• Patrick Schmucki, Director |

Im Jahr 2021 werden verschiedene Initiativen in der Schweiz und in Europa ausgerollt, die sich auf Klimarisiken, die Verhinderung von Greenwashing und soziale Themen konzentrieren. Die Gesetzgeber stützen sich vorwiegend auf Massnahmen, welche die Transparenz für Investoren, Kunden und Aufsichtsbehörden erhöhen.

Die Nachfrage nach nachhaltigen Anlageprodukten und Finanzdienstleistungen sind in den letzten Jahren gestiegen. Es erstaunt daher nicht, dass sich die Aufsichtsbehörden immer mehr für diesen Bereich interessieren, mit spürbaren Auswirkungen im Bereich Aufsichtsrecht. Im Jahr 2021 soll die Abkehr vom derzeitigen Laisser-faire-Ansatz der Schweizer Behörden im Bereich «Sustainable Finance» vollzogen werden. Finanzinstitute müssen sich auf mehr Regulierung einstellen, die ein gemeinsames Ziel hat: Transparenz für Anleger, Kunden und Aufsichtsbehörden erhöhen.

Klimarisiken: mehr als nur heisse Luft

Am 12. Januar 2021, kommunizierte die Schweizer Regierung, dass sie nun offiziell die «Task Force on Climate-related Financial Disclosures» (TCFD) unterstützt, und macht damit klar, dass sie es ernst meint mit dem Klimaschutz. Im Rahmen seiner Finanzmarktstrategie bereitet sich der Bundesrat derzeit darauf vor, diese Empfehlungen in Gesetze umzusetzen. Verschiedene Projekte laufen bereits:
 

  • Die FINMA will die Rundschreiben 2019/1 (Offenlegung - Banken) und 2016/2 (Offenlegung - Versicherer) abändern, in dem sie von Banken und Versichern in Aufsichtskategorien 1 und 2 verlangt, Informationen bezüglich Klimarisiken nach den Empfehlungen der TCFD offen zu legen. Diese Anforderungen (falls wie vorgesehen umgesetzt), würden bereits für das Geschäftsjahr 2021 der betroffenen Unternehmen gelten.
  • Schweizer Behörden bereiten derzeit die zwingende Implementierung der TCFD-Empfehlungen durch Schweizer Unternehmen aller Wirtschaftszweige vor. Es wurde kein spezifischer Zeitplan kommuniziert. Das Thema dürfte jedoch in die zukünftigen Anforderungen an die nicht-finanzielle Berichterstattung einfliessen, die durch den indirekten Gegenvorschlag zur Konzerninitiative eingeführt werden (mehr dazu siehe unten).
  • Der Bundesrat empfiehlt, dass Finanzmarktteilnehmer Methoden und Strategien zur Berücksichtigung von Klima- und Umweltrisiken bei der Verwaltung des Vermögens ihrer Kunden veröffentlichen. Das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) wird den Bundesrat per Ende 2022 informieren, ob und wie diese Empfehlung umgesetzt wurde.
  • In Europa wird die Publikation der überarbeiteten Richtlinie bezüglich nicht-finanzieller Angaben von Grossunternehmen für das 1. Quartal 2021 erwartet. Sie wird höchstwahrscheinlich auch die TCFD-Empfehlungen bezüglich Klimaberichterstattung beinhalten. Die Richtline ist auch für schweizerische Unternehmen von Relevanz z.B., wenn sie an einer europäischen Börse kotiert sind.

Für mehr Informationen zu TCFD, siehe unser aktueller Blog zu diesem Thema.

Greenwashing: das nächste grosse Anlegerschutzrisiko

Sowohl schweizerische wie auch europäische Aufsichtsbehörden haben Bedenken bezüglich des Risikos von Greenwashing. Diese wurden durch die zunehmende Beliebtheit von ESG-Produkten bei Privatanlegern noch verstärkt.

