Die Zuordnung einer hohen Anzahl an monatlichen Zahlungseingängen kann für Unternehmen zeitintensiv und aufwendig sein. Fehlerhafte und unvollständige Überweisungen können dabei den Prozess der Zahlungsüberwachung zusätzlich erschweren. Wie können sich Unternehmen zukünftig gegen die Kontenüberflut wehren?

Die Integration von virtuellen Bankkonten ist für national und international agierende Unternehmen mit einer hohen Anzahl von Zahlungsein- und ausgängen ein wachsender Trend. Die Summe der Bankkonten soll hierdurch abgebaut werden, wodurch primär der Verwaltungsaufwand reduziert und vereinfacht wird. Weiterhin erhöhen virtuelle Konten die Transparenz und Geschwindigkeit der einzelnen Transaktionen, auf welche Weise die internationale Konkurrenzfähigkeit von Unternehmen verstärkt werden kann.

Den Vorteil von virtuellen Bankkonten nutzen

Innerhalb einer In-House Bank können virtuelle Konten den Zahlungsverkehr weitestgehend zentralisieren, sodass unternehmensinterne Bereiche (zum Beispiel Finanzbuchhaltung) entlastet werden können. Die Verwendung solcher Konten ermöglicht ein effizientes Cash-Pooling-Konzept, indem lediglich ein physisches Sammelkonto am Mutterkonzern angeschlossen wird. Ein wesentlicher Vorteil, welcher durch eine Zentralisierung entsteht, ist ein positiver Kosten-Nutzen-Effekt. Mit der Reduzierung der Anzahl von Bankkonten können hohe Aufwendungen für Kontoführungsgebühren und damit zusammenhängende Entgelte vermindert werden. Der zeitliche Aufwand der Nachbearbeitung, welcher durch die manuelle Zuweisung fehlerhafter Überweisungen entsteht, entfällt durch die automatisierte Zuordnung mittels virtueller Konten. 

Die automatisierte Zuordnung entlastet nicht nur die Nachbearbeitung der Zahlungsströme, sondern unterstützt das Reporting und die Finanzbuchhaltung bei der Bearbeitung und Überwachung der Zahlungsvorgänge. Die manuelle Nachbearbeitung von Zahlungseingängen ist durch die vollautomatisierte Zuordnung nicht mehr notwendig. In der Folge entstehen für Mitarbeiter freie Kapazitäten, die für anderweitige Aktivitäten eingesetzt werden können.

Zusätzlich zu dieser Funktion können virtuelle Konten weiterhin bei der Implementierung und Einrichtung von In-House-Banken unterstützen. Die zentrale Verwaltung von konzerninternen Zinsen, Forderungen und Verbindlichkeiten kann dabei die Belastung der unternehmensinternen Treasury-Einheit reduzieren.

Wie funktionieren virtuelle Bankkonten?

Die Funktionsweise von virtuellen Bankkonten beginnt mit der Vergabe einer virtuellen Kontonummer bzw. IBAN an die jeweiligen Geschäftspartner (verbundene Unternehmen, Debitoren etc.). Diese Konten sind direkt mit dem Hauptbuchkonto (physisches reales Bankkonto) verbunden, welches alle eingehenden Transaktionen zentral verwaltet und anhand der virtuellen Kontonummern den jeweiligen Konten zuordnen kann. Die Summe der virtuellen Konten entspricht dabei der Summe des physischen Hauptkontos, da virtuelle Konten zwar die gleichen Funktionalitäten wie ein physisches Konto besitzen, sie fungieren allerdings nur als Nebenbücher innerhalb des physischen Hauptkontos. 

Durch die Zuweisung einer individuellen virtuellen IBAN für jeden Geschäftspartner, über welche alle Transaktionen erfolgen, kann eine entsprechende Übersicht erstellt werden. Jeder Geschäftspartner erhält somit ein eigenes virtuelles Konto, sodass weniger physische Bankkonten benötigt werden und eine manuelle Zuweisung nicht zuordenbarer Zahlungseingänge nicht mehr notwendig ist. Die automatisierte Zuordnung reduziert somit den Verwaltungsaufwand für Unternehmen. Durch die Zuweisung einer virtuellen IBAN können Zahlungseingänge und Zahlungsausgänge für jeden Geschäftspartner direkt über das virtuelle Konto eingesehen und abgewickelt werden.

Herausforderungen

Die Einrichtung einer In-House Bank als Erweiterung von virtuellen Konten ist weiterhin mit hohen Aufwänden verbunden. Die Voraussetzungen für die Umsetzung von virtuellen Konten müssen daher durch Systeme unterstützt werden. Durch die steigende Notwendigkeit die Kontenlogik zu zentralisieren, reagieren Systemanbieter durch Weiterentwicklung ihrer In-House-Banking-Umsetzung. Immer mehr Unternehmen nutzen hierdurch die Möglichkeiten, wodurch Vorteile des Benchmarkings genutzt werden können.

Weiterhin sind rechtliche Aspekte nicht unwesentlich. Je komplexer und verstreuter die Unternehmensorganisation ist, desto mehr Regularien und Einschränkungen müssen geprüft werden. Die direkte bzw. Indirekte Ausgabe einer virtuellen IBAN an Zahlungsdienstleistungsunternehmen ist gemäß §24c Abs. 1 KWG unverzüglich, korrekt und vollständig im Dateisystem von Kreditinstituten zu erfassen. Der Endkunde wird hierbei als Verfügungs- bzw. wirtschaftlich Berechtigter aufgenommen, während das Zahlungsdienstleistungsunternehmen als Kontoinhaber fungiert. Bei der Ausgabe einer virtuellen IBAN an einen Kunden, welcher kein Zahlungsdienstleistungsunternehmen ist, gilt die aufgeführte Regelung nicht. Hierbei handelt es sich um Kunden, welche durch die Einführung virtueller Konten das Ziel verfolgen die interne Finanzbuchhaltung zu entlasten, ohne dass die virtuelle IBAN durch den Endkunden (über die Zahlung hinaus) für andere Zwecke genutzt wird.

Unser Fazit

Unternehmen stehen nun vor der Frage, ob sich die Implementierung von virtuellen Konten bzw. einer In-House Bank lohnt. Und wie so häufig lautet die Antwort hierauf: Es ist abhängig vom Unternehmensaufbau. 

Eine kleine GmbH, welche nur zwei inländische Tochtergesellschaften verfügt und einen überschaubaren Zahlungsein- und ausgang mit wenigen Kunden besitzt, sollte einfache Cash-Pooling Möglichkeiten nutzen, um einen positiven Kosten-Nutzen-Effekt zu erzielen. Hierzu ist ein standardmäßiges Reporting als wichtige Ergänzung hilfreich. Betrachtet man allerdings einen großen Konzern mit beispielsweise 12 untergeordneten im Ausland verteilten Gesellschaften, so ist eine effiziente Zentralisierung des Geldverkehrs sinnvoll. Die Wahl eines Systems, welches virtuelle Konten in Kombination mit einem Monitoring darstellen kann, ist im nächsten Schritt zu validieren.

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 127, November 2022
Autoren: 
Michael Gerhards, Partner, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG
Daniel Müller, Senior Manager, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG