In Zeiten steigender Zinsen und einer sich verlangsamenden Wirtschaft rückt das Thema Liquiditätsplanung wieder verstärkt in den Fokus von Unternehmen. Insbesondere Treasury-Einheiten von Corporates stehen vor der Herausforderung, ihre Liquiditätspositionen zu kennen und effektiv zu managen, um finanzielle Stabilität zu gewährleisten. Nicht zuletzt ist eine solide Liquiditätsplanung ein wichtiger Bestandteil der Außendarstellung gegenüber externen Geldgebern.

In einer optimalen Welt verfügt der Treasury-Bereich über eine vollintegrierte, homogene Systemlandschaft mit sauberen Schnittstellen zum Accounting und Controlling. Jedoch zeigt die Realität, dass viele Unternehmen durch eine historisch gewachsene und heterogene Systemlandschaft charakterisiert sind. Zudem stand das Thema Liquiditätsplanung in den letzten Jahren ‒ mit einem kurzen Hoch während der Covid-Pandemie ‒ nicht immer verstärkt im Fokus und wurde dementsprechend bei prozessualen und systemseitigen Weiterentwicklungen oft nicht mit bedacht. Mit dem Status Quo konfrontiert erweist sich die Liquiditätsplanung als unhandliches Thema:

  1. Sauber definierte Planungspositionen werden benötigt, um den Blick nach vorne im Sinne der Treasury zu strukturieren.
  2. Bei der Kategorisierung der IST-Cashflows bzgl. dieser Planungspositionen und dem Mapping auf eigene Planungspositionen benötigt das Treasury in der Regel Daten aus dem ERP-System.
  3. Die Planung an sich sollte Saisonalitäten oder den Einfluss von externen Faktoren widerspiegeln.
  4. Hoher manueller Aufwand entsteht üblicherweise für die Planungserstellung und die Erhebung der IST-Zahlen.
  5. Eine heterogene Systemlandschaft und das parallele Nutzen verschiedener Medien gehört sehr häufig zum Ökosystem und stellt damit eine operative Herausforderung dar.

Im Ergebnis haben Unternehmen häufig eine ungenaue Planung, die keine adäquate Basis für die Steuerung der Liquidität bietet.

Die Vielzahl an technischen und prozessualen Schnittstellen zu angrenzenden Systemen und Bereichen wie Controlling und Accounting verhindern oft die Weiterentwicklung der Liquiditätsplanung, da oft nicht klar ist, an welcher Stelle ein guter Angriffspunkt für eine Verbesserung zu finden ist.

Im Gegensatz zu einer vollintegrierten Lösung liegen in einer heterogenen Systemlandschaft an keiner Stelle alle Informationen vor. Betroffene Unternehmen müssen sich also mit unvollständigen Daten arrangieren und einer nicht immer ausreichenden Datenqualität: Debitor/Kreditor-Daten sind nicht (immer) einheitlich gepflegt, Beleginformationen zum Cashflow-Mapping fehlen, Fremdwährungs-Umrechnungen liegen nicht überall vor, Massezahlungsdateien können nicht mehr in ihre Bestandteile zerlegt werden, usw.

Wie begegnet die Treasury dieser Ausgangslage?

Für das Aufsetzen einer vollintegrierten Planungslösung fehlt nicht selten die Zeit, das Budget und die Geduld, also die notwendige Priorisierung im Unternehmen. Darüber hinaus wird es dem Thema auch oft nicht gerecht, wenn man „nur“ wegen der Liquiditätsplanung die gesamte System- und Prozessarchitektur in der Treasury in Frage stellt.

Eine weitaus flexiblere Lösung stellt der Einsatz von BI-Software aus dem Bereich der ETL-Tools dar. Mittlerweile sind dies leistungsfähige Datenanalyse- und Automatisierungsplattformen, die Unternehmen dabei unterstützen, komplexe Datenherausforderungen zu bewältigen. Im Bereich der Liquiditätsplanung bieten sie eine Reihe von Vorteilen:

  1. Datenintegration: Die Plattformen ermöglichen die nahtlose Integration von Daten aus verschiedenen Quellen, unabhängig von Format oder Struktur. Dies ist entscheidend, bei heterogenen Datenquellen wie ERP-Systemen, Bankdaten, Zahlungsabwicklungen und mehr.
  2. Datenbereinigung und -aufbereitung: Datenanalyse- und Automatisierungsplattformen bieten leistungsstarke Funktionen zur Datenbereinigung und -aufbereitung. Sie ermöglichen das Entfernen von Duplikaten, das Korrigieren von Fehlern, das Standardisieren von Datenformaten und das Zusammenführen von Datensätzen. Durch die Bereinigung und Aufbereitung der Daten verbessert sich die Qualität und Genauigkeit der Ergebnisse der Liquiditätsplanung erheblich.
  3. Automatisierung von Prozessen: Diese Lösungen ermöglichen die Automatisierung von wiederkehrenden Aufgaben und Prozessen im Zusammenhang mit der Liquiditätsplanung. Dies reduziert nicht nur den manuellen Aufwand, sondern minimiert auch das Risiko menschlicher Fehler und ermöglicht eine schnellere Reaktionsfähigkeit auf Änderungen in der Liquiditätssituation.
  4. Erweiterte Analysefunktionen: In der Regel bietet die Software eine Vielzahl von Analysewerkzeugen, die Unternehmen dabei unterstützen können, komplexe Muster und Trends in ihren Liquiditätsdaten zu identifizieren. Durch die Nutzung dieser Werkzeuge können Unternehmen fundiertere Entscheidungen treffen und Risiken besser managen.
  5. Skalierbarkeit und Flexibilität: Diese Plattformen sind skalierbar und flexibel, was es Unternehmen ermöglicht, ihre Liquiditätsplanungsprozesse je nach Bedarf anzupassen und zu erweitern. Dies ist besonders wichtig für Unternehmen, die sich in einem dynamischen Geschäftsumfeld befinden und sich schnell an veränderte Marktbedingungen anpassen müssen.
  • So können auch nachträglich leicht weitere Datenquellen angeschlossen oder bestehende abgeschaltet werden.
  • Analysen und Visualisierungen können an den aktuellen Bedarf angepasst werden.
  • Datenexporte können angepasst werden, sollten sich die prozessualen Rahmenbedingungen ändern.

Insgesamt ermöglichen Advanced Analytics-Plattformen es Unternehmen, ihre Liquiditätsplanungsprozesse zu optimieren, die Datenqualität zu verbessern und fundiertere Entscheidungen zu treffen.

Voraussetzung ist in vielen Fällen ein interner oder externer Partner, der das technische Onboarding der Treasury begleitet und so eine nachhaltige Weiterentwicklung gewährleistet.

Eine ganzheitliche Betrachtung der Systemlandschaft, die smarte Integration von Software und die Förderung einer bereichsübergreifenden Zusammenarbeit sind entscheidend, um die Liquiditätsplanung in heterogenen Umgebungen möglichst effizient zu gestalten. Dies bildet das Fundament für eine vorausschauende Steuerung der Unternehmens-Liquidität.

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 140, Januar/Februar 2024
Autoren:
Nils Bothe, Partner, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG
Jakob Fisahn, Manager, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG