• Iris Degenhardt, Partner |

Keyfacts

  • Grenzpendler:innen konnten aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen lange Zeit nicht wie gewohnt im Ausland arbeiten und gehen ihrer Tätigkeit häufig auch jetzt noch im Homeoffice nach.

  • Um die steuerlichen Auswirkungen der Homeoffice-Tätigkeit abzumildern, wurden zu Beginn der Pandemie Konsultationsvereinbarungen mit angrenzenden Staaten geschlossen.

  • Diese Sonderregelungen sind Ende Juni 2022 ausgelaufen, sodass sich bei weiterer Homeoffice-Tätigkeit negative Konsequenzen für grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmende ergeben können.

Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie veränderten die Arbeitsgewohnheiten von Grenzgänger:innen. Arbeitnehmer:innen, die normalerweise täglich von ihrem Wohnsitz in ein anderes Land zur Arbeit pendeln, mussten nun im Homeoffice arbeiten. Dadurch drohten negative steuerliche Auswirkungen, da die grundsätzliche Regelung zur Erbringung der Arbeitsleistung besagt, dass diese im eigentlichen Tätigkeitsstaat auszuüben ist. Um diese Folgen abzumildern, galten für Arbeitstage ab dem 11. März 2020 Konsultationsvereinbarungen zwischen Deutschland und den Nachbarstaaten Schweiz, Österreich, Luxemburg, Frankreich, Belgien, Polen und den Niederlanden. Für Grenzgänger:innen kam eine sogenannte Tätigkeitsfiktion zur Anwendung. Damit wurden Homeoffice-Tage so angerechnet, als ob Beschäftigte sie im eigentlichen Tätigkeitsstaat ausgeübt haben.

Aufhebung der Konsultationsvereinbarungen

Mit dem Auslaufen der pandemiebedingten Mobilitäts- und Kontaktbeschränkungen, wurden zum 30. Juni 2022 auch die Konsultationsvereinbarungen aufgehoben. Seit dem 1. Juli finden die genannten Tätigkeitsfiktionen keine Anwendung mehr. Arbeiten Grenzpendler:innen weiterhin im Homeoffice, wird wieder das reguläre Besteuerungsrecht angewendet – dies kann, je nach nationaler Regelung und Doppelbesteuerungsabkommen, nachteilig für die individuelle Steuerlast sein.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die zuständigen Behörden der jeweiligen Staaten erneut zu den steuerlichen Folgen abstimmen werden, sollte sich die pandemische Lage wieder verändern.

Sozialversicherung

Auch sozialversicherungsrechtlich wurden Vereinbarungen getroffen, um die negativen Folgen der Pandemie abzufedern. Ziel der Sozialversicherungsträger war, dass es durch eine pandemiebedingte abweichende Aufteilung der Arbeitstage nicht zu einer Veränderung des Sozialversicherungsrechts kommen sollte, so wie es vor der Corona-Pandemie angewendet wurde.

Diese sogenannte europaweite „no impact“-Policy läuft laut EU-Kommission zum 31. Dezember 2022 aus. Dies führt dazu, dass es ab dem 1. Januar 2023 zu einem Wechsel des anwendbaren Sozialversicherungsrechts kommen kann, wenn Steuerpflichtige zu mindestens 25 Prozent ihrer Arbeitstätigkeit im Homeoffice im Ansässigkeitsstaat arbeiten.

Die Gültigkeit der „no impact“-Policy wurde jetzt bis zum 30.06.23 verlängert. Bis dahin führt damit eine Beschäftigung im Homeoffice, die mit der Pandemie in Zusammenhang steht, nicht zu einem Wechsel der Versicherungszugehörigkeit. Die sozialversicherungsrechtlichen Entwicklungen sollten jedoch kontinuierlich beobachtet werden.

Handlungsbedarf für Unternehmen

Die Rechtssicherheit, die mithilfe der Sonderregelung für Grenzgänger:innen geschaffen wurde, gibt es nach Auslaufen der Regelungen bei ausgeübter Homeoffice-Tätigkeit nicht mehr. Spätestens seit dem 1. Juli 2022 besteht für Arbeitgeber konkreter Handlungsbedarf. Aus steuerlicher Sicht ist der Zustand vor der Pandemie wiederhergestellt, allerdings arbeiten viele im Ausland tätige Arbeitnehmende weiterhin im Homeoffice. Das kann Auswirkungen auf die individuelle Steuerpflicht der Mitarbeitenden haben. Zudem kann es steuerlich zu der Begründung einer Betriebsstätte führen oder zu Doppelbesteuerung kommen. 

Die Covid-19-Pandemie hat zur Etablierung des flexiblen und mobilen Arbeitens beigetragen. Wir gehen davon aus, dass der Wunsch nach flexiblen und mobilen Arbeitsmodellen – auch grenzüberschreitend – sowohl mit Blick auf den Arbeitsort wie auf die Arbeitszeit zur post-pandemischen Realität gehört. Die vielfältigen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, versprechen Unternehmen auch langfristig Chancen, zum Beispiel hinsichtlich der Zufriedenheit der Mitarbeitenden oder beim Recruiting von Talenten. 

Um diese Chancen optimal nutzen zu können, sollten Unternehmen eine für sie passende „Work-from-anywhere“-Strategie entwickeln. Damit diese erfolgreich ist, ist neben den steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten die Auseinandersetzung mit weiterführenden Aspekten erforderlich. Dazu gehört die gegebenenfalls erforderliche Veränderung der Unternehmenskultur ebenso wie die Einhaltung globaler Compliance-Anforderungen oder die Implementierung geeigneter HR-Prozesse und Technologien.