Die Tiefzinspolitik der letzten Jahre hat Investitionen im Immobilienmarkt befeuert. Andere Anlageklassen hatten es in diesem Umfeld schwer. Inflation und steigende Zinsen haben zu einem Stimmungsumschwung geführt.
Wenn Werte ohne Leistung geschaffen werden, dann sollten Anleger hellhörig werden. Dessen sind sich die Immobilieninvestoren seit geraumer Zeit bewusst. Dennoch wurde über Jahre Kapital in Immobilienanlagen gepumpt. Auslöser war die Nullzinspolitik. Treiber waren optionsbasiertes Handeln (TINA: There Is No Alternative) und verhaltensökonomische Faktoren. Man wollte nichts verpassen und überhaupt, wer wusste denn schon, wann die Veränderung kommt.
Und dann kam Sie, die Veränderung. In Form der Inflation, die wir immer noch zu verstehen suchen. Die Leitzinsen wurden wie schon immer zur Bekämpfung des Schreckgespenstes angehoben und weg war sie, die TINA.
In kürzester Zeit standen (risikoadjustiert) liquidere Anlagen als Alternativen zu Immobilien zur Verfügung. Gleichzeitig sanken zins- und erwartungsgetrieben die Zeitwerte der Unternehmen. Damit stieg die Immobilienquote in den Multi-Asset-Portfolios.
Stimmungsumschwung durch Zinswende
Der Stimmungsumschwung der Immobilienanleger begann mit der Zinswende im Juni 2022. Als Resultat stürzte der damalige Swiss Real Estate Sentiment Index um drastische -96.2 Punkte zum Vorjahr auf den bisherigen Tiefstwert von -32.5 Punkten.
Doch die Stimmungslage wird noch trister. Für die kommenden zwölf Monate sind die Erwartungen für die wirtschaftliche Entwicklung mit -32.4 Punkten zwar ein wenig optimistischer als im Vorjahr (-51.4 Pt.), aber eine deutlich negative Einschätzung der Preisentwicklung über alle Immobiliensegmente von -88.6 Punkten (Vorjahr: -27.7 Pt.) drückt den sresi auf ein neues Allzeittief von -77.4 Punkten.
Alle Immobiliensegmente, Lagen und Regionen betroffen
Zum ersten Mal überhaupt sind die Preiserwartungen für alle Immobiliensegmente negativ. Auch die Preisentwicklungen der unterschiedlichen Lagekriterien wird insgesamt negativ eingeschätzt. Das trifft nun erstmals auch für zentrale Lagen zu.
Weder in den Grossregionen noch in den Wirtschaftszentren werden noch Preissteigerungen vorausgesagt. Im Vorjahr hatten die Befragten immerhin für die Genferseeregion, Zürich und einen Teil der Zentralschweiz noch positive Preiserwartungen.
Auswirkung auf die Werte?
Eine Frage, welche durch die sresi-Umfrage nicht beantwortet werden kann: Sinken nun auch die Werte in den Portfolios?
Die Wertentwicklung und -beständigkeit hängt von verschiedenen Faktoren ab. So sind die Anlageportfolios in Bezug auf Zeitraum des Portfolioaufbaus, Nutzung, Nutzer, Vertragsverhältnisse, geografische Verteilung, Lage- und Liegenschaftsqualität, Potenziale und selbstverständlich auch die implizite Diversifikation und die Anlagestrategie schwer zu vergleichen. Kommt hinzu, dass unterschiedliche Bewertungsansätze im Rahmen der regulatorischen Vorgaben einen Vergleich zusätzlich erschweren.
Dennoch ist das Sentiment von Investoren und Bewerterinnen ein Indikator für mögliche zukünftige Wertentwicklungen. Denn wenn der Transaktionsmarkt, von dem sich (auch) die Marktwerte ableiten lassen, aufgrund der Stimmungslage dreht, was bereits beobachtet wird, dann hat dies indirekt Auswirkungen auf Bestandswerte.