• Carsten Döring, Partner |

Keyfacts

  • Die Umstellung von Papier auf Digital steckt voller steuerrechtlicher Fallstricke

  • Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den „Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) ist unumgänglich

  • Wichtig für eine erfolgreiche Betriebsprüfung sind standardisierte Prozesse und eine umfassende Verfahrensdokumentation

Mit Ausbruch der Corona-Pandemie führten Unternehmen quasi über Nacht unternehmensweit das digitale Arbeiten ein. Für viele lag der Fokus dabei auf der schnellen Anpassung der IT-Infrastruktur, damit Mitarbeitende kurzfristig uneingeschränkt von zu Hause arbeiten konnten und der Betrieb nicht eingeschränkt werden musste. Dass für digitales Arbeiten, gerade im Bereich der Buchführung, in der Regel Prozesse angepasst sowie Dokumentationspflichten und weitere steuerliche Anforderungen beachtet werden müssen, geriet bei vielen aus dem Blickfeld. Dabei sind die Anforderungen durch die vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) klar definiert. Speziell für die digitale Betriebsprüfung geschulte Prüferinnen und Prüfer werden voraussichtlich spätestens mit Ende der Corona-Pandemie diese Themen zunehmend in den Fokus nehmen.  

Anforderungen der GoBD

Die GoBD beinhalten Regeln für sämtliche zu führenden Bücher und weitere erforderliche Aufzeichnungen in elektronischer oder Papier-Form. Die Anforderungen reichen vom Grundsatz der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit über die Vollständigkeit, Richtigkeit und zeitgerechte Erfassung bis zur Unveränderbarkeit und strukturierten Ordnung. Was selbstverständlich klingt, hat in der Praxis erhebliche Auswirkungen. Bei der Digitalisierung von Papierbelegen gibt es beispielsweise konkrete Anforderungen an den Scan-Prozess, der Schritt für Schritt dokumentiert sein muss. Anschließend dürfen ausschließlich die gescannten Versionen verarbeitet werden. Dokumente mit ausländischen Vorsteuerbeträgen müssen im Original aufbewahrt werden. Die Herausforderung steckt also in der Berücksichtigung vieler Details.

Auch an die Sicherheit stellen die Finanzbehörden hohe Anforderungen: Daten dürfen nicht geändert werden (Integrität), nur autorisierte Personen dürfen zugriffsberechtigt sein (Vertraulichkeit, Autorisierung) und die archivierten Unterlagen müssen eindeutig den zugehörigen Geschäftsvorfällen zugeordnet werden können (Authentizität). Gleichzeitig müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie die Daten in angemessener Zeit bereitstellen können (Verfügbarkeit).

Verfahrensdokumentation

Doch damit nicht genug: Der Gesetzgeber fordert für steuerliche Zwecke zudem eine Verfahrensdokumentation, in der alle steuerlich relevanten Prozesse und Systeme vollständig und verständlich beschrieben sind. Aus dieser Dokumentation müssen Inhalt, Aufbau, Ablauf und Ergebnisse des Datenverarbeitungsverfahrens vollständig und schlüssig ersichtlich sein.

Insgesamt umfasst sie fünf Themengebiete:

  1. Allgemeine Beschreibung des Unternehmens und seines rechtlichen Umfelds, Aufbauorganisation und Geschäftsprozesse in der Ablauforganisation 
  2. Anwenderdokumentation: Sie beschreibt die durch die IT abgedeckten Aufgaben und gibt Informationen zu sämtlichen IT-Anwendungen. Außerdem enthält sie Maßnahmen zur Einhaltung der Ordnungsvorschriften sowie der steuerrechtlichen Anforderungen, beispielsweise die Beschreibung des digitalen Workflows für Eingangsrechnungen inklusive der Verarbeitung der Vorsteuerbeträge oder des Workflows für die Ausgangsrechnungen inklusive automatisierter Bestimmung der Umsatzsteuerschlüssel
  3. Dokumentation der technischen Systemanforderungen
  4. Betriebsdokumentation vom technischen Betriebsprozess über die Datensicherheit und -integrität bis zur Versionierung 
  5. Informationen zum Internen Kontrollsystem, mit dem die Einhaltung der Ordnungsvorschriften sichergestellt werden soll

Rechtssicherheit durch Vorbereitung

Die Umstellung von Papier auf Digital ist also komplex und steckt voller steuerrechtlicher Fallstricke. Neben der Sicherstellung eines reibungslosen Betriebsablaufes muss ein Unternehmen für ein solides, rechtskonformes Fundament sorgen. Dafür sind standardisierte, gut dokumentierte Prozesse unerlässlich. Dass sich Versäumnisse spätestens bei der nächsten Betriebsprüfung rächen, zeigt unsere Erfahrung: Prüferinnen und Prüfer fragen immer häufiger nach der Verfahrensdokumentation. Diese sollte deshalb sorgfältig vorbereitet werden. Dazu müssen Informationen über die unternehmensspezifischen Prozesse, Steuerrechts- und Digitalisierungs-Know-how zusammenfließen. Was „im Eifer des Gefechts“ oft vergessen wird: Einerseits lassen sich Prozesse ohne vorherige Standardisierung  - auch über die Unternehmensbereiche hinweg - nicht digitalisieren. Andererseits ist den beschriebenen steigenden rechtlichen Anforderungen Rechnung zu tragen. Fehlt die Verfahrensdokumentation bei der Ankündigung der Betriebsprüfung, wird es nur in wenigen Fällen gelingen, diese in der geforderten Form bis zum Beginn der Betriebsprüfung zu erstellen. Nicht unerhebliche Sanktionen können drohen. Zusätzlich können Zweifel an der Beweiskraft der Buchführung entstehen. Stehen diese erst einmal im Raum, besteht für die Finanzbehörde eine Schätzungsbefugnis, die in dieser Situation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eher zu Lasten des Unternehmens ausgeübt wird. Dies dürfte also zu einer zusätzlichen steuerlichen Belastung führen.

Setzen Sie sich frühzeitig und intensiv mit den rechtlichen Anforderungen an ein papierloses Büro auseinander  - denn zum digitalen Arbeiten gehört weit mehr als nur eine funktionierende IT-Infrastruktur.