Brexit belastet weiter: Die wirtschaftliche Situation ist nur bei sechs Prozent der Unternehmen verbessert

Umfrage von KPMG und der British Chamber of Commerce in Germany (BCCG)

Umfrage von KPMG und der British Chamber of Commerce in Germany (BCCG)

  • 34 % der Unternehmen von verschärften Vorschriften in 2024 betroffen
  • 52 % der Unternehmen beklagen Verschlechterung ihrer Lage seit Brexit
  • 2023 keine Trendwende bei Umsatz und Ergebnis
  • Chancen der Zusammenarbeit bei strategischen Zukunftsthemen Deutschlands: Digitalisierung (47 %); ESG (33 %); Energieerzeugung/Energiesicherheit (33 %) sowie Verteidigung (26 %)

Berlin, 18. April 2024

Im Jahr Vier nach dem Inkrafttreten des Brexits bleibt das Belastungsniveau für Unternehmen mit Geschäftsaktivitäten im deutsch-britischen Korridor hoch. Erhöhte administrative Aufwände, Logistikkosten und Zollabgaben erweisen sich als dauerhaft schmerzhaft. Darüber hinaus führen neue Regelungen im UK-EU-Korridor, die 2024 und danach eingeführt werden, zu einer zunehmenden Entkopplung der britischen Insel von der EU.

Das sind Ergebnisse aus dem diesjährigen „German British Business Outlook“. Die Umfrage wurde zum sechsten Mal durch die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die British Chamber of Commerce in Germany (BCCG) erstellt. Sie wird offiziell im Rahmen des diesjährigen Ludwig-Erhard-Gipfels am Bayerischen Tegernsee vorgestellt und beschäftigt sich mit den Geschäftserwartungen deutscher und britischer Unternehmen.

Umsatz- und Ergebnisrückgänge setzten sich auch im Jahr 2023 fort, aber die Zukunftserwartungen sind etwas positiver

Die Geschäftsentwicklung im deutsch-britischen Korridor bleibt herausfordernd. Letztes Jahr konnten zwar 38 % der Unternehmen ihre Umsätze steigern, jedoch verzeichneten mit 36 % nahezu ebenso viele Umsatzrückgänge.

Noch deutlicher zeigt sich die Situation bei den Gewinnen nach Steuern: Nur 29 % der Unternehmen erzielten Zuwächse, während 39 % rückläufige Gewinne hinnehmen mussten. Für das laufende Geschäftsjahr zeichnet sich keine wesentliche Verbesserung ab: Knapp jedes dritte Unternehmen (31  %) erwartet weniger Umsatz. Langfristig betrachtet rechnet mehr als jedes vierte Unternehmen (26 %) mit anhaltenden Umsatzrückgängen in den nächsten fünf Jahren.

Brexit-Bürden verstetigen sich

Mehr als jedes zweite Unternehmen im deutsch-britischen Wirtschaftsraum (52 %) berichtet von einer verschlechterten Geschäftslage seit dem Brexit. Dabei hat sich der Anteil derjenigen, die eine erhebliche Verschlechterung feststellen, von 9 % im Vorjahr auf jetzt 16 % fast verdoppelt. Im Vorjahresvergleich halbierte sich der Anteil der Unternehmen, die angaben, dass sich ihre Geschäfte seit dem Brexit verbessert haben, von 13 % auf 6 %.

Hauptbelastungen bleiben der gestiegene Verwaltungsaufwand, den jedes vierte Unternehmen anführt (25 %), gefolgt von erhöhten Logistikkosten (13 %) und gestiegenen Zollabgaben (12 %).

„Wir müssen dringend die Politik und Wirtschaft beider Länder wieder annähern und Brücken bauen. Ich warne vor einer weiteren Entkoppelung, gerade mit Blick auf die geopolitischen Heraus-forderungen,“ so Michael Schmidt, Präsident der BCCG.

