• Thomas Brotzer, Partner |
  • Stephanie Leu, Expert |

Die EU hat der Schweiz die Börsenäquivalenz versagt. Dies hat indirekt zur Folge, dass kotierte Schweizer Versicherungskonzerne künftig Grunderwerbsteuern auf deutschen Immobilieninvestments abliefern müssen, sofern innert 10 Jahren mindestens 90% der Aktien den Besitzer wechseln.

Bei Schweizer Versicherungsunternehmen bzw. Fonds mit deutschen Immobilien-Investments ist zukünftig Vorsicht geboten. Die deutsche Grunderwerbsteuer wird reformiert und eine Steuerpflicht könnte entstehen, sofern innert 10 Jahren mindestens 90% der Anteile den Besitzer wechseln und die Kapitalgesellschaft nicht an einer von der Europäischen Kommission anerkannten Börse kotiert ist.

Reform der deutschen Grunderwerbsteuer im Bereich des Share Deals

Ab dem 1. Juli 2021 wird die Grunderwerbsteuer auf deutschen Immobilien (ähnlich der Schweizer Handänderungssteuer) voraussichtlich auch erhoben, wenn innert 10 Jahren mindestens 90% der Anteile an einer Immobilien haltenden Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar den Besitzer wechseln. Dabei muss ein einzelner Gesellschafter keine bestimmte Beteiligungshöhe überschreiten. Die Grunderwerbsteuer entsteht erst bei Vollzug des Anteilsübergangs, nicht aber schon beim Abschluss des Anteilskaufvertrags auf Ebene der immobilienhaltenden Kapitalgesellschaft (Steuerschuldner).

Die deutsche Gesetzesreform zielt darauf ab, missbräuchliche Steuergestaltungen im Bereich von Immobilien-Investments zukünftig einzudämmen. Bis anhin konnte ein Immobilien Share Deal im Vergleich zum Asset Deal so ausgestaltet werden, dass die Grunderwerbsteuer von – je nach Belegenheitsort resp. Bundesland – 3.5% bis 6.5% des Kaufpreises – nicht zu entrichten war. Mit der aktuellen Grunderwerbsteuer-Reform, die am 21. April 2021 vom Deutschen Bundestag verabschiedet wurde, sollen diese Strukturen wirkungslos werden. Daher ist ein sofortiger steuerfreier Erwerb aller Anteile unter Beteiligung eines Co-Investors bei Kapitalgesellschaften nicht mehr möglich.

Ausnahme für gewisse börsenkotierte Gesellschaften

Vor dem Hintergrund der eigenen Steuerschuldnerschaft der Gesellschaft wird die Geschäftsführung einer Immobilien haltenden Kapitalgesellschaft demzufolge zukünftig eine erhöhte Aufklärungs- und ggf. Anzeigepflicht haben, sofern ihr Anteilsübergang an der Gesellschaft (auch mittelbar in der "darüberliegenden" Konzernstruktur) bekannt wird.

Während den politischen Diskussionen wurde festgestellt, dass börsenkotierte Gesellschaften oder Fonds kaum Möglichkeiten haben, den Besitzerwechsel von über 10 Jahre lückenlos zu dokumentieren. Daher bedarf es einer Ausnahmeregelung im Gesetz. Entsprechend wurde die Börsenklausel § 1 Abs. 2c GrEStG in das Gesetz integriert. Es kann nicht im Interesse der vorliegenden Gesetzesreform sein, dass z.B. Versicherungsunternehmen während der Haltedauer einer Immobilie unzählige Male die Grunderwerbsteuer abliefern müssen, nur weil die kotierten Aktien häufig den Besitzer wechseln.

Die Börsenklausel umfasst nur Kapitalgesellschaften und Fonds mit deutschen Immobilien-Investments, die an einer Börse in einem EU oder EWR Land oder an einem Drittlandhandelsplatz, der von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, kotiert sind. Im Rahmen der Streitigkeiten um das Rahmenabkommen wurde der Schweiz die Börsenäquivalenz durch die EU bekanntlich bisher aber versagt.

Wenig Schutz für in der Schweiz kotierte bzw. nicht kotierte Gesellschaften

Falls die Titel einer Kapitalgesellschaft oder Fonds mit deutschen Immobilien-Investments ausschliesslich nur an der Schweizer Börse kotiert oder gar nicht öffentlich gehandelt werden, ist zukünftig bei Share Deals dringend an die Grunderwerbsteuer zu denken. Denn die Gesetzesreform wird dazu führen, dass die Grunderwerbsteuer bei Share Deals regelmässig anfallen wird.

Zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer müsste der Verkäufer mit >10% als Gesellschafter in der Immobiliengesellschaft verbleiben und sich schadensersatzbewehrt verpflichten, seine Anteile an der Immobiliengesellschaft zu übertragen (sog. Anker-Anteilsinhaber).

Handlungsbedarf

Für ausschliesslich in der Schweiz kotierte Versicherungsunternehmen oder Fonds mit deutschen Immobilien-Investments empfehlen wir ihre Situation genau zu analysieren, wobei z.B. folgende Themen relevant sein können:
 

  • Geplante Akquisitionen allenfalls noch vor dem 1. Juli 2021 umsetzen
  • Kotierung von Titeln an einer zusätzlichen Börse im EU / EWR Raum
  • Abklärungen Sitzverlegung des Investmentvehikels ins Ausland
  • Veräusserung von deutschen Investments / Transfer auf andere Investmentvehikel die in der EU / EWR kotiert sind
  • Berücksichtigung bei Strukturierungen / Neuaufsetzung eines Investmentvehikels
  • Analyse der erwarteten Anteilswechsel in den nächsten 10 Jahren bei bestehenden Investments
  • Einführung Compliance Mechanismus mit Anker-Anteilsinhaber
  • Höhere Gewichtung der Relevanz der Höhe der Grunderwerbsteuer je nach Bundesland beim Kauf

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