In einer wegweisenden Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof im April 2025 das maltesische „goldene Passprogramm“ als unvereinbar mit den Verpflichtungen des Mitgliedstaates gegenüber der Europäischen Union erklärt. Das Programm kommerzialisiere die Verleihung der Unionsbürgerschaft, untergrabe damit das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten und stelle einen Verstoß gegen das Prinzip der aufrichtigen Zusammenarbeit dar.
Mit dem Ende der „goldenen Pässe“ verschiebt sich die mediale Aufmerksamkeit auf die „goldenen Visa“. Obgleich solche Programme mit dem EU-Recht vereinbar sein können, sind sie keineswegs vor Missbrauchsrisiken gefeit. Hier setzt die EU mit ihrem im Mai 2024 verabschiedeten Geldwäschepaket an und reguliert nunmehr den „Handel“ mit Aufenthaltsgenehmigungen.
„Goldene Pässe“ und „goldene Visa“: Geldzahlung gegen Aufenthaltserlaubnis
Investitionsbasierte Migrationsprogramme ermöglichen vermögenden Privatpersonen den Erwerb einer Staatsbürgerschaft („goldener Pass“) oder einer Aufenthaltsgenehmigung („goldenes Visum“). Auch wenn sich die Programme im Detail unterscheiden, eint diese das Einspeisen einer betragsmäßig festgelegten Mindestkapitalsumme in die Wirtschaft des Vergabelandes als primäre Qualifikationsvoraussetzung. Dies erfolgt unter anderem durch den Erwerb von Immobilien, Staatsanleihen oder Unternehmensanteilen. Als Gegenleistung erhalten Antragstellende die Staatsbürgerschaft oder die Aufenthaltsgenehmigung in einem beschleunigten Verfahren, das im Vergleich zum regulären Verfahren häufig signifikant reduzierte Voraussetzungen aufweist, beispielsweise hinsichtlich der Aufenthaltsdauer.
Die Nichtregierungsorganisationen Transparency International und Global Witness haben in einer im Jahr 2018 veröffentlichten Studie insgesamt 17 solcher Programme in 14 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union registriert. In einem Zeitraum von zehn Jahren wurden hierdurch mehr als 6.000 Staatsbürgerschaften und ca. 100.000 Aufenthaltsgenehmigungen vergeben und im Gegenzug 25 Milliarden Euro an Direktinvestitionen generiert. Insbesondere für kleine Mitgliedsstaaten wie Malta oder Zypern haben diese Programme wesentlich zur Standortentwicklung beigetragen.
Missbrauch investitionsbasierter Migrationsprogramme
Die Financial Action Task Force und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) haben in ihrem gemeinsamen Bericht aus dem Jahr 2023 auf die Risiken des Missbrauchs von investitionsbasierten Aufenthalts- und Staatsbürgerschaftsprogrammen hingewiesen. Die Programme sind anfällig für Bestechung und Korruption und geeignet, die Antragsstellenden bei Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Sanktionsumgehung zu unterstützen. Auch, wenn Antragsteller die legale Herkunft ihrer Investitionsmittel regelmäßig nachweisen müssen, sind die von den zuständigen Behörden durchgeführten Due-Diligence-Verfahren oftmals unzureichend ausgestaltet. Regelmäßig werden diese Prüfungen zudem an externe Agenturen ausgelagert, wodurch weitergehende Möglichkeiten zur Einflussnahme eröffnet werden.
Barbara Scheben
Partner, Audit, Regulatory Advisory, Head of Forensic, Head of Data Protection
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Investitionsmigrationsberatungen gehören jetzt zu geldwäscherechtlich Verpflichteten
Als Reaktion auf die festgestellten Risiken hat der europäische Gesetzgeber im Mai 2024 die Geldwäscheverordnung erlassen und damit beschlossen, Investitionsmigrationsberatungen in den Kreis der geldwäscherechtlich Verpflichteten aufzunehmen.
Investitionsmigrationsberatungen vertreten Drittstaatsangehörige oder erbringen für diese Vermittlungsdienste, die darauf ausgerichtet sind, gegen eine Investition jeglicher Art (einschließlich Schenkungen), Aufenthaltsrechte in einem Mitgliedsstaat zu erwerben. Die Regelung gilt gleichermaßen für natürliche und juristische Personen, die solche Dienstleistungen gewerblich erbringen.
Ausweislich der Erwägungsgründe gilt die Verordnung nicht für den investitionsbasierten Erwerb von Staatsbürgerschaften. Die Kommission hat in einer Empfehlung ihre Ansicht dargelegt, dass „Goldene Pass“-Programme gegen Unionsrecht verstoßen.1 Konsequenterweise hat die Kommission bereits im Jahr 2020 Vertragsverletzungsverfahren gegen die Mitgliedsstaaten Malta und Zypern eingeleitet. Während Zypern sein Programm zwischenzeitlich eingestellt hat, wurde im Verfahren gegen Malta nun die Position der Kommission bestätigt.
Die neuen Anforderungen im Überblick
Auf Investitionsmigrationsberatungen kommen umfassende Anforderungen zu. Zu ihren neuen Pflichten gehören:
- Durchführen einer Risikoanalyse zum Identifizieren und Bewerten der spezifischen Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung,
- Ausarbeiten von internen Richtlinien, Verfahren und Kontrollen,
- Einrichten einer Compliance-Funktion,
- Prüfen der Zuverlässigkeit ihrer Mitarbeitenden und
- Melden von Verdachtsfällen an die Financial Intelligence Unit.
Darüber hinaus müssen sie ihre Kundinnen und Kunden identifizieren und feststellen, ob es sich bei ihnen um eine politisch exponierte oder von gezielten Finanzsanktionen betroffene Person handelt. In Abhängigkeit der Risikoklasse – die aufgrund der Geschäftstätigkeit regelmäßig als hoch einzustufen sein dürfte – können darüber hinaus weitergehende Prüfmaßnahmen, beispielsweise zur Herkunft der Vermögenswerte, erforderlich sein.
Diese Übergangsfrist gilt
Investitionsmigrationsberatungen haben nun bis zum 10. Juli 2027 Zeit, um sich auf ihre neuen Pflichten vorzubereiten. Da sie erstmalig mit den geldwäscherechtlichen Anforderungen konfrontiert sind, empfiehlt sich eine frühzeitige Beschäftigung damit. Insbesondere das erstmalige Durchführen einer Risikoanalyse und das Aufsetzen eines angemessenen und wirksamen Risikomanagementsystems sind herausfordernd. Die hierfür erforderlichen Strukturen, Personal- und Sachressourcen sowie Datenbestände müssen grundlegend neu geschaffen werden.
Wenn Sie Fragen zu den Anforderungen der Geldwäscheverordnung und den damit verbundenen Pflichten haben, melden Sie sich gerne. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
1 Vgl. Art. 4 Abs. 3 des Vertrags über die Europäische Union i.V.m. Art. 20 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union