• Thomas Unzeitig, Partner |

Keyfacts

  • Die Regeln von IASB und FASB werden harmonisiert.

  • Unternehmen sollten ihre Prozesse rechtzeitig anpassen.

  • Investoren und Stakeholder können besser vergleichen.

Wer die Nachrichten der vergangenen Monate aufmerksam verfolgte, der konnte mitunter diesen Eindruck gewinnen: Weltweit ist der Isolationismus auf dem Vormarsch. Von Trump über Brexit bis hin zu den jüngsten Entwicklungen in Katalonien: Statt mehr Zusammenarbeit und Freihandel treten wir ein in die Phase der Abschottung.

Ist die Globalisierung also am Ende?

Die Antwort, wie immer in zwei Teilen: Erstens: Ja, sicherlich, sofern man die allgemeine Zustimmung zu einer Vertiefung des Welthandels zum Maßstab nimmt. Zweitens: Nein, in keinem Fall. Das Gegenteil ist richtig.

Abschottung? Von wegen!

Tatsächlich sehen wir in der täglichen Praxis, wie Unternehmen weiter auf Vernetzung setzen. Das mag aus der übergeordneten Perspektive mitunter weniger schillernd wirken, weil die Detailarbeit ungleich aufwendiger ist. Wer aber beispielsweise einen Blick auf das Thema Bilanzierung wirft und sich dabei die seit vielen Jahren angestrebte Angleichung der Normensysteme des in der EU verbreiteten International Accounting Standards Board (IASB) und des US-amerikanischen Financial Accounting Standards Board (FASB) vor Augen führt, der stellt fest: Von internationaler Abschottung kann keine Rede sein.

Natürlich sollte man sich keine Illusionen in Bezug auf eine vollständige Angleichung der Rechnungslegungsstandards machen. Ein Trend in Richtung Vereinheitlichung ist dennoch klar erkennbar. Die großen Unternehmen globalisieren sich stärker als je zuvor, und die USA sind große Befürworter dieser Entwicklung.

Hinzu kommt: Die Zeit für Unternehmen wird allmählich knapp. Denn bereits zum 1. Januar 2018 werden die Karten neu gemischt. Was ist passiert?

Umsatzrealisierung: Harmonie zwischen USA und dem Rest der Welt

Nach einer mehrjährigen Erstellungs- und Abstimmungsphase werden die Rechnungslegungsstandards zur Umsatzrealisierung des IFRS 15 beziehungsweise des US-amerikanischen ASC 606 nunmehr ab dem Jahr 2018 verpflichtend zur Anwendung kommen. Eines der wichtigsten Ziele dabei: Die Regelwerke sollen harmonisiert werden. Dafür müssen die Standards zur Umsatzrealisierung überarbeitet werden.

Die spannende Frage dabei: Was bringen harmonisierte Standards eigentlich? Die Antwort: International können Investoren und andere Stakeholder genauer erkennen, in welcher Lage sich die jeweiligen Unternehmen befinden – und damit besser vergleichen. Eben das ist der Wesenskern einer globalisierten Wirtschaft: Sie funktioniert nach gleichen oder wenigstens ähnlichen Maßstäben. Dies setzt allerdings voraus, dass die Regelungen international auch vergleichbar ausgelegt und angewendet werden.

Die Erfahrungen der vergangenen beiden Jahre zeigen, dass die Herausforderungen der neuen Standards genau in dieser Interpretation und erstmaligen Einführung liegen. Sowohl für die in den USA maßgeblichen Grundsätze zur Rechnungslegung US Generally Accepted Accounting Principles (US GAAP) als auch für Bilanzierer, die nach den Grundsätzen der International Financial Reporting Standards (IFRS) arbeiten, führen die neuen Regelungen zu einem teils erheblichem Umstellungsaufwand. Dieser zusätzliche Aufwand hat neben einer bilanziellen Komponente aber auch stets Auswirkungen auf Unternehmensprozesse und -systeme.

Unternehmen noch nicht vorbereitet – weder hier noch in den USA

Obwohl der Erstanwendungszeitpunkt von 2017 auf 2018 verschoben wurde, haben die meisten Unternehmen ihre Vorbereitungen für die erstmalige Anwendung der Standards zur Umsatzrealisierung noch nicht vollständig abgeschlossen. Eine empirische KPMG-Studie von 245 US-Anwendern aus dem Juni 2017 zeigt, dass nach wie vor 39 Prozent der Unternehmen mit der Analyse der Auswirkungen befasst sind.

Während sich aktuell 47 Prozent in der Design- oder Implementierungsphase befinden, geben jeweils sechs Prozent der Befragten an, entweder das Projekt finalisiert zu haben oder sie erwarten keine oder nur unwesentliche Änderungen.

Durch diese Ergebnisse lässt sich auch erklären, warum sich von den befragten öffentlichen Unternehmen mit 71 Prozent die Mehrheit für die sogenannte kumulative Methode der Erstanwendung entschieden hat. Im Klartext bedeutet das: Sie befinden sich noch mitten in den Vorbereitungen.

Die Zeit läuft

Ein ähnliches Bild lässt sich für die kapitalmarktorientierten Unternehmen in Deutschland vermuten. Da andererseits aber die Uhr sprichwörtlich tickt und bereits zum ersten Januar 2018 die Frist zur Neuanwendung beginnt, sollten auch hierzulande die Unternehmen ihre Kräfte dahingehend bündeln, um sich auf die Finalisierung der Umstellungsprojekte zu fokussieren und ihre Prozesse entsprechend anzupassen.

Zusammengefasst: Vom Ende der Globalisierung kann keine Rede sein. Eine internationale Vergleichbarkeit herzustellen macht nur Sinn für Unternehmen, die sich in einem internationalen Kontext bewegen und davon ausgehen, das auch künftig beizubehalten.

Alles in bester Ordnung also, und kein Grund zur Sorge? Keineswegs. Populisten aller Länder sind auf dem besten Weg zu neuer Einheit. Anderseits gilt auch hier: Die Karawane zieht weiter. Die nächsten Schritte für Unternehmen liegen eher darin, sich für die anstehenden Änderungen fit zu machen und den umfangreichen Anforderungen durch einen entsprechenden Ressourceneinsatz gerecht zu werden.

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