Sabine Döbeli, CEO von Swiss Sustainable Finance, führt im Interview aus, wie Unternehmen «Greenwashing» als Mittel zum Zweck verhindern können und wie die Roadmap von SSF aussieht.
Sabine Döbeli, CEO von Swiss Sustainable Finance
Swiss Sustainable Finance hat im Dezember ihre Roadmap mit Handlungsempfehlungen für den Schweizer Finanzplatz präsentiert. Welchen Beitrag kann eine Prüf- und Beratungsgesellschaft wie KPMG in der Verwirklichung der gesteckten Ziele leisten?
Die Roadmap für einen nachhaltigen Schweizer Finanzplatz zeigt Massnahmen für alle wichtigen Finanzakteure auf. Die Handlungsempfehlungen umfassen beispielsweise die klare Verankerung von Nachhaltigkeitszielen in der Unternehmensstrategie oder adressieren Transparenz-Defizite von Finanzprodukten. Prüf- und Beratungsgesellschaften können Firmen in verschiedener Hinsicht bei der Zielerreichung unterstützen: in einer beratenden Funktion stellen sie sicher, dass die Nachhaltigkeitsstrategie alle relevanten Geschäftsfelder umfasst oder das die Unternehmensorganisation optimal auf die Zielerreichung ausgerichtet ist. Zudem gewinnt die externe Verifizierung von Zielen und Nachhaltigkeitsberichten zunehmend an Bedeutung. Hier sehe ich ein grosses Geschäftspotenzial für Prüfgesellschaften.
Klare Zielvorgaben und Verpflichtungen sowie ein entsprechendes Reporting werden vorausgesetzt, damit Unternehmen Zugang zu Finanzmitteln erhalten und sich diesen bewahren. Wie kann verhindert werden, dass Unternehmen hier «Greenwashing» als Mittel zum Zweck betreiben?
Zum einen ist es wichtig, dass sich Nachhaltigkeitsberichte und Ziele an internationalen Standards ausrichten, also z.B. der Global Reporting Initiative für oder an der «Taskforce for Climate-related Financial Disclosure» (TCFD) für die Berichterstattung zu Klimarisiken. Die bereits erwähnte Verifizierung von solchen Zielen und Berichten durch unabhängige Dritte kann die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung weiter erhöhen. Bezüglich der Klimaberichterstattung zu Anlagen hat der Bundesrat vergangenen November angekündigt, dass er Qualitätskriterien für Klimaindikatoren erarbeiten will – solche Vorgaben können das Vertrauen ebenfalls stärken.
Sie haben in einem Interview gesagt, dass gut geführte Unternehmen mit guten Nachhaltigkeitsstrategien bessere Finanzkennzahlen ausweisen. Können Sie diese Feststellung ausführen?
Meine Aussage bezog sich auf die Frage, ob nachhaltig orientierte Unternehmen am Finanzmarkt bessere Renditen erzielen. Eine solche Frage lässt sich allerdings nicht pauschal beantworten. Aufgrund der inzwischen langjährigen Erfahrung mit nachhaltigen Anlagen, zeigt eine Mehrheit der wissenschaftlichen Studien einen positiven Zusammenhang zwischen guter Nachhaltigkeitsleistung und guten Finanzkennzahlen. In vielen Fällen (Märkte, Sektoren, Nachhaltigkeitsaspekte) zeigt sich, dass ein höheres Nachhaltigkeitsrating mit einem tieferen Risiko bei gleicher Rendite einhergeht. Investoren können also Risiken minimieren, wenn sie Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Anlageentscheide einbeziehen. Dies ist mit ein Grund dafür, dass viele institutionelle Anleger wie Pensionskassen heute Nachhaltigkeitsthemen bei ihren Anlageentscheide mitberücksichtigen.
Werfen wir einen Blick in die Zukunft: Wo wird die Schweiz Ihrer Meinung nach in fünf Jahren in Bezug auf Nachhaltigkeit stehen?
Ich gehe davon aus, dass wir es bis dann geschafft haben, für viele Bereiche (z.B. Gebäude, Mobilität) die gesetzlichen Rahmenbedingungen so zu verändern, dass sich nachhaltiges Handeln für die Akteure auszahlt. Zudem wird bis dann das Prinzip der Nachhaltigkeit besser in allen Aus- und Berufsbildungen integriert sein. Ich bin zuversichtlich, dass auch die Finanzwirtschaft in naher Zukunft Nachhaltigkeitsinformationen konsequent bei Anlage- und Finanzierungsentscheiden berücksichtigt. Mit solchen Massnahmen sollten wir es schaffen, den nötigen Wandel zu beschleunigen und auf den Pfad hin zu einer klimaverträglichen Wirtschaft zu kommen – heute sind wir noch nicht an diesem Punkt.
Sie gehören gemäss dem Finanzportal finews zu den acht Frauen, welche in diesem Jahr den Schweizer Finanzplatz beeinflussen werden (Swiss Finance's Women To Watch in 2022). Wie würden Sie andere Frauen für eine Karriere in der Finanzbranche motivieren?
Frauen sind in der Finanzindustrie noch immer untervertreten – das ist schade, denn ich bin überzeugt, dass dieser Sektor enorm viele interessante Karriere-Chancen bietet. Ich persönlich beobachte aber immer wieder, dass sich Frauen oft unterschätzen, und sich nicht für anspruchsvolle Positionen in der Finanzindustrie bewerben. Ich kann deshalb alle Frauen nur ermutigen, diesen Schritt zu wagen. Gerade im Bereich Sustainable Finance finden sich vielfältige Positionen – so z.B. im Portfoliomanagement, Risikomanagement oder Kreditwesen –, die über rein finanzielle Fragestellungen hinausgehen und die sich auch damit beschäftigen, für die Kunden und die Gesellschaft einen zusätzlichen Nutzen zu stiften.
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