• Thomas Oschlisniok, Partner |
  • Veit Schulz, Partner |

Die Prozessautomatisierung darf nicht in isolierten Lösungen implementiert werden, stattdessen muss die gesamte End-to-End-Prozessansicht betrachtet werden.

Mittels intelligenter Automatisierung können Unternehmen heutzutage wesentliche Arbeitsschritte von Computern ausführen lassen. Betrachten wir zunächst die gängigsten Automatisierungslösungen:
 

  • Robotic Process Automation (RPA) bedient wie der menschliche Nutzer Software über die Benutzeroberfläche, nur schneller und ausdauernder.
  • Optical Character Recognition (OCR) erkennt Textinhalte aus Scans und macht die Daten maschinenlesbar.
  • Natural Language Processing (NLP) wie Chatbots und Spracherkennung ermöglichen die direkte Interaktion des Nutzers mit dem System.
  • Artificial Intelligence (AI) hilft unter anderem Daten zu strukturieren und auszuwerten.

Allerdings unterlaufen Unternehmen vier typische Fehler, wenn sie auf intelligente Automatisierung setzen:

Fehler Nr. 1: Insellösungen

Häufig koordinieren die einzelnen Unternehmensbereiche ihre Digitalisierungsstrategien nicht. Das Ergebnis ist unterschiedliche Systeme, die nicht aufeinander abgestimmt sind. Einkauf, Vertrieb, Logistik – jeder Bereich baut seine Insellösung auf. Das Wirkungspotenzial der Automatisierung wird dadurch nicht annähernd ausgeschöpft, und der Return on Investment bleibt hinter den Erwartungen zurück. Es mangelt an einer übergreifenden Strategie.

Automatisierung ist vergleichbar mit einem Orchester. Die einzelnen Instrumente können zwar Melodien spielen, aber erst wenn man alles zusammensetzt und jemand den Einsatz steuert, wird daraus ein rundes, klangvolles Stück.

Wie geht es besser?

Für die Automatisierung sollten die Prozesse von Ende zu Ende betrachtet werden. Wer bereits über Insellösungen verfügt, kann diese dennoch verknüpfen. Dazu dient Business Process Model and Notation (BPMN), dass die einzelnen Prozesse aufzeigt und so eine Orchestrierung aller Aktivitäten ermöglicht.

Eine Ende-zu-Ende-Automatisierung könnte dann so aussehen: Mittels OCR werden die Informationen aus einer gescannten Rechnung erkannt. Die Daten fließen in eine Datenbank, wo künstliche Intelligenz, z.B. IBM Watson, den Inhalt der Daten erkennt und sie entsprechend zuordnet. Watson reicht die Daten dann an ein RPA-Programm weiter, das diese verbucht.

Natürlich kann die Einführung auch schrittweise erfolgen, solange der Gesamtprozess betrachtet wird. RPA kann relativ schnell implementiert werden und so kurzfristig Standardbuchungen durchführen oder Bestellungen auslösen, welche zu Kostenvorteilen führt. Im Hintergrund wird währenddessen die künstliche Intelligenz aufgesetzt und angelernt, die dann, sobald sie betriebsbereit ist, z.B. Kundenmails nach Rechnungen, Garantiefragen und Beschwerden filtert.

Fehler Nr. 2: Den Überblick verlieren

Es ist wichtig den Überblick zu behalten. An welcher Stelle im Prozess befindet sich ein konkreter Buchungsvorgang? Wer Systeme verkettet, aber nicht transparent macht, wird Probleme damit haben, Fehler im Prozess zu identifizieren. Denn dann ist nicht sichtbar, welche Kunden, welche Aufträge oder welche Roboter von der Norm abweichen und manuelle Nacharbeit erfordern.

Wie geht es besser?

Die Intelligente Automatisierung reduziert den täglichen Verwaltungsaufwand, dafür steigt der Überwachungs- und Korrekturaufwand. Allerdings kann auch dies von künstlicher Intelligenz übernommen werden. Eine durchdachte Automatisierung beinhaltet eine automatische Kontrolle durch die KI. Richtig kalibriert erkennt sie Abweichungen und kann eigenständig fehlerhafte Ausführungen neu kalibrieren. Die KI bildet das gesamte System ab und kann antizipieren, wo und wann welche Ressourcen gebraucht werden und steuert diese entsprechend.

