Keyfacts
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Die EU-Sanktionen gegen Russland haben enorme Auswirkungen auf die einzelnen Frachtwege - ob zu Lande, zu Wasser oder in der Luft.
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Der Großteil der Fahrer in der Transportbranche ist aus Osteuropa, was aktuell zu außergewöhnlichem Personalmangel und damit Lieferengpässen führt.
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Deutsche Autohersteller schließen ihre Produktionen aufgrund fehlender Teile aus der Ukraine, es kommt langfristig zu Lieferengpässen.
Viele Unternehmen erholen sich langsam von der Coronakrise und den damit verbundenen Störungen ihrer Lieferketten. Der Krieg in der Ukraine führt nun zu neuen Verwerfungen und belastet besonders die Luft- und Seefracht. Die EU-Länderchefs haben in den Bereichen Finanzen, Energie, Transport, Exportkontrollen und Visabeschränkungen Sanktionen gegen Russland beschlossen. Welche Auswirkungen haben diese Sanktionen auf die Transportbranche?
Die wechselseitigen Beziehungen der russischen und deutschen Wirtschaft
Trotz der Coronakrise und des Ukraine-Konflikts stieg der Handel, laut Statistischem Bundesamt, zwischen Deutschland und Russland zuletzt an. Russland exportierte 2021 Waren im Wert von rund 33 Milliarden Euro an Deutschland, was einen Anstieg von rund 54,2 Prozent zum Vorjahr bedeutet. Grund dafür waren jedoch vor allem die steigenden Energiepreise. Russland ist besonders relevant für Erdgas- und Erdöllieferungen, diese machen allein 60 Prozent der Exporte nach Deutschland aus. Rund 55 Prozent der Energieressourcen in Deutschland stammen aus Russland. Langfristig betrachtet ist der Außenhandel mit Russland jedoch eher rückläufig. So betrug das Handelsvolumen 2012 noch 80 Milliarden. Euro, im Jahr 2021 waren es knapp 60 Milliarden Euro. Die EU und somit auch Deutschland sind trotzdem für Russland der wichtigste Handelspartner.
Auswirkungen der Sanktionen auf die einzelnen Frachtwege
Lieferengpässe bei Rohstoffen und Zwischengütern steigen an, und auch die Unsicherheiten beim Import für Rohmetalle und metallhaltige Vorstoffe bereiten vielen Unternehmen Sorge. Laut einer aktuellen Umfrage des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik, schätzt die Hälfte der Mitglieder die Situation als hochbrisant ein.
Schifffahrt
Das Schwarze Meer ist weltweit gesehen für die Containerschifffahrt eher weniger relevant, jedoch verfügt Odessa in der Ukraine über eine der größten Containeranlagen am Schwarzen Meer. Seit Beginn des Krieges hat kein Handelsschiff diesen Hafen angefahren. Vor Beginn des Krieges gab es sieben Liniendienste zwischen dem Hafen in Hamburg und in St. Petersburg sowie weitere drei Linien zwischen Hamburg und der russischen Exklave Kaliningrad. Russland befindet sich auf Rang vier des Containerumschlags im Hamburger Hafen. Für den weltweiten Transport von Produkten gibt es aktuell nur noch wenige freie Kapazitäten im Seeverkehr, da das russische Gebiet umfahren wird und rund 14,5 Prozent der Seeleute aus Osteuropa stammen. Die Tarife für Tanker, die das Schwarze Meer auf der TD6-Route durchqueren wollen, sind auf 158.000 US-Dollar pro Tag gestiegen. Vor der Invasion lag der Tagespreis bei 17.000 US-Dollar. Laut Institut für Weltwirtschaft sind aktuell rund 17 Prozent weniger Güter in St. Petersburg verschifft worden als noch im Januar. Es kommt zwangsläufig zu vielen Unterbrechungen in der Frachtlieferung.
Schienenverkehr
Auch das Schienennetz zwischen Asien und Europa ist durch den Krieg beeinträchtigt, da die Verbindungen größtenteils durch Russland und die Ukraine führen. Eine der bekanntesten Verbindungen ist die „Eiserne Seidenstraße“. Eilige Lieferungen aus Asien wurden oft über diese Strecke per Containerzug nach Europa transportiert. In der Ukraine ist aktuell der Schienenverkehr lahmgelegt, was zu einer Unterbrechung des Transportwegs und damit zu erheblichen Lieferengpässen führt.