• Raphael Lang, Director |

Die Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) hat am 30. Oktober 2020 eine Aktualisierung zum Kreisschreiben Nr. 37 «Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen; KS 37» publiziert. Die Anpassungen sollen insbesondere nicht-börsenkotierten Unternehmen entgegenkommen und treten ab dem 1. Januar 2021 in Kraft.

Gerade vor dem Hintergrund der Standortattraktivität für Jungunternehmer und Start-ups dürften die nachfolgend genannten Anpassungen der Besteuerungsmodalitäten bei Mitarbeiterbeteiligungen positive Signalwirkung haben.

Die Anpassungen des KS 37 erfolgten im Rahmen der Umsetzung der Motion «Wettbewerbsfähige steuerliche Behandlung von Start-ups inklusive von deren Mitarbeiterbeteiligungen».

Die Anpassungen betreffen im Wesentlichen folgende Elemente:

Ermittlung Verkehrswert bei nicht börsenkotierten Mitarbeiteraktien

Bei nicht an einer Börse kotierten Mitarbeiteraktien fehlt es in der Regel an einem Verkehrswert. Daher gilt als massgeblicher Wert grundsätzlich der nach einer für den Arbeitgeber tauglichen und anerkannten Methode ermittelte Formelwert. Neu kann die Berechnung des entsprechenden Werts gemäss dem Kreisschreiben Nr. 28 der Schweizerischen Steuerkonferenz von 28. August 2008 (Wegleitung zur Bewertung von Wertpapieren ohne Kurswert für die Vermögenssteuer; KS 28) erfolgen.

Die Verankerung dieser zusätzlichen Bestimmung ist vor dem Hintergrund einer einheitlichen Besteuerungspraxis zu begrüssen. Allerdings gilt zu beachten, dass die Bewertung nach KS 28 nicht für jedes Unternehmen sinnvoll ist. Entsprechend sollte jedes Unternehmen eine Bewertungsmethode wählen, welche die Geschäftstätigkeit am besten wiederspiegelt. In der Praxis sind die Steuerbehörden nach wie vor offen für andere Bewertungsmethoden (beispielsweise Umsatz- oder EBITDA-Multiple, etc.), solange diese als tauglich und im konkreten Anwendungsfall plausibel erscheinen.

In der Vergangenheit akzeptierten bereits einzelne Kantone ein nach KS 28 ermittelter Wert als Verkehrswert, sofern nachgewiesen werden konnte, dass diese Bewertungsmethode den Verkehrswert korrekt widergibt. Dies mit der Konsequenz, dass sich bei einer späteren Veräusserung der Aktien die Thematik der Besteuerung des Übergewinns beim Wechsel vom Formel- zum Verkehrswertprinzip (vgl. nachfolgend) nicht mehr stellte.

Hingegen führt gemäss Praxis im Kanton Zürich die Ermittlung des Verkehrswertes über eine Bewertungsmethode (einschliesslich der Methode nach KS 28) immer automatisch zur «Formelwertbesteuerung».

Veräusserung von im Privatvermögen gehaltenen Mitarbeiteraktien

Bei der Veräusserung von im Privatvermögen gehaltenen Mitarbeiteraktien wird grundsätzlich ein steuerfreier privater Kapitalgewinn oder ein steuerlich unbeachtlicher Kapitalverlust erzielt. Der Umfang des steuerfreien Kapitalgewinns entspricht dabei der Differenz zwischen dem Formelwert im Zeitpunkt der Abgabe und dem nach der gleichen Bewertungsmethode ermittelten Formelwert im Zeitpunkt der Veräusserung. Ein allfälliger Mehrwert (sogenannter «Übergewinn») der beispielsweise auf eine veränderte Bewertungsmethodik oder auf einen Wechsel vom Formel- zum Verkehrswertprinzip (z.B. bei einem Verkauf an einen Dritten, Börsengang, etc.) zurückzuführen ist, ist grundsätzlich als Einkommen im Zeitpunkt der Veräusserung zu besteuern.

Das KS 37 sieht neu vor, dass der Mitarbeiter bei einer späteren Veräusserung bei im Privatvermögen gehaltenen Mitarbeiteraktien einen steuerfreien Kapitalgewinn realisiert, sofern der Wechsel vom Formel- zum Verkehrswertprinzip erst nach Ablauf einer fünfjährigen Haltedauer erfolgt. Die Verankerung der Fünfjahresfrist im KS 37, welche der Kanton Zürich bereits seit 2013 kennt, soll nun schweizweit gelten. Es bleibt abzuwarten, wie die einzelnen Kantone diese Neuerung umsetzen werden. Aufgrund der Einführung dieser Fünfjahresfrist ist davon auszugehen, dass die betroffenen Kantone höhere Anforderungen an die gewählte Bewertungsmethode stellen werden.

Gründeraktien sowie Erwerb von Aktien zu Drittkonditionen

Im angepassten KS 37 wird nun explizit festgehalten, dass die im Zeitpunkt der Gründung einer Gesellschaft erworbene Aktien (sogenannte «Gründeraktien») sowie Aktien, die zu Drittkonditionen (beispielsweise wie ein Investor) erworben werden, nicht als Mitarbeiterbeteiligung im Sinne von Art. 17a DBG qualifizieren.

Anhang V mit Musterbescheinigungen

Arbeitgeber in der Schweiz sind verpflichtet, die Mitarbeiterbeteiligung nach der Verordnung über die Bescheinigungspflichten bei Mitarbeiterbeteiligungen (MBV) auf einem Beiblatt zum Lohnausweis zu bescheinigen. Das angepasste Kreisschreiben enthält nunmehr einen zusätzlichen Anhang V mit elektronischen Musterbescheinigungen. Insbesondere im Kanton Waadt sind die Formulare im entsprechenden Format gemäss Anhang V verbindlich. Sämtliche kantonalen Veranlagungsbehörden akzeptieren die Bescheinigungen gemäss Anhang V oder können diese inskünftig verlangen. Ebenfalls stützt sich das einheitliche Lohnmeldeverfahren (ELM) von Swissdec auf diese Musterbescheinigungen gemäss Anhang V und unterstützt ab Version 5.0 die elektronische Übermittlung der Bescheinigungen an die zuständigen Veranlagungsbehörden.

Inkraftsetzung

Die Anpassungen im KS 37 in der Version vom 30. Oktober 2020 treten auf den 1. Januar 2021 in Kraft und entfalten ihre Wirkung ab diesem Zeitpunkt. Die oben erwähnte Fünfjahresfrist gilt für Sachverhalte, welche sich ab dem 1. Januar 2021 verwirklicht haben. Somit ist ab dem 1. Januar 2021 eine Besteuerung des «Übergewinns» immer dann nicht mehr zulässig, wenn der Wechsel vom Formel- zum Verkehrswertprinzip ausserhalb der Fünfjahresfrist erfolgt ist.

Vorbescheid zwischen dem Arbeitgeber und der Steuerbehörde

Es ist empfehlenswert, allfällige bestehende Vorbescheide hinsichtlich der Kongruenz zu den oben genannten Anpassungen im KS 37, insbesondere betreffend die Besteuerung des Übergewinns, zu überprüfen. Weiter wird bei nicht an der Börse kotieren Unternehmen empfohlen, die Besteuerung von Mitarbeiteraktien und die gewählte Bewertungsmethode vorgängig mit den zuständigen Steuerbehörden verbindlich zu regeln.