• Reto Gareus, Partner |

Die Rolle der Unternehmenskultur im Kampf gegen Geldwäscherei

Finanzinstitute investieren kräftig in ihr Geldwäschereidispositiv, getrieben durch hohe regulatorische Anforderungen und Erwartungen, öffentlich bekannt gewordene Skandale, kostspielige Verfahren sowie die zugrunde liegenden Reputationsrisiken. Aber reichen gängige Massnahmen wie Investition in Technologie, Humankapital und interne Kontrollsysteme aus? Nicht wirklich.

Im Zentrum steht der Mensch

Fast allen Ereignissen um Geldwäschereiskandale und -verfehlungen ist gemeinsam, dass einzelne oder mehrere Personen in ihrer Funktion versagt oder zumindest nicht konsequent genug gehandelt haben. Meistens liegt dem Fehlverhalten die Verkaufskultur der betroffenen Institute zu Grunde, an deren Ergebnisse letztlich die Zielerreichung und monetäre Kompensation gekoppelt sind. Unbestritten ist, dass ein Finanzinstitut Geld verdienen muss, um im Markt zu bestehen. Schwierig erweist sich jedoch immer wieder die Entscheidung, bestehenden oder potentiellen Kunden mit hohem Risikoprofil Bankdienstleistungen anzubieten. Die Interessenkonflikte zwischen geschäftspolitischen und regulatorischen Gesichtspunkten liegen auf der Hand – Stichwort Risikoappetit.

Papier ist geduldig

Praktisch jedes Institut hat heute einen eigenen Verhaltenskodex, der als moralischer und ethischer Kompass dienen soll. Gerne wird dieser auf der Webseite der Institute öffentlich zugänglich gemacht. Doch sind wir ehrlich: Dieses Dokument alleine dürfte in den wenigsten Fällen ausreichend sein, um die gewünschte Einstellung, Kultur und das richtige Verhalten von Mitarbeitenden und Führungskräften zu beeinflussen. Massnahmen für eine effektive Geldwäschereibekämpfung wie bspw. den Ausbau des Personalbestandes in der zweiten Verteidigungslinie, der Qualifikationen oder der zugrunde liegenden Infrastruktur (Systeme, Technologien, Prozesse und Kontrollen) sind notwendig, aber bleiben letztlich abhängig von der Einstellung und dem Verhalten jedes einzelnen.

«Tone at the top» als wichtige Komponente für eine solide Compliance

Um den Vorgaben im Verhaltenskodex entsprechendes Gewicht zu geben, müssen sowohl der Verwaltungsrat als auch die Geschäftsleitung die von den Mitarbeitenden gewünschte Kultur und Integrität vorleben, idealerweise in Einklang mit der Geschäftsstrategie.

Doch wie können eine gute Compliance-Kultur und ein angemessener Führungsstil im täglichen Betrieb umgesetzt werden?

Im Idealfall werden folgende Punkte eingehalten:

  • Der Verwaltungsrat muss die Erwartung an die «zu lebende Kultur» und das erwartete Verhalten klar und transparent kommunizieren und für alle verbindlich schriftlich festhalten. Er muss sich zudem regelmässig mit diesem wichtigen Thema auseinandersetzen und sich über den aktuellen Stand im Unternehmen inkl. den wesentlichen Vorkommnissen informieren lassen. Konkret sind auch die entsprechenden Regelwerke wiederkehrend zu beurteilen und Anpassungen zur Kenntnis zu nehmen.

  • Die Geschäftsleitung ihrerseits ist angehalten, die vom Verwaltungsrat erlassenen Vorgaben im täglichen Betrieb umzusetzen und regelmässig deren Einhaltung wo möglich zu kontrollieren.
  • Die „Compliance-Funktion“ muss genügend Gewicht haben, um Compliance-Themen zu vertreten und durchzusetzen. Ermöglicht wird dies bspw. indem der Head Compliance Einsitz in der Geschäftsleitung nimmt und das Institut damit ein starkes Signal nach Innen als auch Aussen abgibt.
  • Die Compliance-Funktion sollte zusammen mit den Frontbereichen möglichst objektive Kriterien entwickeln, anhand welcher Fehlverhalten in Bezug auf die Bekämpfung der Geldwäscherei geahndet wird. Ebenso muss ein verbindliches Schulungsprogramm für die gesamte Belegschaft inkl. Führungskräfte aufgesetzt werden.
  • Alle Mitarbeitenden müssen die definierten Kriterien kennen und verstehen, wie Verfehlungen geahndet und gegebenenfalls sanktioniert werden.
  • Das Middle Office sollte zusammen mit der Compliance Funktion und Frontorganisation eine transparente Informationsbasis (Management Information) für die relevanten Anspruchsgruppen einführen. Denn Transparenz fördert gewünschtes Verhalten.
  • Die Vorgesetzten müssen die Kriterien in die Zielvereinbarungen ihrer Mitarbeitenden einfliessen lassen. Sie werden dabei von der Personalabteilung unterstützt. Ebenso sollte im Zielerreichungsprozess ein konsistenter Ansatz verfolgt werden, um bei geahndetem Fehlverhalten auf die monetäre Kompensation und/oder Beförderungen effektiv einwirken zu können. Dabei ist immer darauf zu achten, dass alle Betroffenen gleich behandelt werden, um den aufgestellten Prinzipien Wirksamkeit beizumessen.
  • Eine neutrale (externe) Meldestelle kann Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen, ein mögliches Fehlverhalten zu melden, wenn möglich auch auf anonymer Basis. Wichtig ist, dass der Umgang mit solchen Meldungen intern sauber geregelt wird und die Fälle von einer unabhängigen Stelle abgeklärt und bearbeitet werden.

