• Sven Scharfenbaum, Senior Manager |

Keyfacts

  • Die Rolle des Einkaufs hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Von einer einstigen reinen Bestellabteilung ist der Einkauf heute zentraler Ansprechpartner für sämtliche Geschäftspartner, sowohl intern als auch extern.

  • Beschaffungswege rücken aufgrund des Lieferkettengesetzes in den Fokus vieler Unternehmen und erfordern eine ganzheitliche Transparenz und Reporting-Fähigkeit.

  • In der Digitalisierung des Einkaufs liegen Potenziale sowohl hinsichtlich der zunehmenden Nachhaltigkeitsregulatorik als auch einer Steigerung der Prozesseffizienz.

Die Logistikbranche wird zurzeit vor allem durch das Thema Nachhaltigkeit und der damit verbundenen Transparenznachfrage sowie einer Erhöhung der Compliance Anforderungen bewegt. Dabei eröffnen sich maßgebliche Potenziale in der Einführung neuer digitaler Technologien und Plattformen. Im folgenden Beitrag wollen wir näher beleuchten wie sich der Einkauf durch den Einsatz von Technologie optimieren lässt und dabei helfen kann, die Herausforderungen der Branche zu meistern.

Zunehmende Bedeutung des Einkaufs für die Logistikbranche

Die Rolle des Einkaufs hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Von einer einstigen reinen Bestellabteilung ist der Einkauf heute zentraler Ansprechpartner für sämtliche Geschäftspartner, sowohl intern als auch extern. Mit der zunehmenden system- als auch prozessseitigen Integration von Transport- und Logistikunternehmen in die Kundenökosysteme gewinnt die Funktion des Einkaufs immer mehr an Bedeutung. 

Unser Experte Stefan Löchner Partner, Consulting Value Chain Transformation sieht vor allem im Einkauf den Ansatzpunkt für Lösungen: „Besonders in der Logistik Branche registrieren wir eine immer stärkere Nachfrage nach entsprechenden, digitalen Lösungen, um den genannten Themen und Herausforderungen schnell und agil zu begegnen. Aus unserer Erfahrung eignet sich besonders der Einkauf als Ansatzpunkt für diese Lösungen, da hier die Entscheidung zu Vergaben und Beauftragung von Lieferanten getroffen wird und dazu neben kommerziellen Aspekten auch Nachhaltigkeits- sowie weitere Risikodaten betrachtet werden müssen.“ 

Technologie als Enabler

Die Beschaffungswege der Dienstleister rücken aufgrund des Lieferkettengesetzes in den Fokus der Compliance Anforderungen vieler Unternehmen und erfordern eine ganzheitliche Transparenz und Reporting-Fähigkeit. Hierfür ist digitale Technologie in den Einkaufs- und Supply Chain Prozessen der Enabler. 

Löchner sieht folgende Gründe für die Nutzung digitaler Technologie im Einkauf: „Ein hohes Automatisierungspotenzial, die funktionsübergreifende Schnittstellenrelevanz und die zunehmende Datenflut für Einkäufer macht eine Digitalisierung des Einkaufs erforderlich. Hierbei kann ein eProcurement System helfen entsprechende Potenziale zu erschließen und trägt nach unserer Erfahrung erheblich zur Lösung vielfältiger Probleme bei  - beispielweise der Bereitstellung von Nachhaltigkeitsdaten von Lieferanten oder dem Lieferantenrisikomonitoring von der Ausschreibung über Verträge/Bestellungen bis in den Rechnungsprozess.“

eProcurement System - eine digitale Lösung für den gesamten Prozess

Ein eProcurement System stellt die Digitalisierung des strategischen Einkaufs (Source-to-Contract) und des operativen Einkaufs (Purchase-to-Pay) dar. Es digitalisiert und automatisiert dabei alle wesentlichen Schritte des Beschaffungsprozesses, angefangen mit der Bestellanforderung, der Freigabe der Bestellung, der Bestellung selbst, inklusive Bestellbestätigung und Wareneingangsbuchung sowie des Rechnungseingangsprozesses. 

Mit der eProcurement Software lassen sich Quoten von ca. 98% bei elektronisch verarbeiteten Bestellungen, 84% an elektronisch verarbeiteten Rechnungen sowie 95% bei „Spend under Management“ (SUM: eine Kennzahl die angibt wie viel Prozent der Ausgaben vom Management überwacht werden) erreichen. Auch die Daten verschiedener Kunden lassen sich auf der Plattform entlang des Beschaffungsprozesses, von der Ausschreibung über den Vertrag bis hin zur Rechnung konsolidieren und nutzen. So kann überwacht werden, wie viel wo beschafft wurde, was letztendlich für transparentere Prozesse sorgt. Die Funktionalitäten können dabei angepasst und vom entsprechenden Softwareanbieter berücksichtigt werden. Ein führender Anbieter einer solchen eProcurement Software dessen Lösung bereits von einigen Unternehmen in der Logistikbranche eingesetzt wird ist Coupa.

Weitere Potenziale des digital optimierten Einkaufs

Neben einer Steigerung der Transparenz kann ein eProcurement System die Compliance, unter anderem durch vordefinierte Genehmigungsketten in den verschiedenen Geschäftsprozessvarianten erhöhen und damit sowohl interne als auch externe Risiken weiter minimieren. So schafft es ein eProcurement System wie Coupa die Quote von vorab genehmigten Ausgaben auf 97% und die Quote an richtlinienkonforme Ausgabepositionen auf 98% zu steigern.

