Im Folgenden werfen wir einen Blick auf jüngste Innovationen rund um das Thema Cash Pooling. Welche Entwicklungen gibt es in den letzten Jahren und welche neuen Lösungsansätze werden angeboten? Jede Treasury Organisation sollte sich kontinuierlich fragen, ob das eigene Cash Pool Konzept noch zum aktuellen Treasury Aufbau passt und die Organisation zukunftsfähig aufgestellt ist. Insbesondere hinterfragen wir, wie eigentlich eine Notional Overlay Struktur in der Praxis funktioniert.

Cash Pooling als zentrales Liquiditätsinstrument

Die wichtigste Aufgabe, der sich Treasurer*innen täglich stellen müssen, ist es, den Überblick über die Gesamtliquidität im Unternehmen zu behalten. Viele etablieren aus diesem Grund einen Cash Pool und gewährleisten somit, die Liquidität innerhalb des Unternehmens zu bündeln. Dies schafft zum einen Transparenz und senkt auf der anderen Seite Kosten durch zum Beispiel Zinsoptimierung. Je internationaler ein Unternehmen aufgestellt ist, desto komplexer können die Cash Pooling-Strukturen werden. Hier spielen Ausgestaltungsformen wie cross-boarder, cross-currency oder cross-banking eine entscheidende Rolle. Das bedeutet, dass neben unterschiedlichen Liquiditätsansprüchen der einzelnen Konzerngesellschaften auch unterschiedliche einzubindende Länder, Währungen und Bank-Partner die Treasurer*innen vor Herausforderungen stellen können. Daher sollte immer wieder die Frage gestellt werden: Ist die vorhandene Cash Pooling-Lösung noch die Richtige für die eigene Organisation?

Im Wesentlichen wird beim Cash Pooling zwischen drei grundlegenden Instrumenten unterschieden:

  • Virtual Accounts
  • Physisches Cash Pooling
  • Notional Cash Pooling

Abbildung 1 Übersicht Cash Pooling mit den wichtigsten Ausprägungen

Cash Pooling

Quelle: KPMG AG

Virtual Accounts

Virtuelle Konten werden unter bestimmten Voraussetzungen als Instrument zur effizienten Liquiditätssteuerung genutzt. Bei virtuellen Konten kann eine einzelne Kontonummer einem bestimmten Kunden oder einem Produkt zugeordnet werden. Die virtuellen Kontonummern wiederum sind an ein echtes Masterkonto gebunden. Zahlungseingänge auf diesen virtuellen Konten werden automatisch und in Echtzeit auf dem hinterlegten Masterkonto dargestellt. So kann die Liquidität zentral verwaltet werden, es herrscht auch untertägig Transparenz über die vorhandenen Geldbewegungen und der Ausgleich der Konten am Tagesende entfällt. 

Physisches Cash Pooling

Beim physischen Cash Pooling erfolgt ein physischer Geldtransfer zwischen den Bankkonten der Cash Pool-Teilnehmer und dem Cash Pool-Führer mit dem Ziel der Bündelung der freien Liquidität auf einem Master-Konto. In der üblichen Ausgestaltungsform des Zero-Sweeping werden dabei alle dem Cash Pool angeschlossenen Konten täglich zentral ausgeglichen. Allerdings kann auch in Form des sogenannten Target Balancings ein individuell festgelegter Ziel-Endsaldo parametrisiert werden. Im Vorteil steht allerdings ganz klar die physische Liquiditätskonzentration auf einem zentralen Konto mit der Möglichkeit, strategische Investitionen zu tätigen und möglichst hohe Transparenz zu schaffen. Dem gegenüber stehen Kosten, die sowohl durch interne Darlehen als auch durch Währungsumrechnungen hervorgerufen werden können.

Notional Cash Pooling

Wer hingegen nicht zwangsläufig die physische Transaktion auf einem Master-Account benötigt, kann auf das Instrument Notional Cash Pooling zurückgreifen. Beim Notional Cash Pooling erfolgt ein rein virtueller Ausgleich der Salden der Bankkonten mit dem Ziel, die Transparenz zu steigern und die interne Zinsverrechnung zu optimieren. Die Zinsoptimierung wird durch die fiktive Gegenrechnung der valutarischen Salden der Konten erreicht. Es erfolgt kein effektiver Übertrag der Liquidität und somit auch keine zentrale Liquiditätsbereitstellung. Notional Cash Pooling wird häufig dann eingesetzt, wenn ein physischer Cash Pool nicht eingeführt werden soll oder aufgrund rechtlicher Bestimmungen nicht umsetzbar ist. In der Praxis wird Notional Cash Pooling meist pro Währung separat implementiert und als Overlay-Struktur eingesetzt.

Multi-Currency Notional Cash Pooling als Overlay Struktur

Notional Cash Pooling gilt im Markt bisher als etablierte Alternative zur physischen Variante. Dagegen wird Multi-Currency Notional Cash Pooling von den Banken bisher eher sporadisch angeboten. Zugrunde liegt auch hier ein nicht-physischer Cash Pool mit dem Unterschied, dass verschiedene Währungen einbezogen werden. Die Fremdwährungsbestände werden virtuell konvertiert und zu einem Saldo in der gewünschten lokalen Währung aufgerechnet. Im Detail funktioniert das Prinzip zunächst so, dass ein Overlay-Bank Partner ausgewählt wird. Dieser muss nicht zwangsläufig die eigene Hausbank sein, da diese Dienstleistung nur von spezialisierten Banken angeboten wird. Anschließend werden die teilnehmenden Unternehmenseinheiten identifiziert und entweder die gepoolten Master-Konten oder alle einzelnen, relevanten Liquiditätskonten pro Währung in der Infrastruktur der eigenen Overlay-Bank Partner gespiegelt. Diese Spiegelkonten bilden somit den Cash Pool aller relevanten Liquiditätsbestände ab, unabhängig davon, in welcher Währung sich die Cash-Bestände befinden. Somit wird den Treasurer*innen die Gesamtübersicht über die Liquidität der Organisation innerhalb einer Bankinfrastruktur angezeigt. Mit Hilfe der geführten Spiegelkonten können die Treasurer*innen auf einen Blick alle Liquiditätsbestände sehen, unabhängig davon, bei welcher Bank die Liquidität tatsächlich gehalten wird. Anschließend berechnet der Overlay-Partner virtuell einen Gesamtsaldo über alle Währungen hinweg. Die Umrechnung erfolgt auf Basis des EZB-Fixings. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Bedarfe in Fremdwährungen unabhängig vom aktuellen Liquiditätsbestand der aktuellen Währung ausgeglichen werden können. Die Treasury-Organisation kann über den gewünschten Betrag in jeder vereinbarten Währung seiner Wahl verfügen und Transaktionen ausführen. Diese Berechnung des Gesamtsaldos und die Bereitstellung aller relevanten Währungen erfolgt virtuell ohne physische Transaktion. Demnach fallen auch keinerlei Konvertierungskosten auf Master-Account Ebene an. Die einzelnen tatsächlichen Währungsbestände bleiben hiervon unberührt. Das hat den Vorteil, dass klassische Risiken die zum Beispiel im Währungsmanagement bei FX-Transaktionen auftreten, deutlich verringert werden können. Das Vorhalten bestimmter Währungspaare oder Analysieren zweitrangiger Währungspaare entfällt. Die Organisation kann sich auf seine Hauptwährungen fokussieren und tägliche Aufwände reduzieren. Der virtuelle Berechnungsprozess bzw. Kontenausgleich kann unter Voraussetzung der technischen Möglichkeiten mehrmals täglich stattfinden und somit den Treasurer*innen ein stets aktuelles Gesamtbild der Situation darstellen.

Hierbei stellt sich immer die Frage, ob und wann sich welche Cash Pooling Methodik für die Unternehmensorganisation lohnt. Dies hängt im Wesentlichen vom individuellen Business Case ab. Parameter wie Kosten, Gebühren, Steuern, Regulatorik, die richtigen Bank Partner mit den passenden Bankdienstleistungen, sowie Volumen der Salden/Transaktionen bestimmen das geeignete Szenario für die Unternehmensorganisation. Je höher die Salden sind, die gegeneinander aufgerechnet werden könnten und je höher die Spanne zwischen Geldaufnahme und Geldanlage ist, desto größer sind die finanziellen Vorteile eines Cash Pools. Das Multi-Currency-Notional-Pooling ist für Unternehmen interessant, die bereits ein Cash-Pooling in verschiedenen Währungen mit hohen positiven und negativen Salden betreiben, welche eine erneute Zinsverrechnung rechtfertigen. 

Gesamtfazit

Den Überblick über die Gesamtliquidität im Unternehmen zu behalten ist und bleibt ein komplexes Thema. Nicht nur die Liquiditätsanforderungen im Unternehmen ändern sich, sondern auch die Möglichkeiten und Angebote der Banken zum Cash Pool entwickeln sich immer weiter. Für Treasurer*innen ist es wichtig in diesem Thema auf dem neusten Stand zu bleiben, um in diesem komplexen Umfeld die bestmögliche Cash Pool-Lösung für ein resilientes und zukunftsfähiges Treasury zu finden.  

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 129, Januar/Februar 2023
Autoren:
Nils Bothe, Partner, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG
Sven Warnke, Manager, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG