Bei der Bildung von (bilanziellen) Sicherungsbeziehungen kommen als Sicherungsinstrumente üblicherweise derivative Finanzinstrumente zur Absicherung von (finanzwirtschaftlichen) Risiken zur Anwendung. Neben der Designation von derivativen Finanzinstrumenten als Sicherungsinstrument erlauben die Vorschriften zur Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen gemäß IFRS 9 aber auch die Designation nicht-derivativer Finanzinstrumente als Sicherungsinstrument. Derzeit wird in der Praxis von der Designation nicht-derivativer Finanzinstrumente nur selten Gebrauch gemacht, so dass der nachfolgende Beitrag weitergehend die Möglichkeiten und Anwendungsfälle der Designation originärer Finanzinstrumente als Sicherungsinstrument unter IFRS 9 erläutert.  

Im Allgemeinen nehmen die IFRS (International Financial Reporting Standards) keine genaue Definition von nicht-derivativen bzw. originären Finanzinstrumenten vor. Originäre Finanzinstrumente stellen somit alle Finanzinstrumente dar, die nicht vollständig die Merkmale eines derivativen Finanzinstruments gemäß IFRS 9.Anhang A erfüllen. Hierunter fallen beispielsweise Zahlungsmittel, Eigenkapitalinstrumente anderer Unternehmen sowie ebenso vertragliche Vereinbarungen zum Erhalt (Vermögenswert) bzw. zur Abgabe (Verbindlichkeit) von flüssigen Mitteln oder anderen finanziellen Vermögenswerten oder der Tausch zu vorteilhaften bzw. nachteilhaften Bedingungen. Infolgedessen können originäre Finanzinstrumente in Abhängigkeit der Ausprägung entweder als finanzielle Vermögenswerte oder als finanzielle Verbindlichkeiten ausgestaltet sein (vgl. IAS 32.11).

Um in die Möglichkeit der Anwendung der Vorschriften zur Bilanzierung von Hedge Accounting Beziehungen zu kommen, sind jeweils kumulativ die (allgemeinen) Anwendungsvoraussetzungen gemäß IFRS 9.6.4.1 zu erfüllen. Für jede Sicherungsbeziehung bedarf es einerseits einer formellen Dokumentation & Designation sowie andererseits zu Beginn und fortlaufend den Nachweis einer hohen Effektivität. Bei der Designation von Sicherungsinstrumenten besteht daneben die Anforderung, dass Sicherungsinstrumente grundsätzlich immer mit einer unternehmensexternen Vertragspartei abgeschlossen sein müssen (vgl. IFRS 9.6.2.3). 

Im Hinblick auf die Designation originärer Finanzinstrumente als Sicherungsinstrument können die folgenden Instrumente designiert werden1:

  • Gesamthaft oder als prozentualer Anteil des Instruments: originäre Finanzinstrumente die in der Bewertungskategorie erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert gemäß IFRS 9 eingeordnet sind. 
    • Hiervon ausgenommen sind finanzielle Verbindlichkeiten, die im Rahmen der Fair Value Option freiwillig zum beizulegenden Zeitwert bewertet und deren ausfallrisikobedingten Wertänderungen gemäß IFRS 9.5.7.7 im OCI erfasst werden (vgl. 9.6.2.2).
  • Währungsrisikokomponente des Instruments: originäre Finanzinstrumente unabhängig der Bewertungskategorie zur Absicherung des Fremdwährungsrisikos.

    Hierbei muss das Sicherungsinstrument nicht zwingend ein Finanzinstrument im Anwendungsbereich des IFRS 9 sein, sondern es können auch (originäre) Finanzinstrumente nach IAS 32, die jedoch außerhalb des Anwendungsbereichs des IFRS 9 liegen, designiert werden (vgl. KPMG Insights, 19th. Ed., Tz. 7.9.590.20) In diesem Sinne sind auch originäre Finanzinstrumente wie beispielsweise Leasingverbindlichkeiten oder unter bestimmten Voraussetzungen auch Rückerstattungsverbindlichkeiten (refund liabilities) als Sicherungsinstrumente designierbar.
    • Hiervon ausgenommen sind Finanzinvestitionen in Eigenkapitalinstrumente, deren Wertänderungen (freiwillig) erfolgsneutral im sonstigen Ergebnis erfasst werden (vgl. IFRS 9.5.7.5). 

Bei der Absicherung des Fremdwährungsrisikos ist zu berücksichtigen, dass die Fremdwährungskomponente eines nicht-derivativen Finanzinstruments gemäß IAS 21 zu bestimmen ist (vgl. IFRS 9.B6.2.3). Dies bedeutet, dass sich der Gewinn oder Verlust des Sicherungsinstruments aus der Neubewertung der Fremdwährungskomponente des Buchwerts gemäß IAS 21 ergibt (und keiner Diskontierung unterliegt) und sich gegebenenfalls eine gewisse Ineffektivität der Sicherungsbeziehung nicht vermeiden lässt (vgl. IFRS 9.B6.5.4).  

