• Silvan Jurt, Partner |
  • Patrick Schmucki, Director |

Teil 1 unserer Blog-Serie zu TCFD: Was Sie zur TCFD-Klimaberichterstattung in der Schweiz wissen sollten und welche Herausforderungen auf uns zu kommen.

Der Bundesrat hat im Januar 2021 der Arbeitsgruppe zur Klimaberichterstattung (Task Force on Climate-related Financial Disclosures, TCFD) seine offizielle Unterstützung zugesichert. Wir wollen entsprechend in diesem ersten Teil unserer Blog-Serie aufzeigen um was es sich bei TCFD handelt und was Schweizer Firmen berücksichtigen sollten – insbesondere nach der Ankündigung des Bundesrats, dass ein Entwurf in Ausarbeitung ist, welcher die TCFD-Empfehlungen verbindlich machen würde.

TCFD unterstützt Anleger in ihrer Beurteilung und Bewertung von klimabezogenen Risiken und Chancen

Die Kapitalmärkte und Entwicklungen in Regelungen zur Unternehmensberichterstattung sind die neusten Schauplätze zur Bekämpfung des Klimawandels einerseits und zur Sicherstellung der Stabilität von Finanzmärkten anderseits. Seit ihrer Einführung im Jahr 2015 hat TCFD schnell an internationaler Akzeptanz gewonnen, kürzlich auch die Unterstützung des Bundesrates. Ein (wenn nicht sogar der) Hauptantrieb für Unternehmen, die 11 TCFD-Empfehlungen umzusetzen, sind Anleger, die Klimarisiken in ihren Portfolios überwachen und verwalten wollen. Zeitgleich ermöglichen solche Informationen auch die Identifikation und Nutzung von Übergangschancen aus der Klimakrise. Systemrelevante Banken, grosse Vermögensverwalter, Versicherer und Personalvorsorgefunds zählen zu den Unterstützer der TCFD und verwalten gemeinsam mehr als USD 150 Billionen.

Eine essentielle Funktion der Kapitalmärkte ist die Bewertung von Risiken, um eine informierte und effiziente Kapitalallokation zu ermöglichen. Vor dem Hintergrund des Paradigmenwechsels, der durch den Klimawandel herbeigeführt wird, gilt es künftig auch damit einhergehende Risiken (und Chancen) in diese Gleichung miteinzubeziehen. Hier kommen die 11 TCFD-Empfehlungen ins Spiel, um Investoren und andere finanzielle Interessengruppen in der Beurteilung und Bewertung von klimabezogenen Risiken und Chancen in deren Portfolio zu unterstützen

Die von der Arbeitsgruppe zur Klimaberichterstattung abgegebenen Empfehlungen in Verbindung mit den bereits bestehenden Berichterstattungsrahmenwerke (z.B. die GRI-Standards) schaffen ein ideales Werkzeug für Unternehmen, welche zunehmende Offenlegungsanforderungen von Investoren, Kreditgebern und Versicherungsunternehmen erfüllen wollen. Unternehmen, welche die TCFD-Empfehlungen umsetzen, können indes auch intern von Vorteilen profitieren. Das TCFD-Rahmenwerk unterstütz Unternehmen in strategischen Diskussionen hinsichtlich des Fahrplans in eine Netto-Null-Zukunft («net zero», der wissenschaftliche Konsens bezüglich der Emissionsreduzierung bis 2050 um die Klimaerwärmung unter 2°C halten zu können) und wie das Geschäftsmodell in dieser neuen Realität ausgestaltet werden kann. Weltweit räumen 56% der weltweit 250 grössten Unternehmen ein, dass der Klimawandel ein (potenzielles) Finanzrisiko darstellt. Bei den 100 grössten Schweizer Unternehmen teilen diese Ansicht in ihren Unternehmensangaben lediglich 34%, wie eine aktuelle KPMG-Studie zeigt.

Die 11 Empfehlungen der TCFD sind in vier Bereiche gegliedert: Governance, Strategie, Risikomanagement sowie Kennzahlen & Ziele. In ihrer TCFD-Berichterstattung sollten Unternehmen gegenüber ihren relevanten Interessengruppen aufzeigen, welche kurz-, mittel- und langfristigen Risiken und Chancen sie erwarten und wie sie diesen begegnen wollen. Zusätzlich sind Massnahmen hinsichtlich einer angemessenen Governance und einem robusten Risikomanagement offenzulegen und mit Kennzahlen & Zielen zu koppeln, um deren Effektivität beurteilen zu lassen und Fortschritte auf dem Weg in eine Netto-Null-Zukunft darzulegen.

Wie kann die Qualität der Klimaberichterstattung bei dem aktuellen Tempo sichergestellt werden?

