• Gernot Gutjahr, Partner |

Keyfacts

  • Global Business Services: Der Mix macht's.

  • Trump und Brexit ändern die Spielregeln.

  • Sechs Offshore-Länder stechen heraus.

Geht es um IT-Outsourcing, dann vornehmlich um einzusparende Kosten. Das wird sich ändern. Zwar bleiben finanzielle Vorteile weiterhin ein wichtiges Motiv, um Services vom eigenen Unternehmen in andere Länder auszulagern. Doch greift dieser singuläre Ansatz künftig zu kurz. Der Grund: Die Anforderungen der auftraggebenden Unternehmen ändern sich, die technische Entwicklung schreitet voran und die politische Großwetterlage ist im Wandel begriffen. Kurzum, es gelten neue Spielregeln.

Wer heute IT-Outsourcing zukunftsorientiert angeht, der darf nicht nur aufs Geld schauen. Stattdessen sind mehr und mehr spezifische Skills in den Offshore-Ländern gefragt. Das macht Standorte attraktiv, die Deutschland geografisch, kulturell und vom Lohnniveau her näher sind als zum Beispiel Regionen in Fernost. Die locken zwar mit niedrigen Arbeitskosten („Labour Arbitrage“), können in puncto Skills aber nicht immer mithalten.

Die Mischung macht’s: Global Business Services

Das zeigt ein Blick auf den modernen Ansatz im IT-Outsourcing. State of the Art sind hier „Global Business Services“ (GBS), also ebenso systematisch wie global aufgestellte Dienste. Diese sind geografisch ungebunden. Sie können in industriell entwickelten Märkten (Developed Markets), im nahen Ausland (Nearshore) oder in den klassischen Offshore-Ländern erledigt werden. Auf welche Location die Wahl schließlich fällt, ergibt ein jeweils maßgeschneiderter Mix aus Qualifikationen, Reaktionsvermögen, Arbeitsstil, Kultur und Risiko.

Und GBS heißt auch, dass IT-Leistungen nicht mehr automatisch en bloc an einen Standort gehen. So kann es für Unternehmen sinnvoll sein, Aufträge zu splitten und in unterschiedliche Regionen zu vergeben – je nach den jeweiligen Bedürfnissen der betroffenen Bereiche.

IT-Outsourcing im GBS-Mix

Ein Quercheck offenbart die Stärken der interessantesten Offshore-Regionen. Am Beispiel Developed Markets: Industrialisierte Länder bieten den höchsten Grad an Spezialisierung mit relativ teuren Arbeitskräften.

Ein ideales Nearshore-Land hingegen verfügt über ein ausbalanciertes Verhältnis von Lohnkosten und Lohnkostendynamik. Liegt es im EU-Raum, kommen als Pluspunkte Regulierung und Datenschutz hinzu.

Die klassischen, weit entfernten Offshore-Länder wiederum schöpfen aus einem tiefen und breiten Pool von Hochschulabsolventen. Die Lohnkosten sind dort am niedrigsten, deren Dynamik allerdings sehr hoch.

Trump und Brexit: Kaufkurse für Deutschland

Für Bewegung im Markt sorgen zudem aktuelle politische Entwicklungen. Die Ankündigung der neuen US-Administration unter Präsident Donald Trump, bislang ausgelagerte Jobs zurück in die Vereinigten Staaten zu holen, alarmierte die davon betroffenen Offshore- und Nearshore-Länder Mexiko und Indien. Die schauen sich ganz genau an, was da passiert. Und das hat schon jetzt Konsequenzen. Weil sie sich von der amerikanischen Abhängigkeit lösen wollen, wechseln sie ihren Fokus und bedienen bevorzugt die Europäer. Gleichzeitig lenkt der Brexit die Aufmerksamkeit verstärkt von UK auf den Kontinent. Die Folge: bessere Betreuung und Konditionen für deutsche IT-Outsourcing-Kunden.

Die Cloud: Lokale Unabhängigkeit als Wert

Ein weiterer Wandel ist im Gange. So bleiben geografische Standorte zwar für Labour wichtig, doch für andere Services verlieren sie an Bedeutung. Nämlich für jene in der Cloud. Auch hier bietet sich der Brexit als Beispiel an. Noch unterliegen in London geparkte Daten dem EU-Recht. Nach dem Austritt der Briten aus der Union aber nicht mehr. Die Cloud macht dann den Umzug der Daten von der Insel auf den Kontinent leicht. Sie werden einfach vom einem Cloudserver in UK beispielsweise in ein deutsches Rechenzentrum verschoben.

Und noch eine Entwicklung wird die Strategien im IT-Outsourcing beeinflussen. Die Stichworte sind „Digital Labour“ und „Robotic Process Automation“. In beiden Fällen geht es nicht um verbilligte, sondern um automatisierte Arbeit per Software. Wenn aber Programme beispielsweise Verwaltungsprozesse ganz oder teilweise übernehmen, dann ist auch hier die Standortfrage zunehmend irrelevant. Ausgenommen davon sind weiterhin Aufgaben wie Softwareentwicklung und Softwarewartung.

IT-Outsourcing: Darauf kommt es an

Unternehmen sollten sich also nicht nur einen Standort anschauen, sondern mehrere Offshore-Länder bei der Planung berücksichtigen. Von einer vorausschauenden Diversifikation profitiert nicht nur die Qualität im IT-Outsourcing, sondern sie dient zugleich der Risikostreuung.

Wann ist der Zeitpunkt zum Handeln gekommen? Jede Offshore-Maßnahme ist spätestens dann neu zu bewerten, wenn aktuelle Verträge auslaufen. Darauf sollten sich Unternehmen vorbereiten und rechtzeitig prüfen, ob sie ihre IT-Struktur anpassen müssen.

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