• Kathrin Feil, Partner |

Keyfacts

  • Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes ist ein Aufsichtsratsmitglied, welches nur eine Fixvergütung erhält, aus umsatzsteuerlicher Sicht nicht unternehmerisch tätig.

  • Diese Entscheidung stellt eine Abkehr von der bisherigen Betrachtung dar und wirft eine Reihe von Folgefragen auf.

  • Aufsichtsräte und Unternehmen sollten mögliche Änderungen der bisherigen Vergütungsmodalitäten prüfen, um umsatzsteuerliche Risiken auszuschließen.

  • Da bisher nur eine Einzelentscheidung vorliegt, sollte die Rechtsprechung aufmerksam beobachtet werden.

Jede deutsche Aktiengesellschaft verfügt - unabhängig von ihrer Größe - über ein Gremium, dass die Arbeit des Vorstands überwachen soll: den Aufsichtsrat. Aufsichtsratsmitglieder werden für ihre Tätigkeit vergütet. Die Vergütung besteht dabei in den meisten Fällen hauptsächlich aus einem Fixbetrag, der gegebenfalls um kleinere variable Bestandteile, zum Beispiel. Sitzungsgelder, ergänzt wird.

Seit vielen Jahren gelten nach deutscher Rechtsprechung Aufsichtsratsmitglieder als unternehmerisch tätig - auch aus umsatzsteuerlicher Sicht. Übersteigt die Vergütung für die Aufsichtsratstätigkeit 22.000 € im Jahr, ist die erbrachte Leistung in der Regel steuerbar und auch steuerpflichtig, unabhängig davon, ob es sich um eine Fix- oder eine variable Vergütung handelt. Nach aktuellem Stand berechtigt eine Vergütung unter 22.000 € allerdings zur Inanspruchnahme der Kleinunternehmer-Regelung. Damit kann auf die Berechnung der Umsatzsteuer verzichtet werden.

Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus dem Juni 2019 könnte nun Bewegung in diese seit Jahren gelebte Praxis bringen. Der EuGH hatte im Fall eines in den Aufsichtsrat entsandten konzerninternen Mitarbeitenden die Unternehmereigenschaft abgelehnt. Als Begründung wurde angeführt, dass ein Aufsichtsratsmitglied nicht selbstständig, sondern nur für den Aufsichtsrat als Organ tätig wird. Auch wäre aufgrund einer festen Vergütung kein wirtschaftliches Risiko aus der Tätigkeit zu tragen.

Umsetzung der EuGH-Entscheidung durch den BFH

In Folge dieser Entscheidung des EuGH hat auch der V. Senat des Bundesfinanzhofs in einem am 6.2.2020 veröffentlichten Urteil entschieden, dass ein Aufsichtsratsmitglied, das für seine Tätigkeit allein eine Festvergütung erhält, die weder von der Teilnahme an Sitzungen noch von seinen tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden abhängig ist und auch sonst keinerlei variable Bestandteile aufweist, in Folge des fehlenden Vergütungsrisikos nicht als umsatzsteuerlicher Unternehmer tätig ist. Bislang ist dies nur eine Einzelentscheidung, die aber die bisherige Rechtsprechung aufgibt und im Widerspruch zur bislang geltenden Rechtsauffassung der Finanzverwaltung steht.

Ausdrücklich offengelassen hat der BFH die Frage, ob die Entscheidung auch für Aufsichtsratsmitglieder mit variabler Vergütung zur Anwendung kommt. Insgesamt führt das Urteil zu einer Vielzahl von Fragen bei Unternehmen wie Aufsichtsratsmitgliedern und sorgt für ein gewisses Maß an Rechtsunsicherheit.

Worüber Unternehmen und Aufsichtsräte nachdenken sollten

Grundsätzlich sollte die Frage gestellt werden, ob die bisherige Behandlung von Aufsichtsratsvergütungen als Entgelt für eine unternehmerische, steuerpflichtige sonstige Leistung des einzelnen Aufsichtsrats noch aufrecht zu erhalten ist.

Vor allem für Unternehmen, die nicht oder nur eingeschränkt zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, beispielweise Unternehmen aus dem Finanz-, Versicherungs- oder Gesundheitsbereich, ist die nicht oder nur teilweise abzugsfähige Vorsteuer eine wirtschaftliche Definitivbelastung. In diesen Fällen könnte über eine geänderte Ausgestaltung der Aufsichtsratsvergütung und der damit verbundenen umsatzsteuerlichen Beurteilung der entsprechenden Tätigkeiten nachgedacht werden. Das kann im Zweifel auch für die Mitglieder des Aufsichtsrates von Vorteil sein, da für sie der Deklarationsaufwand entfallen würde.

Auch, wenn an der bisherigen umsatzsteuerlichen Behandlung festgehalten werden soll, kann in Abstimmung mit den jeweiligen Aufsichtsräten darüber nachgedacht werden, die Abrechnung der gegenständlichen Leistungen im Gutschriftsverfahren durch das empfangende Unternehmen durchzuführen. Der Vorteil dieser Vorgehensweise: Im Fall einer Gutschrift an einen Nichtunternehmer kann in der Regel keine Steuerschuld aus einem unberechtigten Steuerausweis gem. § 14c Abs. 2 UStG entstehen.

Vertrauensschutz für die Vergangenheit

Bislang hat die Finanzverwaltung trotz der angesprochenen Urteile die bisherigen klaren Regelungen im Umsatzsteueranwendungserlass noch nicht angepasst. Damit sollte für die Steuerpflichtigen Vertrauensschutz für die Vergangenheit bestehen.

Trotzdem sollten sich Unternehmen wie Aufsichtsräte mit den oben angesprochenen und gegebenenfalls weiteren Fragen im Zusammenhang mit den Vergütungsmodellen frühzeitig beschäftigen und die Chancen und Risiken von Veränderungen prüfen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es in Folge der beschriebenen Rechtsprechungsentwicklung zu umsatzsteuerlichem Handlungsbedarf kommen kann.