Was ist der Nutzen?

Durch ein klares und transparentes Regelwerk wie oben beschrieben können Verfehlungen im Zusammenhang mit Geldwäscherei auf allen Funktionsstufen erfolgreich reduziert werden. Durch die gezielte Steuerung der Risiken und konsequente disziplinarische Eingriffe wird das Verhalten der Mitarbeitenden beeinflusst. Die Steuerungsinstrumente können zudem individuell auf den Risikoappetit einer Unternehmung abgestimmt werden. Zur Steuerung eingesetzte Bonus-/Malus-Systeme zum Beispiel haben sich in jüngster Zeit gut bewährt und fördern regelkonformes Verhalten

Sinnhaftigkeit einer Nulltoleranzkultur?

Eine gute Compliance-Kultur und ein angemessener Führungsstil sind wichtig, allein aber nicht ausreichend, um Finanzdelikten vorzubeugen. Sanktionen gegenüber Mitarbeitenden durchzusetzen, die die Compliance-Vorschriften nicht einhalten, ist ebenfalls wesentlich.

Kommt es zu einem Fehlverhalten oder Ereignis, stellt sich jedoch die Frage, wie „hart“ der betroffene Mitarbeitende, aber auch Führungskräfte sanktioniert werden sollen. Fehler werden oft ohne böse Absicht oder aus Unvorsichtigkeit begangen. Zudem kann eine zu harte Sanktionierung von Verfehlungen dazu führen, dass Fehler und Verstösse allenfalls sogar vertuscht werden.

Bei der Einschätzung des Schweregrads des Fehlverhaltens sollten verschiedene Kriterien (bspw. Seniorität, Verantwortlichkeit, Vorsatz oder Wiederholungsfall) berücksichtigt werden. Wichtig sind eine konsistente Beurteilung der einzelnen Fälle auf Basis gründlich recherchierter Fakten und eine konsequente Nachverfolgung. Der Belegschaft und den Führungskräften müssen der Durchsetzungswille wie auch die Durchsetzungskraft von möglichen disziplinarischen Massnahmen oder Sanktionen bekannt sein. Die Anwendung einer Nulltoleranz ist zur Zielerreichung aufgrund des Gesagten in keinem Fall förderlich, sondern schwächt die Struktur und die Kultur, die vorher mühevoll aufgebaut wurde.

Checkliste

Die folgenden Fragen sollte ein Finanzinstitut beantworten können, wenn es um Kultur, Integrität und Verhalten von Mitarbeitenden und Führungskräften zur Verhinderung von Geldwäscherei geht:

  • Wie ist unser Anreiz-, Bonus- und Beförderungssystem ausgestaltet? Bietet es Anreize für nicht-konformes Verhalten?
  • Besteht ein etabliertes Verfahren, welches allen Mitarbeitenden bekannt ist und aufzeigt, welche Verfehlungen geahndet und disziplinarisch angegangen werden?
  • Senden Verwaltungsrat und Geschäftsleitung die richtigen Signale, und sind die Erwartungen klar ausformuliert, oder sind diese eindimensional auf Profitabilität ausgerichtet?
  • Verstehen alle Angestellten die diesbezüglichen internen Verfahrensmechanismen?
  • Besteht genügend Transparenz, um Anspruchsgruppen(Verwaltungsrat, Geschäftsleitung, Führungskräfte, Compliance, Personalabteilung) über Vorfälle und Verfehlungen zu informieren?
  • Sind allfällige Disziplinarmassnahmen griffig genug (monetäre Einbussen oder Beförderungen)?
  • Berücksichtigen Zielvereinbarungs- und Zielerreichungsprozesse regelkonformes Verhalten, oder sind diese mehrheitlich auf monetäre Zielerreichung ausgerichtet?
  • Folgt unsere Geschäftsleitung den aufgestellten Regeln selber auch, und erfolgt eine regelmässige Überprüfung durch den Verwaltungsrat, insbesondere durch den Prüfungsausschuss?
  • Hat unsere Compliance-Funktion alle notwendigen Kompetenzen, um ihre Verantwortung wahrzunehmen?

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