Veräußerungen von Immobilienvermögen der öffentlichen Hand sind aufgrund vergabe- und beihilfenrechtlicher Fragestellungen regelmäßig Gegenstand von Judikatur und Literatur. Einerseits ist die Anwendbarkeit des Bundesvergabegesetzes (BVergG) zu prüfen, andererseits das EU-Beihilfenrecht zu berücksichtigen. Die EU-Kommission hat hier zwei Herangehensweisen für die Veräußerung aufgezeigt.

Öffentliche Immobilieneigentümer sehen sich in der Praxis immer wieder mit der Unsicherheit konfrontiert, ob ein geplanter Grundstücksverkauf in den Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes (BVergG) fällt. Aus diesem Grund werden bei Veräußerungen von Immobilien durch die öffentliche Hand in der Praxis oftmals freiwillig Vergabeverfahren nach dem BVergG durchgeführt. Rechtlich wären diese nicht erforderlich gewesen.

Verstöße verhindern

Die Unsicherheit wird durch jede zusätzliche Komplexität des Sachverhaltes bzw des Transaktionsgegenstandes erhöht. Sollen beispielsweise mit einem Grundstück auch Betriebs- oder Errichtungspflichten an den Erwerber überbunden werden, ist eine Anwendbarkeit des Vergaberechtes näher zu prüfen als in dem Falle der Veräußerung eines (unbebauten) Grundstückes. Grundsätzlich gilt: Die bloße Veräußerung von Immobilien durch die öffentliche Hand fällt idR nicht unter die Bestimmung des BVergG. Sobald die Veräußerung jedoch mit einem Beschaffungsvorgang iSd Vergaberechts verbunden ist oder die künftige Verwendung der Immobilie vertraglich geregelt wird1, ist das BVergG auf die Transaktion unter Umständen anwendbar.

Neben den (innerstaatlichen) vergaberechtlichen Fragen ist bei Grundstücksveräußerungen insbesondere auch das EU-Beihilfenrecht zu berücksichtigen. Wird ein Grundstück durch die öffentliche Hand nämlich unter seinem Verkehrswert verkauft, kann darin ein Verstoß gegen Art 107 des EU-Beihilfeverbots liegen. Die EU-Kommission hat in ihrer „Bekanntmachung über den Begriff der staatlichen Beihilfe“2 zwei Herangehensweisen für die Veräußerung von Immobilienvermögen aufgezeigt. Durch deren Befolgung können Vertreter der öffentlichen Hand Verstöße gegen das EU-Beihilfenrecht verhindern.

Klare Spielregeln

Der 1. Ansatz ist ein Verkauf im Rahmen eines wettbewerblichen, transparenten, diskriminierungsfreien und bedingungsfreien Bieterverfahrens. Wenn die Veräußerung von Immobilienvermögen in einem solchen Verfahren erfolgt, das mit den Vorschriften des AEUV3 zum öffentlichen Beschaffungswesen im Einklang steht, wird von Folgendem ausgegangen: Die Transaktion entspricht den Marktbedingungen und es liegt somit keine Beihilfe im Sinne des EU-Beihilfenrechts vor.

Ein Bieterverfahren ist dann als wettbewerblich zu qualifizieren, wenn grundsätzlich alle interessierten und qualifizierten Bieter daran teilnehmen können. Die Einhaltung der geforderten Transparenz bedeutet, dass in jeder Phase des Bieterverfahrens alle interessierten Bieter in gleicher Weise ordnungsgemäß informiert sind. Der Zugang zu Informationen, ausreichend Zeit für interessierte Bieter und die Klarheit über Auswahl- und Zuschlagskriterien sind dabei wesentliche Parameter.

Diskriminierungsfreiheit liegt dann in einem Bieterverfahren vor, wenn die festgelegten Zuschlagskriterien einen Vergleich und eine objektive Bewertung aller eingelangten Angebote ermöglichen. Ein Bieterverfahren zur Veräußerung von Immobilienvermögen ist dann bedingungsfrei, wenn es potenziellen Erwerbern – unabhängig davon, ob sie bestimmte Unternehmen betreiben – grundsätzlich freisteht, die zum Verkauf stehenden Immobilien zu erwerben und für ihre eigenen Zwecke zu nutzen.

Bei entsprechender Planung und Durchführung ermöglichen Bieterverfahren zur Veräußerung von Immobilien nicht nur die Erfüllung der Vorgaben des EU-Beihilfenrechts. Gleichzeitig sorgt das Verfahren auch für die Maximierung des erzielbaren Veräußerungserlöses einer Immobilie durch die Schaffung einer adäquaten Wettbewerbssituation. Da die Vorbereitung und Durchführung von Bieterverfahren in der Praxis aufwendig sind, werden diese meist nur bei der geplanten Veräußerung hochwertiger Immobilien durchgeführt.

Bieterverfahren sind die zielführendste Variante zur Veräußerung von Immobilien.

Genau begutachtet

Der 2. Ansatz ist der Verkauf ohne wettbewerbliches, transparentes, diskriminierungsfreies und bedingungsfreies Bieterverfahren zu einem von einem unabhängigen Sachverständigen ermittelten „Mindestkaufpreis“ (Verkehrswert). Dieses Verfahren stellt eine Alternative zur Durchführung eines Bieterverfahrens dar, nämlich durch die Erstellung eines Verkehrswertgutachtens durch einen unabhängigen Sachverständigen. Der auf Basis allgemein anerkannter Marktindikatoren und Bewertungsstandards festgestellte Verkehrswert stellt in der Folge den Mindestkaufpreis dar. Dieser kann vereinbart werden, ohne dass die Veräußerung zu diesem eine verbotene staatliche Beihilfe im Sinne des EU-Beihilfenrechts darstellen würde.

Die beste Variante

In der Praxis hat sich gezeigt, dass trotz des erhöhten Aufwands Bieterverfahren aufgrund der Schaffung einer geeigneten Wettbewerbssituation die zielführendste Variante zur bestmöglichen Veräußerung von Liegenschaftsvermögen darstellen. Dies gilt sowohl bei der Veräußerung von hochwertigen Immobilien als auch von komplexen Immobilien, für die eine gutachterliche Wertbeimessung mit erhöhter Unsicherheit verbunden ist. Die Vorteile des Bieterverfahrens werden auch durch den OGH (OGH, 19.01.2010, 4 Ob 154/10i) betont: Er hat festgestellt, dass nach den Wertungen der Bekanntmachung die Wertermittlung durch den Markt (Höchstgebot) Vorrang vor der letztlich immer fiktiven Beurteilung des Marktes durch ein Gutachten habe.

1 vgl EuGH 25.03.2010, C-451/08.
2 vgl Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 19. Juli 2016, C262/21, 8.9ff
3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union