• Ralf Pfennig, Partner |

Keyfacts

  • Bei Carve-outs geht es um aktives Portfoliomanagement

  • Die Rechnungslegung stellt viele Unternehmen vor Herausforderungen

  • Planung und ein gutes Konzept sind entscheidend

Bayer, Osram, Telefonica Deutschland und E.ON haben es getan. Die Metro Group ist dabei, es zu tun. Die Rede ist vom sogenannten Carve-out, der Separierung eines Geschäftsbereichs oder Unternehmensteils. Immer mehr Unternehmen fokussieren sich auf ihr Kerngeschäft – sei es durch einen Börsengang oder auch über einen Verkauf an Dritte. Doch wer sich auf diese Art von Unternehmenseinheiten trennen will, sollte vieles beachten. Martin Pföhler, Partner im Auditbereich bei KPMG, und Ralf Pfennig, Partner bei Finance Advisory bei KPMG, erklären im Interview, worauf es bei einem Carve-out-Abschluss ankommt.

KPMG: Worüber reden wir, wenn wir von einem Carve-out sprechen?

Ralf Pfennig: Unter einem Carve-out verstehen wir das Ausgliedern, Abspalten und Verkaufen von Unternehmensteilen. Die Herausforderung dabei ist, dass das Transaktionsobjekt zunächst nicht als eigene rechtliche Einheit existiert, sondern vollständig oder teilweise in die bestehende Organisation des übergeordneten Mutterunternehmens integriert ist. Bestimmte Geschäftsbereiche sollen aus einem Gesamtkonstrukt herausgelöst und in eine selbständige und funktionsfähige Einheit auf stand-alone-Basis überführt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die zu separierenden Bereiche oftmals keine separaten Finanzinformationen vorhanden sind. Und diese Teilmenge zu definieren, zu designen und zu konzipieren, macht den Vorgang so komplex, weil es diese als solche in der Reportingstruktur aktuell so nicht gibt.

KPMG: Was sind die Anlässe für Carve-out-Abschlüsse?

Ralf Pfennig: Für diversifizierte Unternehmen kann es verschiedene Gründe für einen Carve-out geben. Es geht darum, Unternehmensteile und Geschäftsmodelle aus einem bestehenden Unternehmen oder einer Unternehmensgruppe herauszulösen und für externe Investoren zu öffnen oder gar ganz zu veräußern – durch den Verkauf an strategische Investoren oder einen Börsengang. Wir sehen da aktuell zwei Entwicklungen. Immer mehr Unternehmen konzentrieren sich zum einen auf ihre Kernkompetenzen und verabschieden sich von ihren Randaktivitäten. Eine andere Motivation für einen Carve-out ist eine strategische Neuausrichtung.

Martin Pföhler: Im Grunde geht es dabei um ein aktives Portfoliomanagement. Unternehmen zu kaufen und das Portfolio strategisch zu steuern, gehört im Rahmen einer externen Wachstumsstrategie zum Lebenszyklus großer Unternehmen.

KPMG : Wie sieht eine gründliche Vorbereitung aus?

Martin Pföhler:  Einen Geschäftsbereich auszugliedern ist komplex, da die Prozesse und Systeme in einem Unternehmen oft eng miteinander verknüpft sind. Daher sollten Unternehmen genau definieren, welche Teile des Geschäfts exakt separiert werden sollen und wie ein reibungsloser Übergang nach Vertragsschluss gewährleistet sein kann. Wichtig ist die gründliche Konzeptionsphase im Vorfeld. Plant ein Konzern einen Unternehmensteil herauszulösen, um ihn zu verkaufen oder an die Börse zu bringen, muss er den potenziellen Käufern und Investoren valide Finanzinformationen zur Verfügung stellen. Schließlich kauft niemand die Katze im Sack. Da der herauszulösende Geschäftsteil allerdings keine rechtliche Einheit darstellt, kann dessen operative Geschäftstätigkeit nicht durch traditionelle Abschlüsse wie ein Konzern- oder Einzelabschluss nach den Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) abgebildet werden. Die Erstellung von so genannten Carve-out-Abschlüssen ist also eine wesentliche Voraussetzung.