Während in Nordamerika 32% und in Europa 20% der 100 grössten Unternehmen die TCFD-Empfehlungen bereits in ihren Offenlegungen berücksichtigen, sind es laut einer aktuellen KPMG-Studie in der Schweiz erst 15%. Diese Zahlen sind in ihrem Kontext zu betrachten, nach allem handelt es sich bei der 2015 gegründeten Arbeitsgruppe zur Klimaberichterstattung noch immer um eine junge Initiative. Weltweit gab es allein schon zwischen den Jahren 2017 und 2020 bei den 5’200 untersuchten Firmen eine Zunahme um 15% hinsichtlich der Adoption von TCFD-Offenlegungen. Es wird erwartet, dass über die nächsten Jahre weitere signifikante Zunahmen solcher Berichterstattungen zu beobachten sein wird, sei es aufgrund des Drucks seitens Regierungen und Aufsichtsbehörden oder aufgrund der intensivierten Forderungen von Investoren und anderen finanziellen Interessengruppen. Letztere wird erwartet die treibende Kraft zu sein.

Ob Unternehmen erst ins Auge gefasste haben eine Klimaberichterstattung zu initiieren oder ihre bestehende Offenlegungspraktiken und die zugrundeliegende Implementierung stärken wollen, sollten sich Gedanken bezüglich Qualitätsstandards gemacht machen um die Bedürfnisse von Anlegern, Kreditgebern und Versicherer erfüllen zu können. KPMG hat diesbezüglich 12 Qualitätskriterien entwickelt, die sich über vier Kategorien erstrecken: Governance, Identifizierung und Auswirkungen von Klimarisiken sowie betreffend der Berichterstattung in die Netto-Null-Wirtschaft (lesen Sie mehr hier).

Im Folgenden umreissen wir diese Kategorien, die darlegen, was gute Klimarisiko- und Netto-Null-Berichterstattung ausmacht:

Governance bezüglich der Klimarisiken: Nebst klar definierten -Verantwortlichkeiten des Verwaltungsrats (VR) zur Überwachung der Unternehmensmassnahmen hinsichtlich dem Klimawandel, sendet der Einbezug des Klimawandels und damit verbundenen Risiken in der VR-Präsidenten/innen- oder CEO-Mitteilung im Jahresbericht und die Anerkennung solcher Auswirkungen auf das Unternehmen als (potentielle) finanzielle Risiken ein wichtiges Signal an die Anleger.

Identifikation der Klimarisiken: Zur Gewinnung und dem Erhalt von Anlegervertrauen, dass das Unternehmen aktiv sein Widerstandsfähigkeit gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels ausbaut eignet sich eine dedizierte Sektion im Jahresbericht oder ein separater Bericht. In diesem Belangen sollten sowohl transitorische Risiken (jene, die sich aus dem Übergang in die Netto-Null-Zukunft ergeben) als auch physische Risiken (Klimawandel intensivierte Ereignisse wie etwa extreme Wettereignisse) berücksichtigt werden.

Auswirkungen der Klimarisiken: Szenarioanalysen sind leistungsfähige Arbeitshilfen um die Klimarisiken, denen ein Unternehmen ausgesetzt ist, besser zu verstehen und somit eine angemessene Massnahmenplanung zu ermöglichen. Bei der Offenlegung sollten Unternehmen die getroffenen Annahmen ausführen und verschiedene Klimaerwärmungsszenarien von reputablen Quellen beinhalten, um das Risikoprofil über unterschiedliche Zeithorizonte zu beschreiben.

Netto-Null-Berichterstattung: Nebst der Definition eines klaren Netto-Null-Ziels (z.B. aufgrund der vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) gesetzten Frist im Jahr 2050 oder der Emissionsreduktions- und Netto-Null-Ziele der Science Based Targets Initiative, SBTi) wird eine durchdachte Dekarbonisierungsstrategie als klarer Erfolgsfaktor angesehen. Transparenz gilt als oberstes Credo beim Unternehmensfortschritt hinsichtlich der Erreichung der gesetzten Dekarbonisierungsziele, da dies fundamental zur Stärkung und Wahrung des Anlegervertrauen ist.

Als Teil dieser TCFD-Blogserie vertiefen wir die verschiedenen Bereiche der TCFD-Empfehlungen und liefern Best Practice-Beispiele basierend auf den 12 KPMG-Qualitätskriterien bezüglich Klimarisiko und Netto-Null-Berichterstattung.