Wenn einzelne Applikationen, die von mehreren Bots genutzt werden, gewartet werden müssen (auch unvorhergesehen), sollten die Bots natürlich keine Fehler produzieren. Stattdessen müssen Unternehmen eine zentrale Stelle schaffen, die verhindert, dass tausende Vorgänge auf einmal fehlerhaft laufen. Definierte Wartestellen lassen Bots pausieren und die aufgelaufenen Vorgänge nach den Wartungsarbeiten strukturiert abarbeiten.

Fehler Nr. 3: Mangelndes IT-Personal

Für die Automatisierung sind die richtigen Mitarbeiter entscheidend. Bot-Anbieter versprechen oft, ihre Produkte seien leicht zu bedienen und einzuführen. Doch dahinter steckt oft auch viel Marketing. Ohne personelle Unterstützung, entsprechende Schulungen und idealerweise Experten im Hintergrund, sind Einführung und Betrieb meist nicht möglich.

Wie geht es besser?

Zu einer Ende-zu-Ende-Automatisierungsstrategie gehört auch, den Personalbedarf zu ermitteln: Welche Kompetenzen brauche ich, um den Betrieb technisch wie fachlich zu gewährleisten? Zwar können objektorientierte Programmierungen auch von Fachbereichen durchgeführt werden, jedoch muss das Wissen zunächst aufgebaut werden. Dabei hat jedes Unternehmen zusätzlich seine eigenen IT-Anforderungen, die erfüllt werden müssen. Natürlich kann man die Leistungen outsourcen, jedoch wird die Automatisierung ohne Spezialisten nicht gelingen.

Fehler Nr. 4: Bots und Programmierer bekommen zu viel Spielraum

In Unternehmen gibt es aus gutem Grund das Vier-Augen-Prinzip, welches oft gesetzlich gefordert ist. Es besteht das Risiko, dass jemand dem Arbeitgeber schaden und sich selbst bereichern kann. Vermehrt stellt man fest, dass Entwickler mit mehr Berechtigungen ausgestattet werden, als es die internen Richtlinien erlaubt hätten. Zudem nutzten die Programmierer gelegentlich keine Entwicklungsumgebung, sondern entwickelten direkt im Produktivsystem.

Die Gefahrenquelle wurde den Entscheidern erst bewusst, nachdem man ihnen den Prozess deutlich gemacht hat. Ein häufiges Beispiel: Ein und derselbe Programmierer hat die Möglichkeit, einen Kreditor anzulegen, Buchungen zu erfassen und diese auch durchzuführen. Kontrollinstanzen? Nicht vorhanden.

Wie geht es besser?

Es ist nicht empfohlen dem Programmierer blind zu trauen, auch wenn dieser keine schlechten Absichten verfolgt. Daher sollten Unternehmen schon während der Entwicklung darauf achten, welche Rechte sie den Entwicklern geben. Es empfiehlt sich, in kritischen Bereichen zum Beispiel auf sogenanntes Pairing zu setzen. Dabei wird ein Programmierer stets von einem zweiten kontrolliert. Nach wenigen Stunden übernimmt der zuvor Kontrollierende und wird nun von einem Dritten überwacht. Dies schließt versteckte Befehle aus und sorgt zugleich für einen möglichst effizienten Code.

Verdächtige Prozessabweichungen können auch von der KI überwacht werden. Benötigt ein Bot deutlich mehr Kapazität als üblich? Nutzt er andere Applikationen? Sind die Datenmengen ungewöhnlich gross? Findet ein Datenabfluss nach außen statt?

In jedem Fall sollten Unternehmen, die Prozesse automatisieren, ein klares Rollen- und Berichtskonzept schaffen, um die Compliance zu wahren.

Wenn Sie diese vier Punkte beachten, können Sie optimal von den Vorteilen und Effizienzen der Intelligenten Automatisierung profitieren.

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