  • Schon jetzt hat die FINMA damit begonnen, die Anlageziele, Richtlinien und Anlagetechniken schweizerischer Anlagefonds, die sich als «nachhaltig» bezeichnen, während deren Genehmigungsverfahren zu hinterfragen. Ziel der FINMA ist es, die entsprechenden Offenlegungen im Fondsvertrag und Prospekt zu standardisieren. Die FINMA wird das Thema ausserdem im Rahmen ihrer vor Ort Inspektionen im Bereich Risk Management aufnehmen.
  • Das SIF, in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU), hat ein Mandat, dem Bundesrat nötige Änderungen der Finanzmarktgesetzgebung vorzuschlagen, um Greenwashing zu verhindern. Der Bericht wird für Herbst 2021 erwartet. Auch die Bankiervereinigung (SBVg) hat neue Industriestandards in den Bereichen Offenlegungen, Produktklassifizierungen und Messung der Nachhhaltigkeitsleistung angekündigt.
  • Das schweizerische Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) tritt per 1. Januar 2022 in Kraft. Das wirft die Frage auf, wie Finanzdienstleister Anlageberatungen zu nachhaltigen Anlageprodukte gestalten sollen, um regelkonform zu bleiben. Unser Blog bezüglich nachhaltiger Anlagen und Compliance-Risiken schaut sich dieses Thema genauer an.
  • In Europa tritt die «Sustainable Finance Disclosure Regulation» (SFDR) (Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor) im März 2021 in Kraft und kann auch schweizerische Finanzinstitute tangieren. Zudem werden für das 1. Quartal 2022 auch weitere Änderungen der MiFID II, UCITS und der AIFMD erwartet.

In der unternehmerischen Verantwortung wird das «S» in ESG immer wichtiger

Derzeit laufen verschiedene regulatorische Initiativen, die nicht nur Finanzinstitute betreffen werden, sondern auch Schweizer Firmen allgemein. Hier ein kurzer Überblick:
 

  • Die Konzernverantwortungsinitiative wurde zwar knapp abgelehnt, doch Firmen sollten den angenommenen direkten Gegenvorschlag nicht unterschätzen. Dieser verlangt nicht nur zwingende nicht-finanzielle Berichterstattung (einschliesslich Informationen zu Umwelt und Klima), sondern führt (in gewissen Fällen) auch eine Sorgfaltspflicht betreffend Menschenrechte ein. Die Vorgaben treten voraussichtlich im Hinblick auf das Geschäftsjahr 2022 in Kraft. Unser Blog zu diesem Thema finden Sie hier.
  • Am 1. Juli 2020 tritt zudem das revidierte Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann (GlG) in Kraft. Es verlangt bis im Juni 2021 die Durchführung einer Lohnanalyse für Privat- und öffentliche Unternehmen, die mehr als 100 Angestellte haben. Diese Analyse muss spätestens bis am 30. Juni 2022 von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer überprüft werden und wird alle 4 Jahre wiederholt.
  • Das Bundesgesetz über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Gesetz) soll die Reduktion der Treibhausgasemissionen vorantreiben. Massnahmen beinhalten CO2-Limiten und Zielwerte für Altbauten und Neuwagen, eine CO2-Steuer auf Brennstoffe und einen Zuschlag auf Flugtickets. Da die nötige Anzahl Unterschriften für ein Referendum erreicht wurde, wird diese Entscheidung noch in diesem Jahr an den Wahlurnen fallen.
  • Gegen Mitte 2021 wird erwartet, dass die Europäische Kommission den revidierten «Green Deal» mit sogar noch ehrgeizigeren Zielen als die erste Version aus dem Jahr 2018 veröffentlicht. Es wäre daher logisch, dass die grüne Finanzstrategie der EU in diesem Zusammenhang auch angepasst würde.

Jetzt Nägel mit Köpfen machen

Markterwartungen wie auch die Gesetzgebung sind in Bewegung und reflektieren die wachsenden Bedenken und den spürbaren Handlungsdruck bezüglich Klima und sozialer Gerechtigkeit. Während es in der EU immer eindeutigere gesetzliche Pflichten und Definitionen gibt, haben Schweizer Institute noch mehr Spielraum (aber auch Ungewissheit) wie und wie weit sie Nachhaltigkeit in ihre Überlegungen miteinbeziehen sollten. Die grosse Anzahl der Initiativen zeigt jedoch, dass Nachhaltigkeit nicht mehr nur ein Nischendasein fristet, sondern immer mehr zur Norm wird.

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