In Abhängigkeit des abzusichernden Risikos bestehen aufgrund der Designation originärer Sicherungsinstrumente keine spezifischen Einschränkungen im Hinblick auf die Art der Sicherungsbeziehung. Insofern können originäre Finanzinstrumente als Sicherungsinstrument sowohl im fair value hedge accounting, wie auch im cash flow hedge accounting oder in hedges of a foreign net investment fungieren. Ferner gibt es ebenso wenig Einschränkungen, dass ein originäres Finanzinstrument nur in einer Sicherungsbeziehung enthalten sein darf. Insofern kann ein originäres Finanzinstrument nicht nur als Sicherungsinstrument in einer Sicherungsbeziehung (beispielsweise gegen das Fremdwährungsrisiko) designiert sein, sondern gleichzeitig auch das Grundgeschäft in einer anderen Sicherungsbeziehung darstellen (beispielsweise für das Zinsänderungsrisiko).  

Nachfolgend werden entsprechende Beispiele aufgeführt, in denen nicht-derivative Finanzinstrumente als Sicherungsinstrument zur Anwendung kommen können:

A)
Als Beispiel für eine nicht-währungsbezogene Absicherung kann die Absicherung einer erwarteten hochwahrscheinlichen Beschaffung von Commodities durch den Erwerb von Anteilen an einem entsprechenden Commodity-Fonds mit vergleichbarem Exposure genannt werden. Die Sicherungsbeziehung kann nach den Vorschriften des cash flow hedge accounting dargestellt werden. Die Anteile des Commodity-Fonds sind aufgrund ihrer Eigenschaften erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten und lassen sich somit gesamthaft (bzw. gemäß der Anzahl der erworbenen Anteile, die dem abzusichernden Nominalvolumen entspricht) als nicht-derivative Sicherungsinstrumente zur Absicherung des Rohstoffpreisrisikos designieren (vgl. KPMG Insights, 19th. Ed., Tz. 7.9.590.70-90). In Abhängigkeit der Übereinstimmung des Risikoexposures und weiterer Ausgestaltungsmerkmale zwischen Grundgeschäft und Sicherungsinstrument kann es zu möglichen Ineffektivitäten kommen. 

B)
Hinsichtlich der Absicherung des Fremdwährungsrisikos kann beispielsweise das Kassakursrisiko erwarteter hochwahrscheinlicher Umsatzerlöse in 18 Monaten in Höhe von USD 5 Mio. (funktionale Währung ist EUR) mittels einer fest verzinslichen finanziellen Verbindlichkeit mit einem Nominalvolumen in Höhe von USD 5 Mio. und 5 Jahren Laufzeit abgesichert werden. Auch hier erfolgt die Abbildung der Sicherungsbeziehung nach den Vorschriften des cash flow hedge accounting. Weitergehend ist zu beachten, dass im Rahmen der Effektivitätsmessung die jeweilige Neubewertung der Umsatzerlöse auf einer diskontierten Basis zu erfolgen hat wohingegen dies für das Sicherungsinstrument (d.h. die auf IAS 21 basierende Fremdwährungskomponente) nicht gilt und entsprechende Ineffektivitäten resultieren können.

C)
Als weiteres Beispiel der Absicherung des Fremdwährungsrisikos mittels nicht-derivativer Finanzinstrumente kann die Absicherung einer Auslandsbeteiligung mit Hilfe einer Fremdwährungsanleihe genannt werden. Das abgesicherte Risiko stellt hierbei das translationsbedingte Fremdwährungsrisiko des Nettovermögens der ausländischen Tochtergesellschaft dar und die Sicherungsbeziehung wird als hedges of a foreign net investment abgebildet. Sofern sich die kritischen Wertparameter von Grund- und Sicherungsinstrument decken, sind im Wesentlichen keine Ineffektivitäten zu erwarten. Ursächlich hierfür ist, dass es sich bei dem designierten Grundgeschäft (gegenüber den Beispielen in A) und B)) bereits um einen bilanzierten Posten handelt und folglich sowohl das Grund- wie auch das Sicherungsinstrument der Kassakurswertänderung aus der Stichtagsfolgebewertung gemäß IAS 21 unterliegen. 

Im Allgemeinen lässt sich festhalten, dass auch die Designation originärer Finanzinstrumente als Sicherungsinstrument im Hedge Accounting zahlreiche Anwendungsfälle bietet und vor dem Hintergrund der weitergehenden Möglichkeiten unter IFRS 9 bei der Evaluierung möglicher Sicherungsstrategien berücksichtigt werden sollte. In diesem Zusammenhang kann sich die Designation nicht-derivativer Finanzinstrumente als Sicherungsinstrument insbesondere als vorteilhaft erweisen, wenn aufgrund länderspezifischer Vorschriften kein Zugang zu Derivatemärkten besteht, nur eine Absicherung mittels börsengehandelten Derivaten und korrespondierenden Margin-Verpflichtungen möglich ist oder aufgrund des Ausfallrisikos keine (unbesicherten) OTC-Derivate abgeschlossen werden sollen. 

Das Finanz- und Treasury Management Team steht Ihnen gerne für einen Austausch zur Verfügung, sofern Sie die Möglichkeiten der Designation originärer Finanzinstrumente als Sicherungsinstrument evaluieren wollen.  

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 139, Dezember 2023
Autoren:
Ralph Schilling, CFA, Partner, Head of Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG 
Björn Beckmann, Senior Manager, Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG 

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Demgegenüber war unter IAS 39 nur der Einsatz originärer Finanzinstrumente für die Absicherung von Fremdwährungsrisiken erlaubt (vgl. IAS 39.72).