Zusätzlich lassen sich durch die Lösung konkrete Mehrwerte schaffen: Diese äußern sich besonders in Effizienzsteigerungen. So tragen standardisierte, transparente und vor allem anwenderfreundliche Geschäftsprozesse zu einer Kostenminimierung bei. Des Weiteren können Bestellungen deutlich schneller abgewickelt und die Durchlaufzeit, von Bestellanforderung bis zur Bestellung, auf durchschnittlich einen Tag minimiert werden. Dies sorgt in Kombination mit der Verringerung des manuellen Aufwands dafür, dass Fehler minimiert sowie Kosten eingespart werden und mehr Zeit für wertschöpfende Tätigkeiten geschaffen wird.

Wie lässt sich ein eProcurement System implementieren?

Um eine erfolgreiche Geschäftstransformation sicher zu stellen, ist ein strukturierter Ansatz erforderlich, dabei ist es wichtig bereits zu Beginn des Projekts alle relevanten Stakeholder (Fachbereiche wie Einkauf und Finanzen sowie die IT) mit an Bord zu nehmen, um gemeinsam ein strategisches Zielbild zu definieren und basierend auf den abgeleiteten Anforderungen eine passende Technologieplattform auszuwählen.

Darauf folgt der Start des Implementierungsprojektes. Im ersten Schritt gilt es, eine Projektorganisation aufzusetzen und anschließend einen Zeitplan sowie eine Implementierungs-Roadmap zu definieren. Das Aufsetzen der Projektorganisation unterteilt sich dabei in 5 Dimensionen.

  • Programmmanagement zur Steuerung des Transformationsprojektes
  • Ein funktionaler Work Stream der das zukünftige Betriebsmodell Design der Fachbereiche definiert.
  • Ein technischer Stream, der die IT-Anforderungen sowie die Integrationsthemen in andere Systeme betreut (wie bspw. die Integration in das vorhandene ERP-System).
  • Ein Bereich der sich um die Befähigung und Integration der Lieferanten auf der Plattform sowie die Bereitstellung der notwendigen Daten auf der Plattform wie bspw. Bestellkataloge konzentriert.
  • Change Management Stream - Um die letztendlich erfolgreiche Anwendung der Software in der Organisation sicherzustellen und zu verankern ist ein Punkt unerlässlich: das Change Management. Mit der Aufgabe wesentliche Stakeholder, sowohl interne als auch externe, zu informieren und auf die Umstellung vorzubereiten liegt im Change Management eine essenzielle Aufgabe, die im großen Maße den Erfolg eines solchen Projekte beeinflusst.

Nachdem die strategischen und organisatorischen Rahmenbedingungen definiert sind, läuft ein Projekt in der Regel in fünf Phasen ab.

  • Design  - Definition des neuen Operating Models sowie der IT-Architektur
  • Umsetzung  - des Definierten Designs, durch Konfiguration und Entwicklung von Schnittstellen. Sowie die Bereitstellung der Kataloge und die Integration der Lieferanten auf die neue Plattform
  • Test  - intensive Testphase zur Sicherstellung der Funktionalitäten
  • Go-Live  - eines Piloten in einer Landesgesellschaft oder Geschäftseinheiten
  • Hypercare  - intensive Begleitung des produktiven Betriebes in den ersten Wochen zur Sicherstellung des operativen Geschäftes

Letztlich geht es nach erfolgreicher Umsetzung, je nach Unternehmensgröße in den Roll-out. Dabei wird das System in den verschiedenen Landesgesellschaften oder anderen Geschäftseinheiten implementiert und geht schließlich in den produktiven Realbetrieb über, eine Projektinvestition, die sich schnell auszahlt.

Ganzheitliche Optimierung des Einkaufs

Unser Experte Sven Scharfenbaum Senior Manager, Consulting Value Chain Transformation sieht die Implementierung als Chance für eine gesamtheitliche Transformation des Einkaufs: „Die Einführung einer digitalen Einkaufsplattform sollte für Unternehmen keine rein technische Implementierung einer neuen Software darstellen. Es ist essenziell für Unternehmen die Chancen im Rahmen einer Einführung zu nutzen und eine gesamtheitliche Einkaufstransformation durchzuführen. Dabei steht die Optimierung des Einkaufs im Vordergrund des Transformationsprojektes, um die neuen Möglichkeiten durch die digitale Technologie vollständig zu nutzen und auch auf die strategischen Ziele des Einkaufs einzuzahlen. Die Infrastruktur der Softwareanbieter ist in der Regel Cloud basiert, damit diese Lösungen optimal genutzt werden können, ist sowohl eine organisatorischen als auch prozessuale Anpassung notwendig.“

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Digitalisierung des Einkaufs erforderlich ist, um sowohl der zunehmenden Regulatorik gerecht zu werden, das große Automatisierungspotenzial der Einkaufsfunktion zu nutzen, als auch konkrete Kosteneinsparungen zu realisieren und somit die Unternehmensresilienz und Zukunftsfähigkeit zu steigern. Dabei gilt es die passende Software zu für die eigene Einkaufsfunktion zu identifizieren, einen strukturierten Ansatz bei der Implementierung zu wählen und eine gesamtheitliche Transformation des Einkaufs herbeizuführen. Diese Transformation ist ein elementarer Baustein in einer zunehmend unternehmensübergreifend vernetzten Transport- und Logistikwirtschaft, die als flexibler Dienstleister oftmals als Motor vielfältiger Wirtschaftszweige an verschiedensten Stellen komplexer Wertschöpfungsketten ansetzt.