Keyfacts
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Mit den neuen Verwaltungsgrundsätzen für Verrechnungspreise konsolidiert und konkretisiert die Finanzverwaltung die bisher veröffentlichte Verwaltungsauffassung.
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Deutsche Verrechnungspreisregeln werden durch die Angleichung an die OECD-Verrechnungspreisleitlinien internationaler.
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Weichen Unternehmen von den Verwaltungsgrundsätzen ab, drohen Konflikte in lokalen Betriebsprüfungen.
Steuerliche Verrechnungspreise sind seit einigen Jahren immer stärker in den Fokus nationaler und internationaler Finanzbehörden gerückt. Es gibt eine Vielzahl von Gesetzes- und Verwaltungsinitiativen sowie weltweit unterschiedliche Regelungen, die von denen abweichen können, die in Deutschland gelten. Das erschwert Unternehmen, ihren Dokumentationspflichten ordnungsgemäß und fristgerecht nachzukommen. Zudem werden Verrechnungspreise bei Betriebsprüfungen zunehmend aufmerksamer betrachtet.
Mit den Verwaltungsgrundsätzen für Verrechnungspreise hat das Bundesfinanzministerium (BMF) am 14. Juli 2021 ein wichtiges Instrument für die Auslegung der Vorschriften durch die Finanzämter veröffentlicht. Das Schreiben ist für Steuerpflichtige von hoher Relevanz, da es vollumfänglich für alle noch offenen Veranlagungszeiträume angewendet werden soll.
In dem 44 Seiten starken Schreiben hat das BMF ausführlich Stellung zu den Grundsätzen der Einkünftekorrektur genommen und dabei einige ältere Schreiben zusammengefasst bzw. teilweise aufgehoben. Zu begrüßen ist die explizite Orientierung an den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien.
Auch wenn die Verwaltungsgrundsätze nur für die Finanzbehörden, nicht aber für Steuerpflichtige bindend sind, sollten sich diese dennoch mit den neuen Vorschriften beschäftigen, da die Finanzverwaltung angewiesen ist, sie in Betriebsprüfungen anzuwenden.
Was in der Praxis wichtig wird
Prinzipiell sind die „Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise“ als Konkretisierung der bestehenden Regelungen zur Anwendung des Fremdvergleichs für steuerliche Zwecke und als Auffassung der deutschen Finanzverwaltung zu sehen. Die Konsolidierung der bisher veröffentlichten Verwaltungsauffassung schafft Konsistenz und dient der Vereinfachung.
Folgende Beispiele für den Regelungsrahmen sind hervorzuheben:
Finanzierungsbeziehungen
Die Verwaltungsgrundsätze enthalten konkrete Hinweise, nach welchen Faktoren die Vergütung von Finanztransaktionen − wie die Gewährung von Darlehen oder die Nutzung eines Cashpools - erfolgen soll. Besonders herauszustellen ist, dass es hier nicht nur um die Frage nach der Höhe des Zinses, sondern auch nach der Angemessenheit dem Grunde nach geht: Hätte ein fremder Dritte unter vergleichbaren Umständen das Darlehen überhaupt gewährt? Ein Darlehen muss wirtschaftlich erforderlich sein und für den Unternehmenszweck verwendet werden, damit die zugehörigen Zinszahlungen steuerlich anerkannt werden.
Immaterielle Wirtschaftsgüter
Bei der Zuordnung der Erträge aus der Verwertung immaterieller Wirtschaftsgüter innerhalb eines Konzerns ist künftig eine dezidierte Analyse und Dokumentation der sogenannten DEMPE-Funktionen und der an sie geknüpften Risiken vorzunehmen. Auf Basis der in den OECD-Richtlinien enthaltenen fünf Funktionen Development, Enhancement, Maintenance, Protection, Exploitation sind die Erträge den beteiligten Konzerngesellschaften zuzuordnen. Im Vordergrund steht dabei das tatsächliche Geschäftsgebaren, abgeleitet aus den Tätigkeiten der bei den Konzerngesellschaften angestellten handelnden Personen und nicht die bestehenden vertraglichen Vereinbarungen im Konzern. Dabei gilt: Je mehr dieser fünf Funktionen ein Unternehmen ausübt und je größer deren Wertbetrag zu werten ist, desto höher ist es zu vergüten. Dadurch dürfte sich der Dokumentationsaufwand für Unternehmen erhöhen.
Orientierung an den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien
Mit den neuen Verwaltungsgrundsätzen für Verrechnungspreise stellt sich die Finanzverwaltung im Gleichklang mit der OECD auf. Das Ziel ist eine international einheitliche Umsetzung des Fremdvergleichsgrundsatzes. Lokale Gesetzgebungen werden stärker an den gemeinsamen Konsens angepasst und sollen das Konfliktpotenzial bei grenzüberschreitenden Transaktionen reduzieren. Dennoch lassen sowohl die OECD-Regelungen auf der einen Seite als auch die Verwaltungsgrundsätze auf der anderen Seite weiterhin einen Interpretationsspielraum zu und werden sicherlich von der Finanzverwaltung situativ ausgelegt. Darüber hinaus hat sich der BFH in seinen jüngsten Entscheidungen im Zusammenhang mit konzerninternen Darlehensbeziehungen und denen darin vereinbarten Zinskonditionen konträr zur Verwaltungsmeinung positioniert.