Monitorship: Unternehmen unter Beobachtung Monitorship: Unternehmen unter Beobachtung
Keyfacts
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Monitore werden von den US-Justizbehörden im Zuge von Strafverfahren in Unternehmen eingesetzt.
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Monitore prüfen die Compliance und fordern ggf. Anpassungen, um künftige strafbare Handlungen zu unterbinden.
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Laut eines aktuellen Gesetzesentwurfs sollen demnächst auch deutsche Gerichte den Einsatz von Monitoren als sog. sachkundige Stelle verfügen können.
Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit dem Compliance Experten Bernd Federmann, Partner bei der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, entstanden.
Der Einsatz eines Monitors im Unternehmen
Für Unternehmen kann strafbares Fehlverhalten zu empfindlichen Bußgeldern in Milliardenhöhe führen. Um eine Verurteilung zu verhindern, besteht daher in den USA grundsätzlich die Möglichkeit, mit dem US Department of Justice (DoJ) einen Vergleich (z.B. ein Non-Prosecution-Agreement) zu schließen, welcher den Einsatz eines sog. Compliance-Monitors beinhaltet.
Auch deutsche Konzerne waren in der Vergangenheit immer wieder von dieser Maßnahme nach US-Recht betroffen. Mit dem Entwurf eines „Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“, dessen Kernstück das Gesetz zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten (Verbandssanktionengesetz - VerSanG) ist, wird nun auch deutschen Gerichten die Möglichkeit zur Einsetzung eines „Compliance-Monitors“ eröffnet.
Bestellung des Monitors
Die Bestellung eines Compliance-Monitors ist in den USA ein möglicher Abschluss von straf- und zivilrechtlichen Verfahren, die gegen Unternehmen geführt werden, welche beispielsweise gegen den US Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) verstoßen haben. Ein Vergleich des Unternehmens mit dem DoJ kann eine Verurteilung verhindern und, neben der Auflegung von Bußgeldern, auch eine Pflicht zum Aufbau bzw. zur Verbesserung des existierenden Compliance-Programms beinhalten. Nicht selten erfolgt daher die Verpflichtung, einen unabhängigen und fachlich erfahrenen Compliance-Monitor im Unternehmen einzusetzen. Der Monitor fungiert dabei als neutrale dritte Partei, die die Einhaltung der Compliance-Anforderungen des Unternehmens bewertet und überwacht und darüber Bericht erstattet.
Aufgaben des Monitors
Die zentralen Aufgaben eines Compliance-Monitors sind die Bewertung des existierenden GRC-Programms (Governance, Risk & Compliance), die Bereitstellung von Empfehlungen zur Weiterentwicklung und die abschließende Zertifizierung, dass das Compliance-Programm effektiv erneutes Fehlverhalten verhindern kann. Der Monitor unterstützt daher für eine bestimmte Zeit (im Regelfall mindestens drei Jahre) dabei, ein effektives Compliance-Management-System (CMS) aufzusetzen bzw. das bestehende CMS weiterzuentwickeln.
Der Fokus der Tätigkeit liegt dabei nicht auf der Bestrafung des Unternehmens, sondern auf der präventiven Vermeidung weiterer Verstöße. Der Monitor spricht auf Grundlage seiner ganzheitlichen Bewertung des Compliance-Programms regelmäßige Empfehlungen (sog. Recommendations) aus, deren Umsetzung er als zwingend für die Effektivität des CMS ansieht. Deren Implementierung ist obligatorisch und muss innerhalb eines gesetzten Zeitraums geschehen.
Der Monitor stellt dabei sicher, dass die Compliance-Strukturen des Unternehmens den Vorgaben des US-amerikanischen Rechts entsprechen. Diese wurde durch die 2019 veröffentliche und 2020 aktualisierte DoJ-Guidance „Evaluation of Corporate Compliance Programs“ konkretisiert, welche auch von Nicht-US-Unternehmen als Leitlinie zum Auf- und Ausbau des CMS genutzt werden sollte. Denn auch deutsche Unternehmen können aufgrund der exterritorialen Wirkung des US-Strafrechts in den Fokus geraten. Die Guidance ist insbesondere aufgrund ihrer Rolle als „Prüfungsstandard“ des Monitors für seine Wirksamkeitsaussage zum CMS bedeutsam.
Einfluss des Monitors
Ein Monitorship hat einen umfassenden, disruptiven Einfluss auf das alltägliche Geschäft des Unternehmens. Die Überarbeitung des GRC-Systems muss innerhalb des knappen Zeitraums des Monitor-Mandats erfolgen. Daher besteht ein enormer Veränderungsdruck, welcher sich in einer hohen Anzahl parallellaufender Transformation in den GRC-Prozessen und der Unternehmenskultur hin zu mehr Compliance und Integrität äußert. Parallel läuft das Tagesgeschäft weiter, und verschiedene Berichte an den Monitor und das DoJ müssen angefertigt werden. Gerade weil der Monitor aber auch eigene Berichte mit dem DoJ teilt, besteht für das Unternehmen das latente Risiko, dass das DoJ aufgrund negativer Feststellungen das Verfahren wieder aufnimmt oder verlängert und somit weitere Strafen drohen. Die Bewältigung des gestiegenen Aufwands führt im Regelfall zu hohen Kosten, auch für die Beschäftigung externer Berater und Anwälte.