Die Pandemie wurde zum Game Changer für die jüngste Käufergeneration. Welche veränderten Bedürfnisse müssen Versicherer hierbei über welche (Online-)Kanäle und in welcher Kommunikationsform adressieren? KPMG hat Vertreter dieser Generation befragt und in Erfahrung gebracht, wie Versicherer mit der Generation Z auf Augenhöhe in Kontakt treten können. Ein Leitfaden für Versicherungen.

Mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter tauchen sie plötzlich auf: unsere Ängste. So ergeht es auch aktuell dem kaufkräftigen Nachwuchs, der Generation Z (Gen Z). COVID-19 und der mögliche Verlust von Ausbildungs-/Studien- bzw in weiterer Folge Arbeitsplätzen sowie Kaufkraft macht die jüngste Generation auf ihre finanzielle Gesundheit aufmerksam. Diese Ängste bringen sie dazu, für zukünftige Bedürfnisse zu sparen – über individuelle Vorsorge durch Versicherungen und das Experimentieren mit Kryptowährungen.

Der Game Changer

Um dieses Verhalten genauer zu beleuchten, hat KPMG Austria innerhalb des eigenen Unternehmens eine Umfrage1 unter Gen Z-Mitarbeitern durchgeführt. Das Ziel: zu erfahren, inwiefern ihre Einstellung zum Thema Versicherung durch COVID-19 beeinflusst wurde. Dass sich ihre Einstellung gegenüber Versicherungen durch die Krise verändert hat, gaben dabei rund 50 Prozent an. Die Hälfte von ihnen hat sich schon über konkrete Produkte wie zB eine private Krankenversicherung informiert. Weitere acht Prozent haben während der Pandemie bereits eine neue Versicherung abgeschlossen: COVID-19 hat in der Gen Z demnach die Aufmerksamkeit für das Thema Versicherung bzw Sicherheit spürbar erhöht. Versicherungen sollten daher jetzt das Momentum nutzen und proaktiv sowie unter Berücksichtigung zu beachtender Do’s and Don’ts mit passenden (digitalen) ­Versicherungslösungen auf die Gen Z zugehen.

Erfolgsfaktor Kommunikation

Der maßgebliche Kommunikationsanteil der Gen Z findet online statt, über Mobile Apps wie Instagram, TikTok oder Snapchat. Während WhatsApp laut Social Media Report 20202 der am meisten genutzte Kanal für die tägliche (One-to-One-Beziehungen) Kommunikation ist, eignet sich Instagram besonders für den Aufbau und die Pflege von One-to-Many- bzw Many-to-Many-Beziehungen von Unternehmen und der Gen Z, die 28 Prozent aller Instagram-Nutzer in Österreich ausmacht. Studien zeigen auch, dass Instagram-Nutzer sich stärker mit Unternehmen vernetzen als Nutzer anderer sozialer Netzwerke. Rund 57 Prozent der Gen Z in Österreich verwendet außerdem die video-based App TikTok, die mit einem Plus von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr laut Jugend-Internet-Monitor 20213 zu den am schnellsten wachsenden Plattformen in dieser Zielgruppe zählt. Social Media stellt generell eine essenzielle Komponente im Leben der Gen Z dar: Das Smartphone ist ihr ständiger Begleiter, ob als Tool für Kommunikation, Streaming, Shopping und Interaktion in sozialen Netzwerken oder für Organisation, E-Mails und Online-Banking. Laut einer KPMG Studie4 würde die Gen Z sogar lieber ihre Geldbörse anstatt ihr Smartphone verlieren.

