Einblicke in die Finanzlage der Schweizer Versicherer Einblicke in die Finanzlage der Schweizer Versicherer
Zum dritten Mal wurden dieses Jahr gemäss dem FINMA-Rundschreiben 2016/2 die "Berichte über die Finanzlage“ durch die Schweizer Versicherer veröffentlicht. Diese Berichte haben zum Ziel, dem Leser ein Bild über deren ökonomische Lage zu vermitteln. Die meisten Versicherer wenden dabei das Standardmodell der FINMA an. Wenige haben dieses auf ihre Verhältnisse angepasst und nur vereinzelt wurden hauseigene Modelle erstellt. Dies hat sich gegenüber den vergangenen Jahren nicht verändert.
Dieses Jahr haben wir die Publikationen von 56 Schweizer Direktversicherern erfasst und ausgewertet. Erstmals haben wir dabei mittels Data-Analytics und Tableau-basierter Datenaufbereitung ein wenig tiefer schürfen können.
Solide finanzierte Versicherungsbranche – vor den Corona-Marktverwerfungen
Sämtliche Angaben in diesen Offenlegungen beziehen sich auf den Jahreswechsel 2019/2020. Das heisst, die Marktverwerfungen, die im Monat März am ausgeprägtesten waren, sind darin natürlich nicht abgebildet. Es geht aber daraus hervor, dass die Branche als Ganzes unmittelbar vor der Coronakrise auf einem finanziell sehr soliden Fundament stand und daher diese Verwerfungen bisher gut gemeistert haben sollte. Ausnahmen werden jedoch die Regel bestätigen.
Wiederum verzerrte Vergleichbarkeit
Die Vergleichbarkeit gegenüber den Vorjahren wird wie auch letztes Jahr wieder eingeschränkt sein, da die Modelle mit Hilfe deren das verfügbare und das geforderte Kapital ermittelt werden, methodologisch stark verändert wurden. Dadurch können keine Trends zur Branche als Ganzes gemacht werden. Bereits vor Jahresfrist habe ich an dieser Stelle die Hoffnung geäussert, dass sich diese Modelle stabilisieren werden, damit eine Vergleichbarkeit oder gar Trends erkennbar werden. Leider blieb meine Hoffnung unerfüllt – vorerst.
Messbarkeit der finanziellen Lage bei den Krankenzusatzversicherern
Diese Anpassungen der Modelle haben auch bei den Krankenzusatzversicherern stattgefunden und haben das risikotragende Kapital aber auch das Zielkapital jeweils stark verändert. Das hat dazu geführt, dass nun das dritte Jahr in Folge die individuellen SST-Ratios sich zum Teil halbiert oder mehr als verdoppelt haben und dies, obwohl sich weder die inhärenten Risiken noch das Marktumfeld stark verändert haben.
Zudem scheint die marktnahe Betrachtung mit der klassischen buchhalterischen Bilanz-Betrachtung oder anderen herkömmlicheren Kennzahlen kaum mehr verknüpfbar zu sein.
Diese beiden Aspekte könnten dazu führen, dass die Offenlegung für die Krankenzusatzversicherer eher Verwirrung als Klarheit bei den Lesenden schafft. Es erscheint, dass die ökonomische oder finanzielle Lage von Krankenzusatzversicherern mit der Offenlegung noch nicht aussagekräftig erhoben werden kann.
Wie weiter?
Mit Spannung erwarten wir natürlich Berichte darüber, wie sich die Solvenz der Versicherer durch die Marktverwerfungen 2020 bisher entwickelt hat. Die Zeichen stehen aber gut, dass diese Herausforderung von der Branche gesamthaft gut gemeistert wurde. Selbstverständlich bleibt abzuwarten, wie sich die Kapitalmärkte über die nächsten Monate entwickeln und sich die pandemische aber auch die wirtschaftliche Situation mittelfristig weiterentwickelt.
Viel nachhallender als die Turbulenzen an den Kapitalmärkten werden die breiteren Implikationen auf die operationellen aber auch strategischen Fragen der Versicherer sein. Wie führe und organisiere ich meine Mitarbeiter und Prozesse über Distanz? Wie sieht Kundenbindung ohne persönlichen Kontakt aus? Welche gesellschaftlichen Veränderungen werden sich ganz generell ergeben und welche Auswirkungen haben diese auf die versicherbaren Risiken oder die Nachfrage auf bestehende Produkte ganz allgemein?
Diese Fragestellungen sind komplex und müssen sehr rasch beantwortet werden. Sicher ist, dass eine solide Kapitaldecke und die Fähigkeit, Investitionen zu tätigen, dafür eine Grundvoraussetzung sind.