Covid-19 und die Technologiebranche Covid-19 und die Technologiebranche
Keyfacts
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Unser Head of Technology beschreibt im Interview, wie sich die Covid-19-Pandemie auf die Technologiebranche auswirkt.
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Konsequenzen: IT-Services verzeichnen einen Nachfrage-Ansturm, insbesondere für Cloud-Dienste. In der Hardware-Industrie fehlen teilweise Rohstoffe bzw. Vorprodukte.
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Maßnahmen: Hersteller sind zu Produktionsstopps gezwungen. Serviceanbieter schränken Dienste teils ein, um stabile Services gewährleisten zu können.
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Ausblick: Die Covid-19-Krise wird die Digitalisierung enorm beschleunigen.
Herr Heidkamp, wie betrifft die Pandemie die Technologiebranche?
Covid-19 geht auch an der Technologiebranche nicht spurlos vorbei. Die Digitalwirtschaft in Deutschland erwartet Umsatzeinbußen von mehr als 30 Prozent. Der Bitkom-Ifo-Digitalindex zum Geschäftsklima der Branche liegt derzeit auf dem niedrigsten Wert seit der Finanzkrise 2009. Die Technologiebranche schätzt ihre Lage aber immer noch besser ein als der Rest der Wirtschaft. Allerdings gibt es innerhalb des Sektors erhebliche Unterschiede.
Worin liegen diese?
Die Hardware-Industrie inklusive Halbleiter und Konsumgüter verzeichnet einen starken Nachfragerückgang und Umsatzeinbußen. Risiken liegen hier vor allem in der Funktionsfähigkeit von Lieferketten und der Verfügbarkeit von Rohstoffen und Vorprodukten. Das führt heute schon dazu, dass die Einführung neuer Produkte, z.B. von Smartphones, verschoben wird. Zugleich werden mobile Endgeräte stärker nachgefragt, denn viele Unternehmen rüsten ihre Mitarbeiter mit Laptops und Smartphones aus. Das führt teils zu Engpässen. Auch bei Netzwerkausrüstern steigt die Nachfrage, weil Unternehmen in eine stabilere Infrastruktur investieren.
Die Software-Industrie ist von Covid-19 dagegen weniger betroffen. Die Software-Entwicklung kann grundsätzlich unverändert fortgesetzt werden, das geht auch Remote gut. Auf der Kundenseite sehen wir eine stark steigende Nachfrage nach Cyber-Security-Software. Besonders groß ist die Auswirkung von Covid-19 im Bereich IT-Services. Die Nachfrage nach Cloud-Services ist riesig, wir sehen teilweise Nutzungsanstiege von mehreren hundert Prozent. In der Krise zeigen sich die enormen Vorteile von Cloud Computing für ein mobiles verteiltes Arbeiten.
Wie gehen die Unternehmen der Branche mit den Herausforderungen durch Covid-19 um?
Anbieter von Services, die Remote Working ermöglichen, bewegt natürlich die Frage, wie sie dem riesigen Nachfrage-Ansturm Herr werden können. Einige Unternehmen versuchen, manche Services zu beschneiden, z.B. bieten sie nur Audio-Telefonie an und keine Video-Telefonie mehr, um Bandbreite zu sparen und so ihre Services stabil zu halte
In der Hardware-Industrie, etwa im Halbleiter-Bereich, kamen manche Unternehmen um ein Herunterfahren oder einen Stopp der Produktion nicht herum. Dies hatte zwei Gründe. Erstens funktionierten Lieferketten nicht mehr und Rohstoff bzw. Vorprodukte blieben aus. Zweitens fehlten Mitarbeiter in der eigenen Produktion, aufgrund von Erkrankungen oder von Social-Distancing-Maßnahmen.
Wie können diese Unternehmen die Herausforderungen meistern - durch Diversifizierung der Lieferketten?
Die Alternativen sind hier begrenzt. Bestimmte Rohstoffe sind nun einmal nur in gewissen Orten dieser Welt verfügbar. Auch Vorprodukte, die man heute aus Asien oder den USA bekommt, wird man nicht so schnell von woanders her beziehen können – zumindest nicht kostenneutral. Denkbar ist, zumindest einen Teil der Wertschöpfung wieder ins Inland zu holen. Zweitens werden Unternehmen versuchen, wieder mehr mit Lagerhaltung zu arbeiten, um künftig einen Puffer zu haben. Wir werden also weniger Just-in-time-Fertigung sehen.
Die Lagerhaltung kostet Geld.
Ich gehe dennoch davon aus, dass Unternehmen diese Investition tätigen werden, um ihre Widerstandskraft gegen solche Vorfälle zu stärken. Heute ist es eine Pandemie, morgen kann es ein Vulkanausbruch sein. Wir haben in den letzten Jahren gelernt, dass solche Dinge immer wieder passieren werden.