Keine Bindungsängste

Hat Loyalität und damit Kundenbindung für diese Generation überhaupt noch Bedeutung? Laut KPMG Austria Umfrage setzt eine wirksame Gestaltung der Kundenbindung mit der Gen Z jedenfalls ein tiefes Verständnis dieser Generation voraus. Unabhängig von unterschiedlichen Lebenssituationen konnten dabei folgende wesentliche Anforderungen seitens der Teilnehmer an Unternehmen identifiziert werden: Qualität und Transparenz, Verfügbarkeit verschiedener (Online-) Kanäle, einfache Lösungen mit gut aufbereiteten Informationen und digitalen Services sowie mehrwertige persönliche Kommunikation und Beziehungen. Im Falle der Erfüllung jener Anforderungen geben die Teilnehmer an, längerfristigen Kundenbeziehungen gegenüber durchaus offen zu sein: So hatten 68 Prozent bisher branchenübergreifend mindestens eine Kundenbeziehung, die länger als fünf Jahre andauerte. 37 Prozent hatten sogar eine, die mindestens zehn Jahre bestand. Vor einem Wechsel scheut die Gen Z nach eigenen Angaben dennoch nicht zurück, sobald ein anderes Unternehmen ihre Bedürfnisse besser erfüllt. Für 75 Prozent der Teilnehmer stellt eine negative Customer Experience mit dem Versicherer (zB bei der Schadenmeldung) einen sofortigen Grund für einen Versichererwechsel dar. Für 68 Prozent ist eine bessere Kundenbetreuung beim Mitbewerb ausschlaggebend. Darüber hinaus sind bessere Konditionen (49 Prozent) sowie digitale Möglichkeiten (30 Prozent) beim Mitbewerb weitere maßgebliche Wechselgründe. In jedem Fall treffen die Teilnehmer Wechselentscheidungen eher spontan: Ganze 66 Prozent beschäftigen sich gedanklich weniger als eine Woche mit einem potenziellen Wechsel, bevor sie eine endgültige Entscheidung treffen.

Die Generation Z


Als Gen Z gelten rund ein Fünftel (17 Prozent, Stand: 1. Jänner 2020) der österreichischen Bevölkerung. Man versteht darunter jene Personen, die zwischen 1997 und 2012 geboren wurden.5 Sie sind die erste vollkommen digitale Generation, aufgewachsen mit Smart-Geräten. Die Gen Z wird in einem Jahrzehnt voraussichtlich die größte Konsumentengruppe weltweit darstellen.

Gen Z

Auf Augenhöhe

Beim Versicherer ihrer Wahl schätzen die Teilnehmer Folgendes besonders: ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, ein zu ihnen passendes Image und Werte sowie die Möglichkeit zur digitalen Kommunikation und Verwaltung. Freunde, Familie und Bekannte stellen dabei den Haupteinflussnehmer in Versicherungsentscheidungen dar. 72 Prozent der Teilnehmer geben an, selbst bereits mindestens eine Versicherung zusätzlich zu Pflichtversicherungen abgeschlossen zu haben. Das bedeutet: Sie haben sich zumindest anlassbezogen schon einmal mit dem Thema Versicherungen auseinandergesetzt. Akutes Verbesserungspotenzial benennen die Teilnehmer besonders hinsichtlich der Transparenz in Preisgestaltung und Produktzusammensetzung. Sie wünschen sich allgemein ein breiteres digitales Leistungsangebot. Die gute Nachricht für Versicherungsunternehmen: Die Gen Z ist zwar anspruchsvoll und vielseitig, aber im Vergleich zu älteren Generationen durchaus bereit, für hervorragende Kundenerlebnisse mit persönlichen Daten zu bezahlen, wie auch
die Adobe’s Across the Ages-Studie6 zeigt. Verlässliche, aber dennoch abwechslungsreiche, positive Customer ­Experience schafft wertvolles Vertrauen und legt den ­Grundstein für nachhaltige Kundenbindung.

