Als etabliertes Instrument im Treasury kommen regelmäßig Investitionen in Investmentvermögen (im Folgenden als Investmentfonds bezeichnet) in den verschiedensten Fallkonstellationen in Frage. Doch welche bilanziellen Überlegungen sind bei Investitionen in Investmentfonds nach IFRS zu berücksichtigen und welche Konsequenzen ergeben sich aus den jeweiligen Ausgestaltungsformen?
Investitionen in Investmentfonds sind aufgrund der individuellen Ausgestaltungsmöglichkeiten in der Lage, die spezifischen Anlagebedürfnisse eines Investors oder einer Gruppe von Investoren zu berücksichtigen. Bei Investmentfonds ist weitergehend zu unterscheiden, ob der Investmentfonds spezifisch für einen Investor oder für eine Gruppe von Investoren aufgesetzt wurde. Aus Sicht der Investoren spielen insbesondere bilanzpolitische und steuerliche Überlegungen eine wesentliche Rolle, die erhebliche Auswirkungen auf die Bilanzkennzahlen entfalten können. Die Motive für Investitionen in Investmentfonds können äußerst heterogen gelagert sein und beispielsweise die folgenden Sachverhalte umfassen:
- Anlage überschüssiger Liquidität über einen gewissen Zeitraum;
- Verfolgung eines ausgewählten Risiko-/Rendite-Profils über einen spezifischen Zeitraum; oder
- Investitionsvehikel bei großvolumigen Finanzierungsbedarfen.
Als gängige vor allem im Ausland anzutreffende Ausgestaltung von Investmentfonds hat sich der sogenannte Umbrella-Fonds etabliert. Umbrella-Fonds sind dadurch gekennzeichnet, dass verschiedene Einzelfonds mit unterschiedlichen Investmentstrategien unter einem gemeinsamen „Schirm“ (umbrella) zusammengefasst werden. Üblicherweise stellt der Umbrella-Fonds als Ganzes, d.h. inklusive der einzelnen Sub-Fonds die rechtliche Einheit dar, wobei die jeweiligen Sub-Fonds geschützte Einheiten (protected-cell regime) sind und die Vermögenswerte einzelner Sub-Fonds nicht zur Erfüllung der Verbindlichkeiten anderer Sub-Fonds herangezogen werden können (auch nicht im Insolvenzfall). Der Vorteil von Umbrella-Fonds besteht darin, dass der/die Investor/-en in der Regel ohne größere wirtschaftliche Nachteile in Form von Kosten zwischen den verschiedenen Sub-Fonds wechseln und somit ihre Investitionsstrategie adjustieren können. Die Ausgestaltung und das Management der Umbrella-Fonds wird regelmäßig in Zusammenarbeit mit externen Partnern vorgenommen.
Neben den operativen Fragestellungen im Hinblick auf die Ausgestaltung bzw. Festlegung der Investitionen in Investmentfonds sind im gleichen Kontext auch die Auswirkungen auf die Bilanzstruktur und Kennzahlen des Investors zu berücksichtigen. Beispielhaft können hierzu die folgenden Fragestellungen angeführt werden:
- Sind die Anteile an Investmentfonds im Konzernabschluss des Investors nach IFRS zu konsolidieren und resultieren somit in einer on-balance Bilanzierung oder ermöglicht die Vertragsausgestaltung eine off-balance Bilanzierung ohne größere Auswirkungen auf die Bilanzkennzahlen?
- Nach welchen Regelungen der IFRS sind die Investitionen in Investmentfonds im Fall einer Nichtkonsolidierung abzubilden und welche Wertmaßstäbe sind hierbei heranzuziehen?
- Welche spezifischen Ausweismöglichkeiten können bei Investitionen in Investmentfonds erreicht werden?
