Highlights:

  • Eine detaillierte Darstellung von steuerlichen Angaben im Nachhaltigkeitsbericht ist für viele Unternehmen neu

  • Relevant für Unternehmen, die nach dem 31.12.2020 ihren nach den GRI-Standards erstellten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen

  • Umfangreiche steuerliche Informationen, z. B. aus dem Country-by-Country Report sind offenzulegen

Ein Berichtsteil Steuern im Nachhaltigkeitsbericht, u. a. mit detaillierten Informationen in Anlehnung an das Country-by-Country Reporting nach den steuerlichen Vorschriften? Das ist derzeit weder eine Forderung der OECD noch der EU-Mitgliedstaaten. Trotzdem kann es jetzt für viele Unternehmen verpflichtend werden. Grund dafür ist eine Ergänzung des globalen Standards für die Nachhaltigkeitsberichtserstattung – der sogenannten GRI-Standards – der weltweit anerkannten Global Reporting Initiative (GRI). Deren Ziel ist die Schaffung von Transparenz über die Corporate Social Responsibility (CSR) Aktivitäten eines Unternehmens. Die Standards geben Unternehmen weltweit eine Leitlinie für die Erstellung von Berichten zu ihren ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen an die Hand.

Der GRI Standard 207 „Tax“ wurde im Dezember 2019 veröffentlicht. Er gehört zum Bereich „ökonomische Auswirkungen“, in dem es um den Einfluss einer unternehmerischen Tätigkeit auf die wirtschaftlichen Bedingungen in der Gesellschaft geht.

Zusammenhang Steuern und Nachhaltigkeit

Der Zusammenhang von Steuern und Nachhaltigkeit erschließt sich nicht sofort, aber: Jede Information zum Thema Steuern ist für eine Regierung relevant, geht es doch um ihre vermutlich wichtigste Einnahmequelle. Steuern beeinflussen wesentlich die Finanzpolitik und damit auch die makroökonomische Stabilität eines Staates. Damit sind sie auch ein wesentlicher Faktor für die unternehmerischen Rahmenbedingungen in einem Land, dazu gehören Infrastruktur und Dienstleistungen, aber auch der Zugang zu Arbeitskräften, Märkten oder Ressourcen. Ist das Steueraufkommen zu gering, kann das negative Auswirkungen auf die Nachhaltigkeitsbemühungen eines Staates haben. 

Inhalte des neuen Berichtsstandards

Der neue Standard verpflichtet Konzerne zur systematischen Berichterstattung zu steuerlichen Themen in vier Regelungsbereichen. Die ersten drei zielen auf den Managementansatz eines Unternehmens, das vierte themenspezifisch auf das Country-by-Country Reporting:

  • Steuerkonzept: Dieser Regelungsbereich umfasst den generellen Umgang eines Unternehmens mit dem Thema Steuern, insbesondere die Beschreibung der Steuerstrategie und deren Verknüpfung mit der Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens.
  • Tax Governance, Kontrolle und Risikomanagement: Diese Regelung zielt auf die Darstellung des konzernweiten effektiven Steuermanagements und Kontrollsystems. U. a. muss das Unternehmen darlegen, wie Steuerrisiken identifiziert, verwaltet und überwacht werden. 
  • Einbeziehung von Stakeholdern und Management von steuerlichen Bedenken: Hier geht es darum, wie ein Unternehmen mit den Steuerbehörden zusammen arbeitet, welche politische Einflussnahme zu Steuerfragen es ausübt und wie der Umgang z. B. mit Bedenken von internen und externen Stakeholdern ist. 
  • Country-by-Country Reporting: Für alle Steuerhoheitsgebiete, in denen ein Unternehmen tätig ist, müssen hier eine Vielzahl von Informationen offengelegt werden, u. a. zur Haupttätigkeit, zur Anzahl der Angestellten, zum Ergebnis, zu gezahlten und entstandenen Ertragsteuern. Zudem wird eine qualitative steuerliche Überleitungsrechnung gefordert. 

Jeder Themenbereich wird in der Praxis mehr oder weniger komplexe Fragen aufwerfen. Einige Beispiele: Wie ist die weltweite Steuerstrategie definiert und wie lässt sie sich beschreiben? Gibt es ein Tax Compliance Management-System, wie ist es dokumentiert und wie wird im Arbeitsalltag gelebt? Wie funktioniert die Sammlung weltweiter Informationen beispielsweise für die Überleitungsrechnung? Welche internen Kontrollen sind notwendig, damit die Datenqualität für die themenspezifischen Angaben des Standards ausreichend ist? Eine Standardantwort gibt es auf diese Fragen nicht, jedes Unternehmen wird sich mit den Anforderungen des neuen Standards auseinandersetzen müssen. 

Steuerdaten – ein normalerweise gut gehütetes Geheimnis

Wie verträgt sich eine Veröffentlichung von Steuerdaten im Nachhaltigkeitsbericht eines Unternehmens mit dem Steuergeheimnis? Die Antwort ist einfach: problemlos. Denn unternehmenseigene Veröffentlichungen fallen nicht unter das Steuergeheimnis. Mit anderen Worten: ein Unternehmen kann über jedes Steuerdetail berichten – was aber weder sinnvoll noch notwendig ist. Als Argument für die Nichtveröffentlichung von Steuerdaten führen Verantwortliche gerne an, Steuern seien ein nicht wesentliches Thema, also nicht von Interesse für die Öffentlichkeit. Allerdings erwarten die Öffentlichkeit und nach unserer Beobachtung auch zunehmend die Stakeholder von einem Unternehmen durchaus die Zahlung angemessener Steuern als Teil seiner gesellschaftlichen Verantwortung, damit werden entsprechende Informationen zu einem wesentlichen Thema.

Comply or Explain

Ein Grundsatz des GRI-Standards lautet „Comply or Explain“. Er soll sicherstellen, dass sich ein Unternehmen zu allen geforderten Informationen äußert. Entweder das Unternehmen macht aussagekräftige Angaben oder es begründet durch sog. Auslassungen, warum zu einem bestimmten Thema keine Darstellung erfolgt. Der neue GRI 207 Standard „Tax“ wird viele Unternehmen vor Herausforderungen stellen, denn die Veröffentlichung der geforderten Angaben aus dem Steuerbereich in dieser Detailtiefe ist neu, es werden sich viele Fragen zur Herangehensweise stellen. Allerdings haben viele Unternehmen bereits Erfahrung mit anderen GRI-Standards. Verknüpft man diese mit dem vorhandenen Know-how aus dem Tax Compliance Management und den Country-by-Country Reports, verliert auch der neue Standard seine anfänglichen Schrecken.