KPMG: Wo liegen dabei die größten Hürden für Unternehmen?

Ralf Pfennig: Konzerne sind organisatorisch oft noch nicht darauf eingestellt, diese Rechnungslegung zu organisieren. Traditionell sind sie darin geübt, Daten für den Gesamtkonzern zu generieren. Sie haben aber weder die Prozesse, noch die Strukturen und auch nicht die IT-Systeme implementiert, um für den herauszulösenden Geschäftsbereich auf Knopfdruck historische Finanzinformationen zu generieren.

KPMG: In welchen Aspekten unterscheidet sich die Erstellung von einem Carve-out-Abschluss von der eines regulären Konzernabschlusses?

Martin Pföhler: Konzernabschlüsse bilden die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Mutterunternehmens inklusive aller Töchter ab, während Einzelabschlüsse die ökonomischen Tätigkeiten einer rechtlichen Einheit darstellen. Die Grenzen der Berichtseinheit Konzern- und Einzelabschluss sind also rechtlich klar definiert. Das ist beim Carve-out anders. Hier werden die Grenzen nach wirtschaftlichen Erwägungen festgelegt. Darüber hinaus enthalten die IFRS keine ausdrücklichen Regelungen, wie ein Carve-out-Abschluss auszusehen hat. Unternehmen müssen daher die regulatorischen Sichtweisen des jeweiligen Landes im Blick haben. Bei einem IPO ist zudem erforderlich, dass sie die gängige Marktpraxis verschiedener Börsenplätze berücksichtigen – in den USA zum Bespiel die Regeln der United States Securities and Exchange Commission (SEC). Um diese Regelungslücke zu schließen hat KPMG einen „Carve Out Application Guide“ erstellt, in dem wir die standardmäßigen Anforderungen für die Erstellung von Carve-out Abschlüssen geben und vor allem die weltweite Praxis der Carve-out Bilanzierung darstellen und analysieren.

KPMG: Auf welche Dimensionen sollten sich Unternehmen fokussieren, wenn es darum geht, diese Finanzdaten zu erstellen?

Ralf Pfennig: IT ist eine wichtige Dimension: Unternehmen sollten sich fragen, wie sie die Daten pragmatisch und sinnvoll aus IT-Systemen generieren können. Darüber sollten sie gewährleisten, dass die IT-Struktur reibungslos funktioniert, auch wenn der Unternehmensteil separat läuft und auf eigenen Beinen steht. Das bedeutet, diese auch technisch so vorzubereiten, dass sie abgespalten funktionsfähig ist. Diese organisatorischen Fragen muss das Projekt ab einer gewissen Phase auch beantworten. Hierbei spielt die ganze Konzeptionsphase, in der die Basisinformationen geklärt werden, eine wichtige Rolle. Dabei sollte man den eigentlichen Auslöser des Projekts, den M&A- bzw. IPO-Workstream, ständig im Blick haben und immer wieder hinterfragen, welche Informationen, in welcher Granularität vorhanden sein müssen und welche davon in einer prüffähigen Form benötigt werden.

KPMG : Was ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Carve-out-Abschluss und wie kann KPMG dabei unterstützen?

Martin Pföhler: Je nach Größe und Komplexität des Carve-outs und der möglichen Käufer- bzw. Investorengruppe steigen die Herausforderungen – und damit auch die Anforderungen – an alle Beteiligten. Eine gute Planung und gutes Konzept sind aber entscheidend. Eine Vorlaufzeit von bis zu zwölf bis 18 Monate ist dabei – je nach Komplexität des Carve-Outs – nicht unüblich. Mit unseren multidisziplinären Teams aus Experten für IFRS, Börsen- und Steuerrecht, Rechnungslegung und IT ergänzt um unsere Equity Capital Markets Expertise können wir Unternehmen dabei ganzheitlich unterstützen. Somit gewährleisten wir die Aufstellung qualitativ hochwertiger Carve-out-Abschlüsse nach internationalen Rechnungslegungsnormen unter Berücksichtigung der spezifischen regulatorischen Sichtweisen.

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