Wer längere Zeit seines Lebens mit Finanzinstrumenten verbringt, sieht zunehmend die Analogien zu anderen Lebensbereichen. Das ist manchmal nicht besonders glücklich, versuchen Sie mal das Thema auf einer Party anzubringen, ermöglicht es aber auch zu erkennen, dass es Themen gibt, die sich jahreszeitengleich wiederholen.

Eines dieser Themen ist das vermehrte Auftreten von Refinanzierungen. Obwohl es sich naturgemäß um einen Evergreen handelt, schließlich muss sich dem Thema jeder zum Auslaufen seines Kreditvertrags stellen, gibt es Phasen in denen die Refinanzierungsdichte deutlich zunimmt. Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr, denn genauso wie die Tage im Sommer länger werden, reagieren Unternehmen auf geänderte Zinsumgebungen.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Regelungen zu wertbegründenden Sachverhalten im Allgemeinen und die Vorgaben zu Refinanzierungen im IFRS-Abschluss im Besonderen, im Blick zu behalten. Wertbegründend sind in diesem Zusammenhang insbesondere der Abschluss von Verträgen und die Änderung von Erwartungen.

In der Regel wird die Außenfinanzierung mit einem gewissen Vorlauf „ins Trockene“ gebracht und der neue Finanzierungsvertrag wird unterschrieben („signing“). Interessant sind die Fälle, in denen der neue Kreditvertrag erst nach einem Stichtag „in Kraft tritt“ („closing“). Mit der Unterschrift wird wertbegründend ein neuer Vertrag abgeschlossen, der bis zur „Inkraftsetzung“ schwebend wirksam ist. Gleichzeitig ist der Tag der Unterschrift der allerspäteste Zeitpunkt, zu dem man davon ausgehen kann, dass der aktuell aktive Vertrag noch wie gehabt bis zur Endfälligkeit läuft. In der Regel wird die Rückzahlungserwartung unter dem aktiven Vertrag allerdings bereits deutlich vorher verkürzt sein.

Genau aus diesem Grund ist mit dem Tag der Unterschrift auch zu kontrollieren, ob die ursprüngliche Finanzierung bilanziell abgegangen ist (IFRS 9.3.3.1), weil sie wesentlich modifiziert wurde (IFRS 9.3.3.2 f.). Die bilanzielle Auswirkung einer wesentlichen Modifikation wirkt unmittelbar zu diesem Zeitpunkt, was daher bereits vor dem „Inkrafttreten“ den ein oder anderen Wetterumschwung in der Ergebnisrechnung nach sich ziehen kann. Im Zuge der wesentlichen Modifikation werden sämtliche ursprüngliche Transaktionskosten zusammen mit der ursprünglichen Finanzierung ausgebucht und die neue Finanzierung wird mit ihrem Fair Value erfasst. Bei wesentlichen Modifikationen lässt sich darüber hinaus nicht mehr einfach annehmen, dass die Konditionen marktgerecht sind und ein Fair Value wird in der Regel formal nachgewiesen (berechnet) werden müssen (KPMG Insights into IFRS 7.6.370.20). Darüber hinaus werden auch neue Transaktionskosten in den seltensten Fällen abgegrenzt werden können (IFRS 9 B3.3.6).

Alternativ dazu wird man bei kurzen Restlaufzeiten der ursprünglichen Finanzierung in der Regel auch zeigen können, dass es sich einfach um eine gänzlich neue und nicht um eine geänderte bestehende Finanzierung handelt. Aber auch diese Fälle haben allerdings ordentlich „Wind im Gepäck“. Wenn die ursprüngliche Finanzierung ein Kündigungsrecht beinhaltet, dann wird dieses in der Regel ausgeübt, um die Refinanzierung durchführen zu können. Die Auswirkung aus dem Kündigungsrecht wird dabei auch relevant, wenn dieses nicht als separates Derivat abgetrennt, bewertet und bilanziert worden ist. Bei einem nicht abgetrennten Kündigungsrecht kommt es in der Regel zu einem signifikanten Aufwand. Denn auch wenn die ursprüngliche Finanzierung nicht als abgegangen gilt, sind die geänderten Rückzahlungserwartungen vertraglich durchsetzbar und daher auch in der Darstellung zu fortgeführten Anschaffungskosten der aktuellen Finanzierung zu berücksichtigen (IFRS 9 B5.4.6). In der Umsetzung sind die neuen erwarteten Rückzahlungsströme mit dem ursprünglichen Effektivzins zu diskontieren. In diesen Fällen wird die demnächst anstehende Rückzahlung nahezu nicht mehr diskontiert und im Ergebnis wird ein Großteil der noch abgegrenzten Transaktionskosten, Disagien und auch eine gegebenenfalls zusätzlich zu bezahlende Pönale aus vorzeitiger Rückzahlung unmittelbar aufwandswirksam erfasst. In dieser Hinsicht zeigt sich erneut, dass der Begriff „fortgeführte Anschaffungskosten“ unter IFRS etwas in die Irre führen kann, da die Basis der Berechnung jeweils die angepassten Zahlungsströme und nicht der fortgeführte Buchwert ist.

Sowohl ein wesentlich geänderter Finanzierungsvertrag als auch eine gänzlich neue Finanzierung haben über die beschriebenen Aspekte hinaus auch eine Auswirkung auf eine bestehende Zinssicherung, die in ein Hedge Accounting designiert ist. Bei einem wesentlich geänderten Finanzierungsvertrag wird in der Regel das ursprüngliche Grundgeschäft abgegangen sein. Zusammen mit der wertbegründenden geänderte Rückzahlungserwartung können auch keine Zinszahlungen mehr nach der geplanten Rückzahlung erfolgen, mithin existiert das gesichtete Grundgeschäft nicht mehr.

Nur eine umsichtig aufgesetzte Hedge Dokumentation kann hier unter Umständen ein Hedge Accounting aufrechterhalten. Anderenfalls wird ein Hedge Accounting in der Regel beendet (IFRS 9.6.5.5 f. iVm. B6.5.15) und gegebenenfalls abgegrenzte Beträge ins Ergebnis reklassifiziert (IFRS 9.6.5.7 iVm 6.5.12 (b))

Für den Fall, dass eine nicht wesentliche Modifikation zum Tragen kommt, wird der neue Buchwert ebenfalls bereits mit Unterschrift unter den Vertrag berechnet. In diesen Fällen gibt es eine Vielzahl von Regelungen, die bestimmen ob und in welchem Umfang der Effektivzins angepasst werden muss oder darf (IFRS 9 B5.4.5) oder ob alternativ der Buchwert neu bestimmt werden muss (IFRS 9 B5.4.6) und eine derartige Differenz daher das Zinsergebnis sofort beeinflussen wird. Die Regeln hierfür sind sehr komplex und berücksichtigen beispielsweise die Frage, ob in eine feste oder variable Verzinsung gewechselt wird und ob ein Sonderkündigungsrecht ohne wesentliche Pönale besteht (eine gelungene Darstellung findet sich beispielsweise in den Insights into IFRS 7.7.350 ff.). 

Lassen Sie uns frühzeitig über Refinanzierungen und deren Auswirkungen sprechen, um das Zinsergebnis am Ende nicht „vom Winde verwehen“ zu lassen und etwaige bilanzielle Überraschungen zu vermeiden.

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 145, Juli 2024
Autoren:
Ralph Schilling, CFA, Partner, Head of Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG
Felix Wacker-Kijewski, Senior Manager, Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG