Keyfacts
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Kryptowerte galten lange als unreguliert, was den Umgang mit virtuellen Währungen für die allermeisten Unternehmen zu riskant machte.
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2021 wurde mit Inkrafttreten des Gesetzes über elektronische Wertpapiere (eWpG) ein Rechtsrahmen für Blockchain-basierte Wertpapiere geschaffen.
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Die Kryptowertetransferverordnung verpflichtet Banken, bei Krypto-Transaktionen Daten zu Auftraggebern und Begünstigten zu erheben, um Blockchain-basierte Vermögensbewegungen nachvollziehbarer zu machen.
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Die „Regulation on Markets in Crypto-Assets“ (MiCA), die voraussichtlich noch 2022 verabschiedet wird, soll ein einheitlich anwendbares Rahmenwerk schaffen und die Krypto-Markt-Regulierung EU-weit harmonisieren.
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Trotz einer Vielzahl regulatorischer Maßnahmen wird die Blockchain-Technologie auch künftig Möglichkeiten bieten, Transaktionen mit Kryptowährungen außerhalb der staatlichen Überwachung durchzuführen.
Der regulatorische Rahmen für den Umgang mit Kryptowerten verfestigt sich zusehends und schafft so mehr Rechtssicherheit. Doch rechtssicher heißt nicht risikolos. Es werden Schutzvorkehrungen benötigt, damit Kryptowährungen nicht von Kriminellen missbraucht werden können.
Die zunehmende Verbreitung Blockchain-basierter Anwendungen und ihr Vordringen in immer mehr Wirtschaftsbereiche hängen eng mit der Frage der Regulierung zusammen. Laut einer aktuellen Bitkom-Studie halten knapp drei Viertel der befragten deutschen Unternehmen rechtliche Unsicherheiten für eine zentrale Herausforderung beim Einsatz der Blockchain-Technologie. Die unklare Rechtslage stellt damit den zweitwichtigsten Grund für fehlende Investitionen in diesem Bereich dar (nur die Corona-Pandemie wurde noch häufiger als Grund genannt).
Es verwundert daher nicht, dass sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene die Schaffung von Rechtssicherheit eine wesentliche Bedeutung bei den jeweiligen Blockchain-Strategien hat. Damit eng verknüpft ist auch das Anliegen, den Missbrauch der Technologie für kriminelle Zwecke wie Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einzudämmen.
Das rasante Wachstum des Krypto-Marktes
Mit dem Bitcoin wurde vor mehr als zehn Jahren nicht nur die erste dezentrale Kryptowährung etabliert, sondern auch die darunter liegende Blockchain-Technologie. Mit ihr entstand die Möglichkeit, Daten sicher und fortlaufend in dezentralen Netzwerken zu speichern. Das kann zur Führung eines verteilten Kontobuchs, eines Distributed Ledgers, genutzt werden - das technologische Fundament globaler Peer-to-Peer-Zahlungssysteme, deren Funktionsfähigkeit nicht von Banken oder sonstigen Intermediären abhängt.
Inzwischen wurden auf Basis der Distributed-Ledger-Technologie zahlreiche Arten von Kryptowerten geschaffen und neue Anwendungsgebiete erschlossen. Forciert wurde das auch durch technische Weiterentwicklungen, wie der Möglichkeit, Smart Contracts zu erstellen. Mit diesen können Prozesse innerhalb einer Blockchain-Umgebung automatisiert werden. Insbesondere in den vergangenen Jahren wuchs der Krypto-Markt rasant, wie ein Blick auf die Zahlen beweist: Die Zahl der bei CoinMap gelisteten Unternehmen, die Kryptowährungen akzeptieren, hat sich innerhalb der letzten fünf Jahre mehr als verdreifacht. Die Anzahl der verfügbaren Kryptowährungen und -token hat sich im selben Zeitraum fast verdreizehnfacht (aktuell knapp 8.300). Deren gesamte Marktkapitalisierung wuchs währenddessen sogar nahezu um den Faktor 200 auf zeitweise 2,5 Billionen Euro an.
Der Bedarf an Regulierung
Zu Beginn der Krypto-Evolution herrschte bei vielen Akteuren und Beobachtern vor allem eines: Unsicherheit. Kryptowährungen galten als unreguliert, weil mitunter völlig unklar war, ob und inwieweit bestehende Gesetze auf die neuen Zahlungssysteme anwendbar sind. Zudem spielen die typischen Regulierungsobjekte der Finanzwelt - Banken und andere Intermediäre - im System der Kryptowährungen keine (tragende) Rolle. Diese Umstände, die zahlreiche Kriminelle zu ihrem Vorteil zu nutzen wussten, machte den Umgang mit Kryptowerten für die allermeisten Unternehmen zu riskant. Daher blieben Verbreitung und Akzeptanz vorerst überschaubar.
Nach und nach setzten sich die Finanzaufsichtsbehörden, wie hierzulande die BaFin, mit der regulatorischen Einordnung von Kryptowerten auseinander und gaben erste öffentliche Einschätzungen ab. Eine stärkere Aufmerksamkeit wurde dem Thema auch auf internationaler Ebene zuteil, etwa im Rahmen der G20 oder bei der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF).
Die Reaktionen der einzelnen Staaten waren sehr unterschiedlich: Sie reichten von Laissez-faire bis Totalverbot. In Deutschland und der EU wurde stets betont, Innovationen nicht im Wege stehen zu wollen, jedoch nicht zulasten der Verbraucher und nicht zugunsten von Kriminellen. Hierfür bedurfte (und bedarf) es der Anpassung des regulatorischen Rahmens an die Eigenschaften und Möglichkeiten der Blockchain-Technologie.
Status Quo und nächste Schritte
Einen wesentlichen Meilenstein zur Umsetzung der deutschen Blockchain-Strategie markierte Mitte 2021 das Inkrafttreten des Gesetzes über elektronische Wertpapiere (eWpG). Hierdurch wurde ein Rechtsrahmen für Blockchain-basierte Wertpapiere geschaffen - zunächst beschränkt auf Inhaber-Schuldverschreibungen und -Anteilsscheine, jedoch bereits mit Blick auf die zukünftige Blockchain-Aktie. Technisch und - mit gewissen Einschränkungen - auch rechtlich war es bereits vorher möglich, schuldschein- oder beteiligungsähnliche Instrumente mittels Krypto-Token in sogenannten Security- oder Equity-Token-Offerings (STO/ETO) zu emittieren. Die BaFin hatte sich hierzu frühzeitig positioniert, entsprechende Instrumente zumindest aufsichtsrechtlich als Wertpapiere behandelt und Anfang 2019 erstmalig ein STO genehmigt.
Auch zur Einordnung von Kryptowährungen positionierte sich die BaFin relativ frühzeitig. Sie ordnete diese aufsichtsrechtlich weitestgehend den Finanzinstrumenten zu. Folglich fielen zahlreiche Krypto-Akteure unter ihre Aufsicht und unter die finanzmarktregulatorischen Vorgaben einschließlich der Geldwäsche-Regulatorik. Mit Umsetzung der sogenannten fünften EU-Geldwäscherichtlinie wurde „Kryptowerte“ dann Anfang 2020 erstmals als Begriff in das deutsche Gesetzesrecht eingeführt und hierbei umfassend den Finanzinstrumenten zugeordnet. Das „Kryptoverwahrgeschäft“ wurde als neue Finanzdienstleistung eingeführt - mit allen regulatorischen Folgen für die Anbieter von Krypto-Geldbörsen (Wallets). Seit Oktober 2021 gilt in Deutschland zudem die Kryptowertetransferverordnung. Danach sind Banken bei Krypto-Transaktionen analog zur EU-Geldtransferverordnung verpflichtet, Daten zu Auftraggebern und Begünstigten zu erheben, um Blockchain-basierte Vermögensbewegungen nachvollziehbarer zu machen.
Auf EU-Ebene sind bereits weitergehende Maßnahmen geplant. Ende September 2020 wurde der Entwurf einer „Regulation on Markets in Crypto-Assets“ (MiCA) vorgestellt, die 2022 verabschiedet werden soll. Die Verordnung soll ein einheitlich anwendbares Rahmenwerk schaffen und die Regulierung des Krypto-Marktes EU-weit harmonisieren. Mitte 2021 stellte die EU-Kommission zudem eine Reihe von Gesetzesvorschlägen zur Geldwäschebekämpfung vor, die sich unter anderem der Krypto-Sektor-Regulierung widmen. Insbesondere sollen alle Arten und Kategorien von Krypto-Dienstleistern unter die geldwäscherechtlichen Verpflichtungen fallen und für Krypto-Transaktionen in der gesamten EU die Verpflichtungen aus der EU-Geldtransferverordnung gelten. Die Möglichkeit zur Eröffnung und Nutzung anonymer Krypto-Wallets ist nicht vorgesehen.
Die Grenzen der Regulierbarkeit
Allen regulatorischen Vorstößen zum Trotz wird die Blockchain-Technologie auch zukünftig Möglichkeiten bieten, sich einer nationalstaatlichen Überwachung zu entziehen. Der Grund liegt in den Eigenschaften einer Blockchain. Deren ursprüngliches Entwicklungsziel bestand genau darin, Finanzsysteme zu erschaffen, die unabhängig von Staaten und (regulierten) Banken funktionieren. Durch ihre Dezentralität gibt es weder einen zentralen Speicherort, der notfalls „abgeschaltet“ werden kann, noch einen zentralen „Betreiber“, der zur Einhaltung bestimmter Vorgaben gezwungen werden könnte. Vielmehr handelt es sich um eine Datenstruktur, die allein von einem Netzwerk aus (für sich genommen verzichtbaren) Teilnehmern abhängt, die überall auf der Welt sitzen können.
In Abhängigkeit von ihren jeweiligen Protokollen verfügen Blockchains und die in ihnen verwalteten Kryptowährungen zudem jeweils über spezielle Eigenschaften, die unter anderem den Grad der Transparenz bestimmen. Während beispielsweise bei Bitcoin alle Transaktionen zumindest pseudonymisiert auf ewig öffentlich einsehbar sind, existieren andererseits auch zahlreiche Privacy Coins, die mit dem Ziel entwickelt wurden, Vermögensbewegungen völlig unnachvollziehbar zu machen. Außerdem gibt es Krypto-Börsen, die den Tausch verschiedener Kryptowährungen direkt zwischen den Nutzern ermöglichen und allein auf Basis von Smart Contracts funktionieren. Das heißt, anders als reguläre (und regulierte) Krypto-Börsen arbeiten diese sogenannten Decentralized Exchanges vollständig automatisiert und haben keinen Betreiber, der als Regulierungsobjekt dienen könnte. Eine weitere Grenze der Regulierbarkeit besteht schließlich auch auf Ebene der einzelnen Krypto-Wallets. Denn auch hierbei sind Nutzer nicht zwingend auf (regulierte) Wallet-Anbieter angewiesen. Vielmehr genügt im Zweifel ein Stück Papier, auf dem die nötigen Schlüsselpaare notiert sind.
Diese Grenzen der Regulierbarkeit führen im Ergebnis zu einer gesteigerten Verantwortung der Teilnehmer einer Blockchain. Ihnen obliegt es, bei Geschäften mit Krypto-Walletanbietern, -Börsen und anderen -Dienstleistern darauf zu achten, dass es sich um regulierte Akteure handelt. Gleiches gilt für die Wahl einer konkreten Kryptowährung zur Geschäftsabwicklung mit Blick auf ihre jeweilige Eignung für kriminelle Zwecke.