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Welche Folgen ergeben sich für Quartalsmitteilungen und Halbjahresfinanzberichte nach IFRS?

Verkürzte Zwischenabschlüsse nach IAS 34

Zwischenabschlüsse dienen normalerweise der Aktualisierung von Informationen in Jahresabschlüssen. Nach IAS 34 Zwischenberichterstattung hat ein Unternehmen im Zwischenabschluss eine Erläuterung der Ereignisse und Geschäftsvorfälle aufzunehmen, die für ein Verständnis der Veränderungen, die seit Ende des letzten Geschäftsjahres bei der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens eingetreten sind, erheblich sind. Dabei ist insbesondere auf dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewöhnliche Effekte einzugehen (IAS 34.16A (c)).

Entsprechend werden vielfach zusätzliche Angaben gemacht werden müssen, um die finanziellen Auswirkungen von Covid-19 darzustellen. Folgende zusätzliche Angaben kommen unseres Erachtens in Betracht:

  • Auswirkungen des Coronavirus auf Gesamtergebnisrechnung, Bilanz und Kapitalflussrechnung, zum Beispiel wesentliche Wertminderungen von Vermögenswerten (siehe auch Kapitel „Sind die Vermögenswerte werthaltig?“)
  • Anpassungsmaßnahmen in Bezug auf die Bewertung von Vermögenswerten, die bisher nicht erforderlich waren, z. B. im Zusammenhang mit erwarteten Kreditverlusten (siehe hierzu auch Kapitel „Was ist bei Finanzinstrumenten zu beachten?“ sowie die Stellungnahme des IASB „Accounting for expected credit losses applying IFRS 9 Financial Instruments in the light of current uncertainty resulting from the covid-19 pandemic.”, abrufbar unter folgendem Link)
  • Erhalt von öffentlichen Zuwendungen (siehe auch Kapitel „Was ist derzeit bei der Umsatzlegung zu beachten?“ )
  • Ereignisse seit dem Ende der Zwischenperiode

Besonderheiten bei Quartalsmitteilungen

Börsennotierte Unternehmen veröffentlichen in der Regel Quartalsfinanzberichte oder Quartalsmitteilungen. Am Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse gelistete Unternehmen müssen nach § 51a BörsO FWB für das erste Quartal 2020 mindestens eine Quartalsmitteilung mit folgenden Inhalten veröffentlichen:

  • Erläuterung der wesentlichen Ereignisse und Geschäfte des Mitteilungszeitraums im Unternehmen des Emittenten und ihrer Auswirkungen auf die Finanzlage des Emittenten,
  • Beschreibung der Finanzlage und des Geschäftsergebnisses des Emittenten im Mitteilungszeitraum sowie
  • Bericht über die wesentlichen Prognosen und sonstigen Aussagen zur voraussichtlichen Entwicklung des Emittenten für das Geschäftsjahr im Falle von wesentlichen Veränderungen solcher im letzten (Konzern-) Lagebericht bzw. letzten Zwischenlagebericht abgegebenen Prognosen und sonstigen Aussagen (kurz „Prognoseveränderungsbericht“).

Ausreichend ist eine rein beschreibende Darstellung, d.h. quantitative Angaben sind nicht notwendig. Wenn jedoch Kennzahlen und/oder Abschlussbestandteile (z.B. Bilanz, GuV) angegeben werden, ist das zu Grunde gelegte Zahlenwerk in Übereinstimmung mit den Regelungen für Zwischenberichterstattungen nach IAS 34 zu ermitteln. Das heißt, dass auch für Zwecke einer Quartalsmitteilung bei Vorliegen entsprechender Anzeichen auf Wertminderung von Vermögenswerten  ein Impairment Test durchgeführt werden muss. Werden in der Quartalsmitteilung aber lediglich Kennzahlen angegeben, die von einem Impairment nicht betroffen sein können (z.B. Umsatzerlöse), ist über eine mögliche Wertminderung von Vermögenswerten auch nicht in der Quartalsmitteilung zu berichten.  

