Nach einem Jahr des Umbruchs hoffen Ingenieur- und Bauunternehmen, die Zahl der Projektrisiken und -ausfälle deutlich zu verringern, indem sie die Art und Weise, wie sie Risiken in ihrem gesamten Portfolio verwalten, verändern. Dies zeigen die Ergebnisse der 13. Ausgabe der Umfrage „Global Construction Survey 2021“. Unter dem Titel „No turning back, An industry ready to transcend“ wird eine Branche dargestellt, die an der Schwelle zum Wandel steht. Die aktuelle Fassung beschäftigt sich mit der Frage, ob die Anpassungen an die Pandemie nur vorübergehender Natur oder ein Signal für dauerhafte Veränderungen sind. Darüber hinaus wird ein Blick auf die große Herausforderung der Diversität in der Branche geworfen.
Ein ganzheitlicher Blick auf das Risiko
Die Ergebnisse zeigen, dass obwohl nur 36 Prozent der Befragten aus ihrer Sicht gut auf die Pandemie vorbereitet waren, die große Mehrheit der Meinung ist, dass sie in der Lage waren, schnell zu reagieren und sich zu erholen. Nachdem die Baubranche in der Pandemie kurzfristige Maßnahmen gesetzt hat, um die Auswirkung auf die Geschäftsleistung möglichst gering zu halten, scheint es, als ob die Bauunternehmen sich von Projekten mit unkontrollierbaren Risiken abwenden. Die Risiken werden von den Auftragnehmern weg verlagert und führen zu einem ungewöhnlich hohen Maß an Zusammenarbeit, um die erhöhten Auswirkungen auf Kosten und Zeitpläne zu bewältigen. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen einen optimistischen Ausblick: Zwei Drittel der Bauherren rechnen mit einer Ausweitung ihrer Investitionsprogramme und die Hälfte aller Befragten ist "sehr" oder "einigermaßen" optimistisch, was die künftige Entwicklung des Baumarktes angeht.
Das Risikomanagement ist dabei von zentraler Bedeutung für die Verbesserung der Widerstandsfähigkeit von Unternehmen. 60 Prozent der Befragten gaben an, dass sie einen ganzheitlicheren Blick auf Risiken gewinnen möchten, indem sie die Integration und Sichtbarkeit zwischen Unternehmens-, Portfolio- und Projekt-Risikomanagement verbessern. Zwei Drittel der Befragten planen mäßige oder hohe Investitionen hinsichtlich Risikomanagement.
Mutige und kohärente Technologieinvestitionen
Aufgrund der Pandemie waren Unternehmen gezwungen auf andere und effizientere Weise zu arbeiten und mussten Kommunikation sowie Vernetzung durch die Einführung innovativer Technologien wie Videokommunikation verbessern. 50 Prozent der Ingenieurbüros und Bauunternehmen planen nach den Verbesserungen und Effizienzsteigerungen durch Fernarbeit sowie digitale Zusammenarbeit erhebliche Investitionen in Technologien. Darüber hinaus empfinden sowohl Bauunternehmer als auch Bauherren Technologie als zweitwichtigstes Element zur Bewältigung von Störfällen.
Angesichts einer Vielzahl von geografischen Standorten, fragmentierten Lieferketten und einer ständigen Flut an neuen Softwares haben die Unternehmen jedoch Schwierigkeiten, Risiko- und Projektmanagement effektiv zu integrieren. Nur 16 Prozent der befragten Führungskräfte gaben an, dass ihre Unternehmen über vollständig integrierte Systeme und Tools verfügen. Ähnlich verhält es sich mit der Automatisierung - nur sechs Prozent geben an, alle oder große Teile ihrer Geschäftsprozesse automatisiert durchzuführen, obwohl diese gegebenenfalls manuelle Aufgaben ersetzen und beschleunigen sowie aktuellere und genauere Informationen liefern können.
Langsame, aber stetige Fortschritte bei Diversität, Gerechtigkeit und Integration
In allen Branchen bemühen sich die Unternehmen um die Schaffung eines vielfältigeren und integrativeren Arbeitsumfelds. Der globale Ingenieur- und Bausektor ist in der Vergangenheit nicht für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion bekannt gewesen, was sich auch in der diesjährigen Umfrage widerspiegelt: Die Bemühungen der meisten Unternehmen werden als noch im Anfangsstadium bezeichnet. Nur 46 Prozent der befragten Unternehmen verfügen derzeit über ein Programm für den Aufbau vielfältiger und integrativer Teams. 68 Prozent der Befragten gaben hingegen an, dass ihr Unternehmen Schulungen, Fortbildungen und Sensibilisierungsmaßnahmen zum Thema Diversität durchführt und 58 Prozent möchten sich für mehr Diversität bei den Einstellungsprozessen einsetzen.
Eine Branche am Wendepunkt
Die Umfrage zeigt, dass das Baugewerbe noch einen weiten Weg vor sich hat, um anspruchsvolle und ganzheitliche Risikomanagementverfahren zu entwickeln. Die Standards variieren stark zwischen den einzelnen Unternehmen und den verschiedenen Bereichen. Die Branche steht kollektiv an einem Wendepunkt: Entweder sie setzt den derzeitigen Weg der konservativen Investitionen einzelner Interessengruppen fort oder sie arbeitet zusammen, um gemeinsame Vorteile zu erzielen. Schlussendlich wird sowohl Eigentümern als auch Ingenieur- und Bauunternehmen empfohlen in Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI), maschinelles Lernen, robotergestützte Prozessautomatisierung und digitale Arbeit zu investieren.
Außerdem hat eine Reihe von Studien gezeigt, dass Unternehmen mit größerer Diversität aus verschiedenen Branchen in Bezug auf Umsatz, Rentabilität, Innovation und Personalfluktuation besser abschneiden als ihre Konkurrenten. Die Branche braucht daher neue Talente und neue Wege zur Bewältigung langjähriger Herausforderungen. Denn ein vielfältiges Unternehmen ist auch ein innovativeres und anpassungsfähigeres Unternehmen.
Über die Umfrage
Die KPMG Umfrage untersucht aktuelle Trends und Herausforderungen für Bauunternehmen und zeigt die Perspektiven von 186 Führungskräften aus Ingenieur- und Bauunternehmen sowie Projektentwicklern aus verschiedenen Bereichen auf. Ein Großteil der Daten wurde durch persönliche Interviews mit leitenden Angestellten aus Unternehmen, die bedeutende Investitionsprojekte durchführen, gesammelt. 39 Prozent der Befragten stammten aus Projekt- oder Infrastruktureigentümerorganisationen und 61 Prozent aus Ingenieur- bzw Baufirmen.