Gastbeitrag*
Keyfacts
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(Corporate) Power Purchase Agreements (PPA) sind individuell verhandelbare (Grün-) Stromlieferverträge, die bilateral zwischen Stromproduzent und Abnehmer geschlossen werden.
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Unternehmen beziehen mittels PPAs erneuerbare Energie und unterliegen in der aktuellen Marktsituation nicht den Preis- und Mengenschwankungen für grünen Strom aus erneuerbaren Energien.
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PPAs sind komplex und binden Unternehmen langfristig vertraglich. Daher gilt es, die energiewirtschaftlichen Bedürfnisse von Interessenten im Vorhinein zu bestimmen und adäquate Vertragsmodalitäten auszugestalten.
Trendthema grüne Energiesicherheit
Versorgungssicherheit ist spätestens seit dem Ausbruch des Russland-Ukraine-Krieges im Februar 2022 in den Mittelpunkt der medialen Öffentlichkeit gerückt. Bereits in der zweiten Jahreshälfte des vergangenen Jahres sind die Preise für Erdgas, Strom und viele andere Rohstoffe stark angestiegen, die geopolitischen Verwerfungen im Osten Europas haben diese Entwicklung weiter beschleunigt.
Hinzu kommt: Energie ist nicht gleich Energie. Wer – unabhängig von der Branche – langfristig erfolgreich sein möchte, sollte neben der Preissicherheit künftig Nachhaltigkeit stärker in seine Unternehmensstrategie einbeziehen Die Motivation hierfür ist nicht nur intrinsisch bedingt: Neben den Forderungen der Kapitalmärkte nach nachhaltigen Tätigkeiten fordert sowohl die europäische als auch die nationale Legislative ESG-Anstrengungen der Privatwirtschaft durch wegweisende Gesetze wie der EU-Taxonomie oder dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
Energie als Achillesverse der deutschen Fertigungsindustrie
Die Energieversorgung der Unternehmen muss also sowohl nachhaltig, preisgünstig als auch sicher sein. Vor allem die deutsche Wirtschaft und ihre energieintensiven Industrieunternehmen stehen angesichts der aktuellen (Großhandels-)Situation vor einer Mammutaufgabe.
Dabei sticht insbesondere die Fertigungsindustrie heraus: Nach der chemischen Industrie gehören Branchen wie Metallerzeugung und -verarbeitung sowie die Baustoff- und Luftfahrttechnikindustrie zu den energieintensivsten Produktionen in Deutschland. Ein Beispiel: Zur Herstellung einer Tonne Primäraluminium werden im Schnitt knapp 16.000 kWh elektrische Energie benötigt. Das entspricht dem Endverbrauch von etwa fünf Zweipersonen-Haushalten – pro Jahr. Die Nachfrage nach sicherer und grüner Energie ist dementsprechend hoch, wodurch sowohl Versorgungs- als auch Preisrisiken einen enormen Druck auf die Industrie ausüben.
Power Purchase Agreements
Ein Power Purchase Agreement (PPA) ist ein Stromliefervertrag zwischen einem Stromerzeuger, beispielsweise einem Windkraftbetreiber, und einem größeren Abnehmer, regelmäßig ist ein Energieversorgungsunternehmen zwischengeschaltet. Die entstehende vertragliche Bindung ist dabei in den meisten Fällen langfristiger Natur. Um den Erwerb erneuerbarer Energie sicherzustellen, sind PPAs darüber hinaus häufig an bestimmte Wind- und Solarparks gekoppelt. Das schafft Planungssicherheit für Erzeuger sowie Transparenz und eindeutige Nachvollziehbarkeit für die Nachhaltigkeitsziele der Käufer - in der Regel Industrieunternehmen.
Vor allem in Kanada und in den USA sind diese Art Stromlieferverträge schon länger etabliert. Zu den Spitzenreitern bei den Abnehmern gehören - wie zu erwarten - die kalifornischen Silicon-Valley-Riesen. In Deutschland und anderen Teilen Europas sind insbesondere Corporate PPAs im Kommen, Tendenz steigend.
Transparenz, Sicherheit und Individualität
Aus Sicht der energieintensiven deutschen Fertigungsindustrie bieten PPAs mehrere Vorteile. Zum einen führt der Bezug von erneuerbaren Energien, der in der Regel durch Herkunftsnachweise zertifiziert und dadurch nachweisbar ist, zu einem quantifizierbaren Beitrag bei den Nachhaltigkeitszielen. Diese werden ein immer wichtigerer Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen angesichts der aktuellen regulatorischen Entwicklungen in Bezug auf nachhaltige Lieferketten und Wertschöpfungsnetzwerke.
Abgesehen vom Nachhaltigkeitsaspekt bieten PPAs den Unternehmen der Fertigungsindustrie auch betriebswirtschaftliche Vorteile. Stetig wachsende Nachfrage bei begrenztem Ausbau des Angebots führt auf Dauer zu steigenden Preisen für erneuerbare Energie. Grüne Stromlieferverträge versprechen den Abnehmern Sicherheit in zweierlei Hinsicht: Die benötigte Menge lässt sich vertraglich fixieren, sodass es diesbezüglich keine Unsicherheiten gibt. Außerdem bleiben die Strompreise bei entsprechender vertraglicher Fixierung konstant, wodurch sich langfristig aus Kostensicht eine bessere Planungssicherheit einstellt.
Eine konkrete Ausgestaltung der PPAs basiert dabei auf den Verhandlungen zwischen Erzeugern, Energieversorgungsunternehmen und Abnehmern - und ist somit individuell. Jegliche Modalitäten hinsichtlich Laufzeit, Volumen und Preismechanismus werden bilateral ausgehandelt und abgeschlossen. Im Sinne von klassischen, physischen PPAs, bei dem die Energie auch tatsächlich vom Produzenten zum Unternehmen fließt, gibt es dementsprechend unterschiedlichste Modelle. So wird im sogenannten „as-produced“-Modell die von der Anlage produzierte Menge vollständig an den Abnehmer geliefert, er trägt somit ein Risiko hinsichtlich der Quantität. In anderen Fällen wird mittels sogenannter Bandlieferung (vergleichbar klassischer Versorgungsmodelle) eine konstante Strommenge zur Verfügung gestellt. Abseits von realen Verträgen bietet der Markt ebenfalls finanzielle oder virtuelle PPAs an, bei dem der physische vom finanziellen Stromfluss entkoppelt wird.
Komplexität und rechtliche Hürden
Doch mit Individualität geht in den meisten Fällen auch Komplexität einher. Daher ist es ratsam, im Unternehmen Expertise zur vertraglichen Ausgestaltung der Liefererträge aufzubauen. Diese wirft vor allem für Abnehmer viele Fragen auf und sollte mit angemessenem zeitlichen Vorlauf vorgenommen werden.
Aufgrund ihrer langfristigen Laufzeit von fünf bis fünfzehn Jahren führen PPAs zu einer dauerhaften vertraglichen Bindung. Im Falle einer negativen Preisentwicklung sind Unternehmen an Konditionen gebunden, die weit über dem Marktpreis liegen können.