Zu 1.: Die Beurteilung einer Konsolidierungspflicht von Investmentvermögen in einem IFRS Abschluss erfolgt nach dem sogenannten „delegated power“-Konzept.1 Demnach besteht eine Verpflichtung zur Konsolidierung, sofern eine Beherrschung i. S. d. IFRS 10 vorliegt. Die Beherrschung nach IFRS 10 kann geschlussfolgert werden, sofern die drei folgenden Kriterien kumulativ als erfüllt anzusehen sind: Verfügungsmacht über die maßgeblichen Tätigkeiten, Risiko von oder Rechte an variablen Renditen und Verknüpfung von Verfügungsmacht und Variabilität der Renditen. Während die Fragestellung einer Konsolidierungspflicht in manchen Fällen keine detaillierte Analyse erfordert, können insbesondere vertragliche Konstellationen bei Investmentfonds als Zweckgesellschaften (SPV, special purpose vehicle) eine detaillierte Analyse der Konsolidierungspflicht erfordern. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass IFRS 10 keine weitergehende Unterscheidung für Vertragsausgestaltungen in Verbindung mit Zweckgesellschaften vorsieht und sich in der Praxis weitergehende Leitlinien zu der Frage der Konsolidierungspflicht etabliert haben.2
Zu 2.: Bei keiner Konsolidierung bzw. keiner anteiligen Konsolidierung (at-equity) für Investitionen in Investmentfonds fallen diese regelmäßig in den Anwendungsbereich des IFRS 9 „Finanzinstrumente“. Investitionen in Investmentfonds erfüllen grundsätzlich die Definition finanzieller Vermögenswerte und sind für die Bewertung und Bilanzierung weitergehend auf eine Klassifizierung als Eigenkapital- oder Fremdkapitalinstrument zu untersuchen. Typischerweise sind Investitionen in Investmentfonds häufig als Fremdkapitalinstrumente zu klassifizieren und der Bewertungskategorie „erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert“ (FVTPL) zuzuordnen. Eine Kategorisierung in eine andere Bewertungskategorie scheidet zumeist aus, da die Renditestruktur nicht nur aus Zins- und Tilgungszahlungen besteht und somit das sogenannte Zahlungsstrom-Kriterium (SPPI criterion) als nicht erfüllt anzusehen ist. Auch eine Klassifizierung als Eigenkapitalinstrument im Sinne einer Vertragsausgestaltung als kündbares Instrument (puttable instrument) aus Sicht des Emittenten ermöglicht keine Klassifizierung als Eigenkapitalinstrument für den Investor. Hierzu führt der IFRS 9.BC5.21 aus, dass die Klassifizierung als Eigenkapitalinstrument basierend auf einem puttable instrument (IAS 32.16A-D) sich nicht auf die Perspektive des Investors übertragen lässt.3 Insofern repräsentieren Investitionen in Investmentfonds im Anwendungsbereich des IFRS 9 jeweils Finanzinstrumente der Bewertungskategorie „erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert“ (FVTPL) mit entsprechenden Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung. In Abhängigkeit der zugrunde liegenden Investments kann eine erfolgswirksame Bilanzierung bei hoher Volatilität der zugrunde liegenden Investments zu entsprechenden Schwankungen in der Gewinn- und Verlustrechnung führen.
Zu 3.: Im Regelfall stellen Investitionen in Investmentfonds unter Anwendung des IFRS 9 Finanzinstrumente der Bewertungskategorie „erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert“ (FVTPL) dar, so dass unter IFRS 7 die regulären Angabepflichten für Finanzinstrumente dieser Bewertungskategorie zu erfüllen sind (beispielsweise IFRS 7.8(a), IFRS 7.20(a), etc.).4 In Abhängigkeit der Ausgestaltung des Investmentfonds sowie der zugrunde liegenden Investments kann bei Erfüllung spezifischer Voraussetzungen auch ein Ausweis als Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente (IAS 7.6-7) erfolgen. Grundsätzlich qualifizieren sich für diese Ausweismöglichkeit nur Investmentfonds, deren Assets eine kurzfristige Laufzeit (max. 3 Monate) haben und die Investitionen in Investmentfonds beispielsweise zur Anlage überschüssiger Liquidität herangezogen werden. Als weitergehende Voraussetzung müssen die Investitionen in Investmentfonds jeweils eine Berücksichtigung im Cash Management finden bzw. zur Begleichung kurzfristiger Schulden vorgesehen sein. Des Weiteren hat es sich um hochliquide Instrumente zu handeln, die jederzeit in Zahlungsmittel umgewandelt werden können und hierbei nur unwesentlichen Wertschwankungen ausgesetzt sind. In diesem Zusammenhang haben sich Schwellenwerte für die Fondszusammensetzung etabliert, die für eine Klassifizierung als Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente zu erfüllen sind.5 Neben der (individuellen) Analyse der Rückgabemodalitäten und der Anlagerichtlinien des Investmentfonds bedarf es daneben auch immer einer Analyse der tatsächlichen im Investmentvermögen befindlichen Instrumente, da diese eine prominente Bedeutung für die Klassifizierung als Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente haben.
Bei anstehenden Investitionen in Investmentfonds oder Fragestellungen bezüglich der Konzeption von Investmentfonds, kontaktieren Sie uns gerne, um die vertragliche Ausgestaltung und die bilanziellen Konsequenzen zu diskutieren.
Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 153, April 2025
Autoren:
Ralph Schilling, CFA, Partner, Head of Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG
Björn Beckmann, Senior Manager, Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG
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1 Die spezifischen Vorschriften für Investmentgesellschaften (IFRS 10.31-33) werden in diesem Zusammenhang nicht weitergehend betrachtet.
2 Vgl. KPMG Insights into IFRS (2024/2025), Tz. 2.5.350ff.
3 Da puttable instruments aus Sicht der Investoren keine Eigenkapitalinstrumente darstellen, scheidet folglich auch eine Bilanzierung nach der Bewertungskategorie FVOCI (EigenkapitaI) aus.
4 Neben den Angabepflichten für Finanzinstrumente gemäß IFRS 7 sind ferner auch die Angabepflichten zum beizulegenden Zeitwert gemäß IFRS 13 zu berücksichtigen.
5 Beispielsweise vgl. PwC MoA (2025), FAQ 7.6.1
Ralph Schilling
Partner, Audit, Head of Finance & Treasury Management
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft