hierbei um fiktives Anlagevermögen handelt und demnach die Mietaufwendungen im Zeitpunkt der Gewinnminderung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegen. Folgt die Produktionsfirma dieser Auffassung nicht, besteht das Risiko etwaiger Steuer- und Zinsnachzahlungen. 

Wie grenzt sich (fiktives) Anlagevermögen vom Umlaufvermögen ab?

Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung setzt unter anderem die Zuordnung zum Beispiel eines Gegenstands zum (fiktiven) Anlagevermögen voraus. Beim Anlagevermögen sind nur die Gegenstände auszuweisen, die dauerhaft dem Geschäftsbetrieb dienen. Dazu gehören immaterielle Vermögensgegenstände, Sachanlagen wie Grundstücke und Gebäude, technische Anlagen und Maschinen, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Anlagen im Bau und Finanzanlagen.

Zum Umlaufvermögen gehören die Gegenstände, die nicht dauerhaft dem Geschäftsbetrieb des Unternehmens zur Verfügung stehen. Umlaufvermögen dient dem Verkauf oder der Verarbeitung oder einer sonstigen kurzfristigen Verwertung im Unternehmen, wie beispielsweise Erzeugnisse und Waren.

Wird ein Film als Auftragsproduktion erstellt, gibt es gute Argumente, dass die angemieteten Gegenstände/Gebäude nicht dem (fiktiven) Anlagevermögen zuzuordnen sind, da diese nur einmalig genutzt werden und nicht ständig für den Gebrauch im Betrieb vorgehalten werden müssen. Wäre dies so, müssten die Filmproduzenten bestrebt sein, möglichst viele Filme mit derselben Ausstattung zu produzieren. 

Wann liegt eine Gewinnminderung vor?

Darüber hinaus setzt eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung voraus, dass die Aufwendungen den Gewinn gemindert haben. Aufwendungen, die am Bilanzstichtag als Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Anlage- oder Umlaufvermögens aktiviert wurden, unterliegen zu diesem Zeitpunkt demnach nicht der Hinzurechnung.

Im Urteilsfall war fraglich, ob die in die Herstellungskosten für fertige und unfertige Erzeugnisse eingeflossenen Miet-, Pacht- und Leasingaufwendungen in den Folgejahren einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG unterliegen, soweit sie beim Abgang ergebnismindernd als Bestandsminderung erfasst werden. Auch war strittig, ob die Aufwendungen für die angemieteten Wirtschaftsgüter, die vor der Aktivierung unterjährig ausgeschieden sind, gewerbesteuerlich hinzuzurechnen sind. 

Wie beurteilt der BFH den Sachverhalt?

Mit Urteil vom 30. Juli 2020 (III R 24/18) hat der BFH zu einem ähnlich gelagerten Fall zu oben genannten Fragen betreffend die Baubranche Stellung genommen. Demnach sind Miet- und Pachtzinsen nicht gewerbesteuerlich hinzuzurechnen, soweit sie in die Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens einfließen. Werden sie nur noch über die Abschreibung der Herstellungskosten gewinnwirksam, handelt es sich weder begrifflich noch wirtschaftlich um Gewinnminderungen durch Miet- und Pachtzinsen. 

In der Regel werden bei Auftragsproduktionen die Miet-, Pacht- und Leasingaufwendungen für die Nutzung unbeweglicher und beweglicher Wirtschafsgüter, die im direkten Zusammenhang mit der Auftragsproduktion stehen, buchhalterisch im Umlaufvermögen als Herstellungskosten aktiviert. Die Aktivierung der Aufwendungen führt dazu, dass sie bei der Ermittlung des Gewinns der jeweiligen Produktionsgesellschaft im Ergebnis nicht abgesetzt werden. Damit würde nach dem Wortlaut des Gesetzes eine Hinzurechnung in dem Erhebungszeitraum, in dem sie zunächst als Aufwand erfasst und anschließend als Herstellungskosten aktiviert werden, nicht in Betracht kommen. Auf Basis des vorstehend genannten BFH-Urteils kann von einer Hinzurechnung in Wirtschaftsjahren, in denen die aktivierten Aufwendungen ergebnismindernd als Bestandsminderung beziehungsweise Abschreibung erfasst werden, abgesehen werden.

Darüber hinaus findet gemäß dem BFH-Urteil - entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung, die das Unterbleiben einer Hinzurechnung von einer Aktivierung der Herstellungskosten des Umlaufvermögens am Bilanzstichtag abhängig gemacht hat - keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung statt, wenn die Aufwendungen zu den Herstellungskosten für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter, die vor der Aktivierung unterjährig ausgeschieden sind, gehören. Gemäß dem Urteil reicht es aus, dass die Miet- und Pachtzinsen als Herstellungskosten aktiviert worden wären, da diese Aufwendungen mit der Umqualifizierung in Herstellungskosten ihren ursprünglichen Mietzinscharakter verlieren.

Auf Grundlage der obigen Erläuterungen kann gefolgert werden, dass weder in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Mietaufwendungen als Aufwand erfasst und anschließend aktiviert werden, noch in dem Veranlagungszeitraum, in dem sich die (aktivierten) Aufwendungen über Bestandsminderungen oder Abschreibungen ergebnismindernd auswirken, eine Berücksichtigung der Aufwendungen im Rahmen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen zu erfolgen hat.

Gibt es weitere unterstützende Urteile?

Auch das FG Köln bekräftigt mit einem Urteil vom 25. November 2021 (13 K 703/17) die Rechtsauffassung, dass die für Filmproduktionen erforderlichen Miet- und Pachtzinsen gewerbesteuerlich nicht hinzuzurechnen sind, wenn das hergestellte Wirtschaftsgut dem Umlaufvermögen zuzuordnen ist.

Entschieden wurde im vorliegenden Fall, dass Bauzeitzinsen, die in Herstellungskosten für unterjährig ausgeschiedene Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens eingegangen sind, nicht der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung unterliegen. Hauptargument des FG ist, dass für die Finanzierung der Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens (hier: Bauobjekte) angefallenen Aufwendungen als Bauzeitzinsen i.S.d. § 255 Abs. 3 Satz 2 HGB nicht im Sinne des Einleitungssatzes des § 8 GewStG bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind, da sie von der Klägerin als Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern ihres Umlaufvermögens behandelt wurden. Das FG folgt dabei sowohl der seit 1993 entwickelten Rechtsprechung des BFH (u.a. I R 59/92, I R 19/02) als auch der oben beschriebenen jüngsten Rechtsprechung des BFH (III R 24/18, IV R 31/18).

Fazit

Grundsätzlich ist empfehlenswert, die für Filmproduktionen angemieteten beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgüter bei der Ermittlung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen im Rahmen der Steuererklärung – basierend auf der Art der Produktion (Eigen- versus Auftragsproduktion), der buchhalterischen Erfassung sowie der aktuellen Rechtsprechung – genau zu überprüfen.

Sowohl das ergangene BFH-Urteil als auch das Urteil des FG Köln können als Argumentationsbasis dafür dienen, dass bei Auftragsproduktionen die Anmietung der Wirtschaftsgüter nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegt.

Sofern man sich (aus Sicherheitsgründen) für eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung – insbesondere vor dem Hintergrund der Vermeidung eines etwaigen Zinsrisikos – entscheidet, sollte geprüft werden, ob unter Darlegung der abweichenden Rechtsauffassung gegen ergangene Bescheide Einspruch eingelegt werden kann. Sieht man von einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung ab und die Finanzverwaltung hält weiterhin an ihrer bisherigen Rechtsauffassung fest, besteht das Risiko etwaiger Steuer- und Zinsnachzahlungen.

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