Erfolgsfaktoren für Ihr Ziel in Richtung Netto-Null-Zukunft

Die vorgehende dargelegte Verfassung von klimabezogener Berichterstattungspraktiken suggerieren, dass es für Schweizer Unternehmen noch viel zu tun gibt, wenn sie die Informationsbedürfnisse Ihrer Interessengruppen abdecken möchten. Unternehmen, welche noch am Beginn stehen, wird es dringlichst empfohlen sich mit der Klimaberichterstattung und der strategischen Stossrichtung in eine Netto-Null-Zukunft zu beschäftigen. Es sollten genügend Zeit und Ressourcen dafür eingesetzt werden, da eine oberflächliche Umsetzung der TCFD-Empfehlungen das Ziel, nützliche Informationen für die finanziellen Stakeholder bereitzustellen, verfehlen wird. Weiter birgt ein solche Ansatz ein hohes Risiko, dass die Auswirkungen des Klimawandels auf die Unternehmung nicht ausreichend verstanden werden und daher nicht auf die Folgen des Klimawandels reagiert werden kann.

Die Auseinandersetzung mit Governance-Fragen rund um die Überwachung von klimabezogenen Risiken und Chancen durch den Verwaltungsrat und welche entsprechenden Massnahmen das Management ergreift, um diese zu bewerten und zu steuern, ermöglich einen guten Einstieg in die Klimaberichterstattung. Danach sollte das Unternehmen einen Prozess festlegen, wie sowohl physische als auch transitorische Risiken und Klimawandel-bedingte Chancen über verschiedene Zeithorizonte hinweg angegangen werden können.

Mit zunehmender Reife eines Unternehmens im Umgang mit klimabedingten Risiken werden auch zunehmend komplexere Sachverhalte auftreten. Wie zum Beispiel sollten die Auswirkungen der Klimarisiken beziffert und gemessen werden? Eine der wichtigsten TCFD-Empfehlungen ist die Anwendung von Szenarioanalysen, um für die Anleger Transparenz bezüglich der zukunftsorientierten klimabezogenen Risiken und Chancen zu schaffen. Die Entwicklung von kurz-, mittel- und langfristigen Szenarien ist jedoch sehr komplex. Für Unternehmen, die es gewohnt sind retrospektive (Finanz-)Informationen in Verbindung mit kurzfristigen Gewinnprognosen bereitzustellen, kann die Offenlegung zukunftsgerichteter Informationen einen erheblichen kulturellen Wandel bedeuten.

Beim Betrachten der Berichterstattung zum Übergang zu Netto-Null sollte nicht nur ein auf wissenschaftlichen Werten basiertes Ziel gesetzt werden, sondern auch auf eine robuste Dekarbonisationsstrategie, da es viele Wege gibt Netto-Null-Emissionen bis oder gar vor 2050 zu erreichen. Viele Unternehmen haben sich ambitionierte Ziele gesetzt und kommuniziert. Oft fehlt es jedoch noch an den Details, wie sich der Weg dorthin gestalten soll. Es ist entsprechend sehr empfehlenswert, eine klare Richtung in dieser Hinsicht vorzugeben, um das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit der Investoren nicht zu verspielen. Unternehmen haben dabei jedoch einen gewissen anerkannten Spielraum, da sich Technologien zur Unterstützung, um Netto-Null-Emissionen zu realisieren laufend und rasant weiterentwickeln.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Die breitabgestützte Befürworterschaft der TCFD-Empfehlungen seitens der finanziellen Stakeholder zeigt, wie sehr sie sich auf entsprechende Offenlegungen verlassen, um die klimabedingten Risiken und Chancen einzuschätzen und zu kalkulieren. Für Unternehmen bedeutet die Unterstützung der TCFD-Empfehlungen durch den Bundesrat zeitnah mehr regulatorische Vorschriften. Viele Schweizer Unternehmen sind im Rückstand im Vergleich zu ihren weltweiten Mitstreitern, wenn es darum geht, den Klimawandel als (potenzielles) Finanzrisiko zu betrachten oder was die Adoption der TCFD-Empfehlungen anbelangt. Unternehmen, die noch immer in den Startlöchern stecken, sollten sich ohne weiteren Verzug mit ihrer klimabezogenen Berichterstattung und dem Fahrplan in eine Netto-Null-Zukunft auseinandersetzen und dabei bedenken, dass ein minimaler Erfüllungsgrad wahrscheinlich hinter den Erwartungen der Stakeholder zurückbleiben würde. Ein guter Anfang ist die Identifizierung der Klimarisiken bevor man sich komplexeren Aspekten wie den Szenarioanalysen widmet. Zu guter Letzt sollte man sich vor Augen halten, dass ein ambitioniertes Netto-Null- oder wissenschaftsbasiertes Ziel auch eine gute Dekarbonisationsstrategie beinhaltet, um das Vertrauen der Investoren zu gewinnen und mögliche Vorwürfe des «Greenwashing» zu vermeiden, die einem Reputationsrisiko gleichkommen.

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