Durch den Wegfall der unter IAS 39 noch geforderten Mindesteffektivität sowie durch die über den IFRS 9 eingeführte Möglichkeit, einzelne Komponenten aus Preisformeln nicht-finanzieller Grundgeschäfte zu designieren, ist es für Unternehmen heute deutlich leichter, deren ökonomische Absicherungsstrategie von Commodity-Risiken durch Derivate im Hedge Accounting abzubilden.

Der Bedarf an solchen Lösungen zeigt sich derzeit insbesondere am vermehrten Abschluss von (virtuellen) Energiebezugsverträgen ((V)PPA), die durch die aktuellen Regelungen zum Eigenverbrauch („own use exemption“) zunehmend auch bilanziell aufgedeckt und ergebniswirksam abgebildet werden müssen. Ein Hedge Accounting für diese Sachverhalte ist in der Regel sehr aufwändig, wenn überhaupt möglich. Für diese Sachverhalte ist der nachfolgend angeführte „All-in-One“ Hedge entsprechend keine Lösung. Neben diesem speziellen und im Detail herausfordernden Einzelsachverhalt stellt sich allerdings die Frage, warum die Vielzahl an Commodity-Absicherungen trotz der neuen Designationsmöglichkeiten noch immer nicht oder nur zögerlich im Hedge Accounting abgebildet werden.

Auch für Commodities wie CO-2 Rechte oder Nicht-Eisen-Metall ist aufgrund der aktuellen Marktfriktionen und erhöhter Preisvolatilität der Bedarf an Bewirtschaftung deutlich gestiegen. Nach den allgemeinen Grundsätzen des IFRS 9 wird ohne die Anwendung von Hedge Accounting ein zur ökonomischen Sicherung abgeschlossenes Derivat ergebniswirksam durch die Gewinn- und Verlustrechnung erfasst. Gleiches gilt für ein etwaiges Grundgeschäft, für das die Anwendung der Eigenbedarfsausnahme („Own Use Exemption“) abgelehnt werden muss. Die hierdurch direkt im EBIT abzubildenden Preisvolatilitäten erhöhen den Erklärungsdruck für Bilanzierende. Mögliche Abhilfe kann durch die Regelungen zum Hedge Accounting unter IFRS 9 geschaffen werden, welcher für eine Vielzahl von Anwendungsfällen eine verursachungsgerechte Abbildung des Risikomanagements ermöglicht:

  • In einer Reihe von Unternehmen werden Commodity-Vorräte im Hinblick auf ihren Marktpreis abgesichert, was grundsätzlich der Intention des Fair Value Hedges entspricht.
  • Darüber hinaus bewirtschaften viele Unternehmen ihre Beschaffung von Buntmetall, CO2-Rechten oder Kuppelprodukten aus der petrochemischen Industrie, was in der Regel über ein Cashflow Hedge abgebildet werden kann, solange das Grundgeschäft eine geplante Transaktion darstellt.

    Einen häufigen Anwendungsfall stellt dabei der physische Einkauf eines Commodities dar, der durch Rückverkäufe („tainting“ der „own use exemption“) als Derivat zu bilanzieren ist. Dieser Vertrag kann nachfolgend als Sicherungsinstrument für eben jenen geplanten Einkauf gesehen und kann daher prinzipiell als „All-in-One“ Cashflow Hedge bilanziert werden, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen (KPMG Insights into IFRS 7.9.480).

Gerade bei Commodity-Preisrisiken ist es üblich Exposures mit unterschiedlichen Fälligkeiten durch ein einzelnes Derivat (fristinkongruent) zu sichern. Dieser Umstand muss, bei der Designation der gesamten Wertänderung des Sicherungsinstruments, in der Effektivitätsermittlung berücksichtigt werden. Wenn eine Effektivität auf dieser Basis nicht nachgewiesen werden kann, könnten die Wertänderungen freiwillig auf Spotrate-Basis designiert werden. Aus unterschiedlichen Fälligkeitsstrukturen resultierende Ineffektivitäten werden so von der Sicherungsbeziehung ausgeschlossen und bei der Effektivitätsermittlung nicht mehr berücksichtigt. Sofern für die Forward-Komponente des Sicherungsgeschäftes der unter IFRS 9 zur Verfügung stehende „Cost of Hedging“ Ansatz nicht zur Anwendung kommt, ist die Wertänderung der Forward-Komponente allerdings vollständig ergebniswirksam zu erfassen. Für viele gängige Commodities ist dieser Wermutstropfen allerdings verschmerzbar, da bei Preisentwicklungen in der Regel die gesamte Forward-Preisstruktur parallel verschoben wird und sich die Forward-Preisstruktur nur marginal in ihrer Struktur verändert (eine Strukturänderung wäre beispielsweise bei einem Wechsel von einer Contango-Situation in eine Backwardation der Fall). Gerade bei diesen Lösungsansätzen sollte darauf geachtet werden, dass die Spotrate zum Abschlusszeitpunkt des Derivats und nicht zum Tagesschlusskurs bestimmt wird, um bei hohen Intraday-Volatilitäten ein richtiges Ergebnis zu erhalten.

Eine weitere, häufig festzustellende Ursache für Ineffektivität bilden die zur Bewertung herangezogenen Marktdaten und Bewertungsmethoden. Wenn eine Effektivität durch das Unternehmen rechnerisch ermittelt wird, werden die Derivate vereinfachend häufig durch einen Broker bewertet und die Wertentwicklung des Grundgeschäfts aus den Preisen eines Marktdatenanbieters (Refinitiv; Superderivatives, Bloomberg) oder anderer Quellen (LME, oanda, westmetall) hergeleitet. Für die Effektivitätsermittlung sollte der verwendete Marktdatensatz allerdings am besten konsistent sein. Scheidet eine eigene Bewertung der Sicherungsinstrumente aus, kann ein externer Anbieter bei der Bewertung helfen. Bei unseren Implementierungsprojekten zeigte sich, dass es häufig schon ausreicht bei der eigenen Bewertung des Grundgeschäfts, die Marktdaten des Brokers für den Bewertungsstichtag zu verwenden.

Für die verursachungsgerechte Ergebnisbuchung der, vormals über das Hedge Accounting abgegrenzten, Wertbeiträge der Sicherungsinstrumente benötigt das Unternehmen darüber hinaus Daten über das Grundgeschäft. Für die Herausforderungen in der bilanziellen Erfassung wie die beschriebene Zuordnung des Sicherungserfolgs auf Grundgeschäfte oder auch das „basis adjustment“, gibt es mittlerweile eine Reihe etablierter Lösungen (vgl. beispielsweise auch den Newsletter Artikel Okt 2022: Absicherung von Rohstoffpreisrisiken: Möglichkeiten zur Designation von Risikokomponenten nicht-finanzieller Grundgeschäfte unter IFRS 9 sinnvoll nutzen).

Wenn man das Spielfeld kennt, bekommt man auch Commodity Hedges häufig, in den formalen Regelungen des IFRS 9 bzw. in handelsrechtliche Bewertungseinheiten nach § 254 HGB, abgebildet. Die verursachungsgerechte Ergebniserfassung hilft dem externen, wie dem internen Rechnungswesen die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage richtig darzustellen.

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 137, Oktober 2023
Autoren:
Ralph Schilling, CFA, Partner, Head of Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG
Felix Wacker-Kijewski, Senior Manager, Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG