• Sebastian Hartmann, Director |

Keyfacts

  • Das Denken in „Lösungen“ anstelle von Dienstleistungen oder Produkten ist bereits in vielen Unternehmen angekommen.

  • Mit den damit verbundenen Konsequenzen für die Strategie und Struktur haben viele aber noch zu kämpfen.

  • Moderne Technologien und ein angepasster Managementansatz helfen, den Wandel einzuleiten und zu beschleunigen.

Vielen Kunden reicht es nicht mehr aus, ein Produkt oder eine Dienstleistung zu kaufen. Sie verlangen nach einem Lösungspaket (oftmals auch mit dem englischen Begriff „Solution“ bezeichnet). Ein Beispiel aus der Immobilienbranche: Unternehmen haben früher ein Bürogebäude gemietet. Die dazu gehörigen Leistungen, also Hausmeisterservice, Gebäudemanagement oder Sicherheitsdienst, wurden einzeln hinzugekauft. Heute gibt es zunehmend die komplette Rundum-Lösung aus einer Hand  Das ist bequemer für den Kunden und für das anbietende Unternehmen im Idealfall profitabler und ein Wachstumsmotor.

Neue Technologien treiben Lösungsdenken voran

In vielen Unternehmen diskutiert man daher ein verstärktes Denken in Lösungen – oft getrieben von neuen technischen Möglichkeiten, wie Internet of Things oder dienstleistungsorientierten Geschäftsmodellen („everything-as-a-Service“). Dienstleistungen reichern Produkte an, werden aber auch selbst zu Produkten – die Grenzen verschwimmen. Das Denken in integrierten, ganzheitlichen Lösungen wird für Firmen aller Branchen, weiter an Bedeutung zunehmen. Um verlässlich, konsistent und greifbar dem Kunden seine Lösung liefern zu können, braucht es daher ein systematischeres Management des Angebots, der Erstellung und der Lieferung einer Lösung.

Wie ein Komplettpaket aussehen kann

Dazu ein weiteres Beispiel, das vor Jahren undenkbar oder sehr, sehr aufwändig gewesen wäre: Hersteller von vernetzten Sensoren liefern zunehmend nicht mehr nur ein Produkt, sondern die komplette Beratung, Implementierung, Wartung, Aktualisierung oder Anpassung des Anwendungsfalls. Zum Beispiel einer automatisierten Fertigungslinie oder eines Wareneingangs. Die Erstellung dieser Lösung ist dabei aber nicht der Erfahrung eines Beraters überlassen, sondern erfolgt auf Basis bereits laufender Anwendungsfälle und der hereinströmenden Daten.

Wie können Unternehmen stärker in Lösungen denken?

Interessant ist, dass Dienstleistungsunternehmen das Denken in Lösungen durch ihre Arbeit mit dem Kunden schnell begreifen, aber noch stark mit den Konsequenzen für ihre Strategien und Strukturen zu kämpfen haben. Neben der ganzheitlicheren Kundenorientierung sehe ich vor allem fünf Erfolgsfaktoren, um sich als Lösungsanbieter zu profilieren.

1. Nutzen Sie Ihre Daten und neue Technologien

Was will der Kunde, was ist seine Herausforderung und wie sieht die Customer Journey aus? Um das herauszufinden, eignen sich Technologien wie Cloud- und Cognitive-Computing, Robotic Process Automation oder auch Augmented Reality. Eine Möglichkeit sind zum Beispiel automatisierte Angebotsvorschläge. Man kennt das von Amazon und anderen Verkaufsplattformen. Wer ein Produkt in den Warenkorb gelegt hat, bekommt Produkte angezeigt, die andere Kunden gekauft haben oder thematisch zum gekauften Produkt passen. Diese Angebote komplettieren die Lösung für den Kunden. Daten über das eigene Angebotsportfolio und die Nutzung durch den Kunden sind wichtig, um zum richtigen Zeitpunkt zu wissen, was der Kunde will.

2. Justieren Sie Ihre Sichtweise im Management und Controlling

Ein gutes Management-Reporting, das die veränderte Sichtweise auf das eigene Geschäft widerspiegelt ist unerlässlich: Funktionieren die angebotenen Lösungen, werden sie angenommen, wie erfolgreich sind sie finanziell in Gänze und in ihren Bestandteilen (den Produkten und Services), wie entwickelt sich der Markt, wie reagieren die Presse und was könnte sich zum Trend entwickeln? Wer all diese Fragen in einem regelmäßigen und kombinierten strategischem, vertriebs- und finanzdatenbasierten Reporting aus- und bewertet, kann aus den gewonnen Daten die richtigen Schlüsse ziehen und entsprechend handeln.

3. Etablieren Sie ein Lifecycle Management für Ihre Lösungen

Neue an den Markt gebrachte Lösungen werden oftmals bereits sehr viel anders entwickelt und gemanagt als noch vor wenigen Jahren. Aber der größte Teil des Geschäfts wird meist noch mit schon lange bestehenden Services, Produkten oder natürlich Lösungen gemacht. Deswegen gilt es, das bestehende Angebot aktiver und bewusster durch seinen Lebenszyklus zu steuern, stetig zu verbessern und strategisch klug auszurichten – im Einzelfall und als Portfolio. Auch hier stehen die Bedürfnisse des Kunden im Mittelpunkt. Unternehmen können hier von neuen oder auch etablierten Methoden des Produkt- und Dienstleistungsmanagement profitieren. Die  verantwortlichen Manager sollten in diesen Methoden weiterentwickelt und für ihre Aufgaben gezielt mit Daten versorgt werden, wie z.B. Kauf- und Verkaufsmustern  u.ä.

4. Achten Sie auf intelligente Standardisierung

Natürlich sollte jede Lösung auf die Bedürfnisse eines Kunden zugeschnitten sein. Aber das bedeutet nicht, dass ein Unternehmen für jeden Kunden eine komplett neue Lösung erarbeitet oder entwickelt. Das Angebot sollte so weit standardisiert werden, etwa nach Baukasten-Prinzipien, dass eine Lösung mit wenigen Arbeitsschritten auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten werden kann. Dies ist auch bei komplexen und intellektuellen Dienstleistungen möglich, wie zahlreiche Anbieter von Legal Tech Solutions inzwischen demonstrieren. Sie entwerfen oder prüfen Verträge, werten Dokumente und Fälle aus, beantworten hierzu Fragen. Sie ersetzen den Anwalt zwar noch nicht – aber machen ihn deutlich effizienter, konsistenter und effektiver.

5. Treiben Sie den Bewusstseinswandel voran

Produktionskosten, Margen oder Wettbewerbspreise sind kaum relevant, wenn der Mehrwert für den Kunden stimmt. Dieser Grundgedanke sollte im Mittelpunkt des Handelns stehen. Hier tun sich Unternehmen schwer, die bisher ihre Kompetenz oder Technologie betont haben und von Start-Ups überholt werden (falls sie das überhaupt rechtzeitig mitbekommen). Die neue Sichtweise, das veränderte Geschäftsmodell, kann durch Schulungen, Vorträge und gezielte Arbeits- oder Diskussionsgruppen im Unternehmensgeist verankert werden. Der Verkauf von Lösungen ist kein neues Vertriebskonzept, sondern eine neue Strategie, die Teil der Unternehmenskultur werden sollte – dabei sind strukturelle Anpassungen oft unvermeidlich. Wichtig ist vor allem die Erkenntnis, dass man nicht nur den monetären Ertrag betrachtet, sondern welchen Wert die Lösung für den Kunden auf lange Sicht hat und das man sich als Anbieter ständig verbessern und weiterentwickeln kann.

Die Transformation hin zur „Lösungssicht“ ist in vielen Unternehmen eine tiefgreifende, kulturelle Veränderung. Dabei entsteht eine neue Komplexität in deutlich veränderten Wertschöpfungsketten, Vertriebswegen und Geschäftsmodellen – vor allem aber in den von Menschen und im Management benötigten Fähigkeiten und Einstellungen. All das so zu orchestrieren, dass für den Kunden klare und erfolgreich differenzierte Lösungen entstehen, zeichnet die besten Unternehmen aus.

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