Im Übrigen sei hier auf das Kapitel „Sind die Vermögenswerte werthaltig?“  verwiesen.

(Konzern-)Zwischenlagebericht

Ist ein Unternehmen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) oder nach einer Börsenordnung verpflichtet, einen (Konzern-) Zwischenlagebericht aufzustellen, sind dabei folgende Angabepflichten zu beachten:

  • Wesentliche Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus und die sich daraus ergebenden unternehmensexternen (z. B. Lieferengpässe) oder -internen Ereignisse sind darzustellen (DRS 16.40).
  • Wesentliche Änderungen der im letzten (Zwischen-)Lagebericht abgegebenen Prognosen aufgrund von Covid-19 (DRS 16.43).
  • Wesentliche Änderungen der Risiken aufgrund von Covid-19 (aufgrund geänderter Eintrittswahrscheinlichkeiten oder geänderter Auswirkungen) (DRS 16.46). Bestandsgefährdende Risiken sind als solche zu bezeichnen (DRS 16.49).

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Welche Ereignisse im Zusammenhang mit Covid-19 sind wertbegründend bzw. wertaufhellend?

Nach IAS 10 Ereignisse nach dem Bilanzstichtag wird zwischen wertbegründenden Ereignissen (non-adjusting events) und wertaufhellenden Ereignissen differenziert (adjusting events):

Ereignisse nach dem Bilanzstichtag Definition Auswirkungen auf den Abschluss
Wertaufhellende Ereignisse
(adjusting events)
Ereignisse, die (weitere) substanzielle Hinweise zu Gegebenheiten (conditions) liefern, die bereits am Abschlussstichtag vorgelegen haben

Berücksichtigungspflichtig, daher Anpassung entsprechender Beträge im Abschluss 

(IAS 10.3(a) i.V.m. IAS 10.8)

Wertbegründende Ereignisse 
(non-adjusting events)
Ereignisse, die Gegebenheiten anzeigen, die erst nach dem Abschlussstichtag eingetreten sind.

Grds. nicht berücksichtigungs-pflichtig (Ausnahme: Abkehr von der Going Concern-Prämisse)

Aber: Angabepflicht inkl. Schätzung der erwarteten finanziellen Auswirkungen oder Angabe, dass eine Schätzung nicht möglich ist

 (IAS 10.3(b) i.V.m. IAS 10.10, .21)


Implikationen für Abschlüsse zum 31. Dezember 2019

Bestimmte Ereignisse traten vor dem 31. Dezember 2019 ein - z.B. gab der städtische Gesundheitsausschuss von Wuhan am 30. Dezember 2019 eine erste Mitteilung über das Virus heraus, und am 31. Dezember 2019 wurden der WHO erste Fälle gemeldet, damals aber noch regional eingrenzbar. Die überregionale Ausbreitung und der sprunghafte Anstieg der Infektionszahlen, und damit die sich abzeichnenden Auswirkungen auf die (Welt-)Wirtschaft, waren erst im Januar 2020 zu verzeichnen. Auch die Verkündung der WHO, dass es sich bei dem Coronavirus um einen globalen Gesundheitsnotstand handele, erfolgte erst am 30. Januar 2020 - also erst nach dem 31. Dezember 2019. 

"Subsequent Events" - Periode nach IAS 10

Insofern ist es sachgerecht, das Corona-Virus in seiner Ausprägung als „weltweite Gefahr“ als wertbegründendes Ereignis einzustufen und daher erst in Abschlüssen nach dem 31. Dezember 2019 zu berücksichtigen (siehe auch IDW-Hinweis vom 4. März 2020, Seite 2, abrufbar unter folgendem Link).

Im Anhang ist gleichwohl über das Corona-Virus als Ereignis nach dem Bilanzstichtag zu berichten, sofern es sich aus Sicht des Bilanzierenden um ein wesentliches Ereignis handelt. Dabei sind die finanziellen Auswirkungen zu schätzen. Sofern eine Schätzung nicht möglich ist, ist dieser Umstand anzugeben. 