Neue Welle an Gesetzen in UK und EU führt zu zusätzlichen Belastungen im deutsch-britischen Handel

Mit dem Jahr 2024 treten im UK-EU-Korridor verschiedene neue Vorschriften in Kraft. Sie wurden beim Inkrafttreten des Brexits im Februar 2020 zunächst verschoben. Besonders das „Border Target Operating Model“ schlägt ins Gewicht und belastet mehr als ein Drittel der Unternehmen (34 %). Hierdurch werden zusätzliche Kontrollen und Dokumentationspflichten für bestimmte Produkt-gruppen wie Tiere, Pflanzen und Lebensmittel eingeführt.

Ebenso rechnen 28 % der von KPMG und BCCG-Befragten mit erheblichen Auswirkungen durch die sukzessive Ersetzung der EU-Regularien durch neue britische Vorschriften nach dem Auslaufen der „Retained EU-Laws“.

Rund 30 % erwarten bürokratische Hindernisse sowie signifikant steigende Kosten durch den „Carbon Border Adjustment Mechanism“ (CABM), den die EU für Importe in ihre Staatengemeinschaft einführt und sich von dem UK-CBAM signifikant unterscheiden wird.

Knapp jedes vierte Unternehmen (24 %) sieht seine deutsch-britischen Geschäftsaktivitäten zudem durch das neue EU-Lieferkettengesetz beeinträchtigt.

Gelegenheiten für Kooperationen: Fokus auf strategische Zukunftsbereiche Deutschlands

Die Megatrends Digitalisierung und ESG bleiben die wichtigsten Geschäftsfelder für Kooperationen (47 % bzw. 33 %) von britischen und deutschen Unternehmen. Dabei hat die Bedeutung der Digitalisierung im Vergleich zum Vorjahr deutlich um 8 %-Punkte zugenommen. Auch das Thema Energieerzeugung bzw. Energiesicherheit wird zunehmend als Kooperationsfeld bewertet. Jedes dritte Unternehmen (33 %) sieht hier Kooperationsmöglichkeiten (+11 %-Punkte im Vergleich zu 2023).

Gesteigerte Chancen für eine Zusammenarbeit im deutsch-britischen Korridor werden ferner im Verteidigungsbereich gesehen. Dieser nimmt um 7 %-Punkte auf 26 % zu.

Investitionspläne: erste Anzeichen einer leichten Verbesserung

Die generelle Zurückhaltung bei Investitionen im Vereinigten Königreich geht seit 2021 allmählich zurück. Damals hatten 69 % der Unternehmen keinerlei Investitionspläne. In der aktuellen Erhebung sagt das nur noch knapp jedes zweite Unternehmen (48 %).

„Interessant ist der Umstand, dass auf Dreijahressicht 7 % der Befragten größere Investitionsprojekte mit einem Volumen von mehr als EUR 250 Millionen planen. Ein Hoffnungs-Schimmer, den bei der letzten Befragung noch kein einziges Unternehmen in den Büchern hatte“, so Michael Schmidt. Kleinere Investitionen bis zu einem Volumen von EUR 5 Millionen beabsichtigen 38 % der Unternehmen (+5 %-Punkte vs. Vorjahr).

Über den German British Business Outlook 2024:

KPMG AG Deutschland und die Britische Handelskammer in Deutschland (BCCG) haben für diese Umfrage sowohl deutsche Tochtergesellschaften mit Hauptsitz im Großbritannien als auch britische Tochtergesellschaften mit Hauptsitz in Deutschland befragt. Insgesamt 173 Unternehmen (im Vorjahr 136) nahmen an der Umfrage teil. Diese wurde zwischen dem 22. Januar und dem 28. Februar 2024 durchgeführt (vorherige Umfrage: 11. April - 28. April 2023).

82 % der befragten Unternehmen haben ihren Hauptsitz in Deutschland (Vorjahr: 86 %), 18 % in Großbritannien (Vorjahr: 14 %). Von den Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland sind 42 % seit mehr als zwei Jahrzehnten in Großbritannien aktiv (Vorjahr: 44 %); 19% (Vorjahr: 18%) sogar seit mehr als fünfzig Jahren.

Kontakt für die Presse

KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Katrin Häbel
Leiterin Unternehmenskommunikation

+49 69 9587 4228
khaebel@kpmg.com

 

British Chamber of Commerce in Germany (BCCG)

Corinna Schlag
Presse BCCG

+49 173 603 83 71
presse@bccg.de

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