Ein bisher oftmals vernachlässigtes Thema bekommt Relevanz: Die Verordnung Nr 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 regelt die Vergabe und Finanzierung von im öffentlichen Interesse liegenden Personenverkehrsleistungen durch die dafür zuständigen Behörden. Fristen sorgen dafür, dass die öffentliche Hand sich nun verstärkt um dieses Thema kümmert.

Im Kern geht es um jene Leistungen, die auf Basis der am Markt erzielbaren Erlöse von Verkehrsunternehmen nicht erbracht werden. Diverse Übergangsbestimmungen haben dazu geführt, dass sich die öffentliche Hand und ihre Tochterunternehmen diesem Thema zu Beginn nur sehr vorsichtig annäherten. Seit einigen Jahren ist verstärkt Druck zu verspüren, sich den Rahmenbedingungen der Verordnung zu unterwerfen und damit umgehen zu lernen – vermutlich ausgelöst durch drohende Fristen.

Transparenz im Fokus

Die Verordnung setzt im Wesentlichen auf das Instrument des öffentlichen Dienstleistungsauftrages. Dieser kommt entweder über eine Direktvergabe oder eine Vergabe im Wettbewerb zur Anwendung. Hintergrund für diese Regelungen ist nach dem allgemeinen Verständnis der Transparenzgedanke. Auf Basis der bisherigen Erfahrungen zeigt sich, dass einer proaktiven Gestaltung der Beziehung zwischen öffentlicher Hand und stadt- oder landeseigenen Unternehmen eindeutig der Vorzug zu geben ist. Aufgrund der unaufschiebbaren Wirkungen der Verordnung kann so zumindest das bestehende Verkehrsanbot in finanzieller Hinsicht abgesichert werden, wenn man auf eine rechtzeitige Umsetzung im jeweiligen Unternehmen achtet.

Auf einen Blick

Die diesbezüglichen Umstrukturierungsmaßnahmen umfassen in steuerlicher Hinsicht die folgenden wesentlichen Themen:

  • Inhouse-Vergabe: In vielen Fällen ist es erwünscht, auch zukünftig bei Dienstleistungsaufträgen auf das stadt- oder landeseigene Verkehrsunternehmen zuzugreifen, da dort bereits die entsprechende Infrastruktur vorhanden ist. Dazu ist es daher erforderlich, eine entsprechende Struktur herzustellen, die eine Direktvergabe an das eigene Verkehrsunternehmen ermöglicht.
  • Versorgungsbetriebeverbund: In körperschaftsteuerlicher Hinsicht hat sich der Versorgungsbetriebeverbund im Rahmen des § 2 Abs 4 KStG bewährt und sollte daher nach Möglichkeit auch nach der Umstrukturierung nicht verloren gehen. Entsprechende Vorkehrungen in Kombination mit Gruppenbesteuerung sind daher zu treffen.
  • Umsatzsteuer: Die genannte Verordnung enthält klare Regelungen, die eine Überkompensation im Rahmen des Dienstleistungsauftrages verhindern soll. Sie enthält allerdings auch eindeutige betriebswirtschaftliche Kriterien, nach denen ein solcher Dienstleistungsauftrag zu gestalten ist. Damit stellt sich die Frage, ob und mit welchem Steuersatz eine solche Ausgleichsleistung in umsatzsteuerlicher Hinsicht zu versteuern ist. Eine Patentlösung kann an dieser Stelle nicht präsentiert werden, da die Vorgehensweisen völlig unterschiedlich gewählt werden.
  • Gebrauchsabgabe: Zu guter Letzt ist zu hinterfragen, ob das jeweilige Gebrauchsabgabegesetz und ihre dazugehörige Verordnung die Einhebung einer Gebrauchsabgabe auch nach einer Neustrukturierung erlaubt. Hier sind gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen. In der Praxis zeigt sich, dass die Gebrauchsabgabe häufig ein wenig stiefmütterlich behandelt wird.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass die proaktive Herangehensweise mit vielen Vorteilen verbunden ist. Es sollte allerdings mit einem ausreichenden Zeitpolster geplant werden, da der Eingriff in bestehende Strukturen üblicherweise mit umfangreichen Änderungen, nicht nur rechtlicher und steuerlicher Prozesse, verbunden ist. Besonders für die involvierten Personen bedeutet dies eine grundsätzliche Änderung im Mindset.