Davon ungeachtet ist für den Fall, dass infolge des Corona-Virus nicht mehr von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit ausgegangen werden kann, der Abschluss unter Abkehr von der Going Concern-Prämisse aufzustellen (IAS 10.15). Siehe hierzu auch „Ist die Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit noch zweifelsfrei gegeben?“

Daneben sei hier auch auf die Berichtspflichten im Lagebericht hingewiesen, siehe im Einzelnen „Worüber ist im Lagebericht zu informieren?“

Implikationen für Abschlüsse nach dem 31. Dezember 2019

Für Abschlüsse mit einem Abschlussstichtag zum 29. Februar 2020 oder 31. März 2020, wird die Corona-Pandemie im Regelfall als berücksichtigungspflichtiges Ereignis zu klassifizieren sein. 

Für Abschlüsse mit einem Abschlussstichtag zum 31. Januar 2020 ist es dagegen schwieriger zu beurteilen, ob die Entwicklungen aus der Corona-Krise ein wertaufhellendes Ereignis oder ein wertbegründendes Ereignis darstellen. Da sich die meisten globalen Auswirkungen aus der Corona-Krise erst nach dem 31. Januar 2020 entwickelten, kann im Regelfall argumentiert werden, dass auch aus der Perspektive 31. Januar 2020 noch von einem nicht zu berücksichtigenden Ereignis ausgegangen werden kann. 

Unternehmen können dagegen zu einem anderen Ergebnis der Würdigung kommen, insbesondere dann, wenn sich aus ihrer unternehmensspezifischen Perspektive die Auswirkungen schon am 31. Januar 2020 abgezeichnet haben. Das kann insbesondere der Fall sein bei Unternehmen mit starker Einbindung in die chinesische Wirtschaft. In einem solchen Fall sind Anhangangaben über das Ergebnis und die Gründe der ermessensbehafteten Würdigung zu erwarten.

Aber auch unabhängig von den bisher dargestellten Abschlussstichtagen ist jeweils zu beurteilen, ob eine weitere Maßnahme oder eine weitere Auswirkung an einem bestimmten Abschlussstichtag zu berücksichtigen ist. Das ist dann der Fall, wenn die weitere Maßnahme oder Auswirkung aus unternehmensspezifischer Sicht die Verhältnisse zum Abschlussstichtag bestätigt. Daher sind unseres Erachtens weitere Entwicklungen nach dem Bilanzstichtag, mit denen zum Abschlussstichtag objektiv nicht zu rechnen war, nicht zu berücksichtigen, z.B. 

  • erneute sprunghafte und in der Dimension objektiv nicht zu erwartende Ausbreitung des Virus
  • deutliche Ausweitung der staatlichen Maßnahmen wie Verschärfung oder zeitliche Ausdehnung von „Lock-Down-Maßnahmen“

Dagegen sind nachträglich erlangte Erkenntnisse über die Gegebenheiten zum Abschlussstichtag berücksichtigungspflichtig (z.B. Aktualisierung des Ausmaßes der Krise zum Abschlussstichtag auf Basis von Sachverständigen-Gutachten oder vergleichbaren Quellen). 

In vielen Fällen wird die Differenzierung zwischen wertbegründenden, nicht zu berücksichtigenden und wertaufhellenden, zu berücksichtigenden Informationen schwierig und stark ermessensbehaftet sein. Wir empfehlen daher, dass das Management die dem Abschlussstichtag folgenden Entwicklungen systematisch erfasst und dahingehend differenziert, ob diese berücksichtigungspflichtig sind oder nicht.

Auch hier sei auf die weiterführenden Ausführungen zur Going Concern-Prämisse sowie zu den Berichtspflichten im Lagebricht verwiesen siehe im Einzelnen "Was bedeutet Covid-19 für die Going Concern-Prämisse und den Lagebericht?"

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