Die gemeinsame Reise

Wie gelingt aber nun die Gestaltung einer abwechslungsreichen, positiven Customer Experience für die Gen Z? Gerade im Rahmen der (digitalen) Kommunikation entlang der gesamten Customer Journey ist es für Versicherer dabei jedenfalls entscheidend, die für die Gen Z relevanten (Online) Touchpoints zu kennen und diese bedürfnisgerecht zu bespielen. Hierbei stellt die Ausgestaltung digitaler Kommunikationsinhalte einen wesentlichen Erfolgsfaktor für eine nachhaltige Kundeninteraktion dar. Eine kanalübergreifende Koordination digitaler Touchpoints inklusive nachhaltiger Social Media-Strategie ist dabei unabdingbar, um vertriebliche Relevanz auf eigenen digitalen Kanälen sowie Vergleichs- oder Partnerplattformen zu erzeugen. Diese sollte auf einem authentischen, transparenten und informativen Online-Auftritt basieren. Gleichzeitig muss sie die kurze Aufmerksamkeitsspanne der Gen Z von nur acht Sekunden berücksichtigen und den Fokus folglich auf inhaltlich komprimierte, aussagekräftige und einprägsame Botschaften legen. Die digitale Kommunikation mit der Gen Z lässt sich dabei besonders effektiv mit leicht konsumierbarem, emotional aufgeladenem Bild- und Video-Content aufbauen und steuern – sei es im Rahmen von User Generated Content, humorvollen oder provokanten Ads, Storytelling oder Community Management. Auf inhaltlicher Ebene muss vor allem das Produktangebot einfach und verständlich dargestellt sein sowie ein klares Leistungsversprechen beinhalten. Zur Untermauerung eines authentischen Leistungsversprechens können auch gezielt Trust-Faktoren (zB Gütesiegel, inhaltsstarke Experten-Blogs) eingesetzt werden. Auf prozessualer Ebene erwartet die Gen Z von ihrem Versicherer außerdem 24/7 Verfügbarkeit im digitalen Vertrieb, wobei der persönliche Kontakt nach wie vor geschätzt und nachgefragt wird. Digitale Kommunikationstools wie Chatbots können hierbei aus Versicherungsperspektive unterstützend zum Einsatz kommen. Neben flexiblem, schnellem und online-fokussiertem Service sind für die Gen Z außerdem effiziente Abschlussprozesse ein wesentlicher Hygiene-Faktor in Kaufentscheidungen und entscheidend für eine positive Customer Experience.

Seite an Seite

Das Fazit: Die Gen Z verfügt über frühe Finanzkompetenz und ist bereit für nachhaltige Beziehungen. Sie ist in einer digitalisierten Welt aufgewachsen und daher deutlich früher mit digitalen Finanzprodukten in Kontakt, als es vorherige Generationen erlebt haben. Eine wertvolle Chance für alle Versicherer liegt also darin, in jene digitale Finanzkompetenz der zukünftig größten Käufergeneration zu investieren, indem (digitale) Kundenbeziehungen proaktiv aufgebaut und gesteuert werden. Neben der gezielten Erfüllung identifizierter Kundenbedürfnisse im Rahmen einer positiven Customer Experience sind für eine Vertrauensbildung mit der Gen Z auch authentisch gelebte nachhaltige Werte und Prinzipien seitens des Versicherers essenziell. Konkrete Schlüsselfaktoren dieser Vertrauensbildung sind unter anderem Kommunikation auf Augenhöhe, transparente Rahmenbedingungen (im Sinne einer glaubwürdigen und nachvollziehbaren Preisgestaltung und Leistungsbeschreibung), ein hohes Maß an Flexibilität und individuelle (digitale) Lösungen. Die notwendige Technologie zur Personalisierung jener Lösungen existiert, um Verhaltensmuster zu erkennen und gezielt individuelle Interventionen zu setzen. Insbesondere im Neugeschäft oder Cross-/Up-Selling sichert diese Form der Kommunikation und Interaktion Bestandswachstum und höhere Abschlussquoten.

1 KPMG (2021): Gen Z-Umfrage: 67 Personen (52 Prozent w, 48 Prozent m), Durchschnittsalter: 24,8 Jahre, Wohnsitz: Österreich, 64 Prozent berufstätige Studierende, Zeitraum: April und Mai 2021
2 Artworkx (2020): Social Media Report 2020, Österreich (abgerufen: 15. September 2021)
3 Saferinternet.at (2021): Jugend Internet Monitor 2021 (abgerufen: 15. September 2021)
4 KPMG (2021): Me, my life, my wallet (abgerufen am: 15. September 2021)
5 Pew Research Center (2019): Defining generations: Where Millennials end and Generation Z begins (abgerufen: 15. September 2021)
6 Adobe (2019): Across the Ages (abgerufen: 15.September 2021)