Ende 2018 hat der Gesetzgeber das Steuerkontrollsystem (SKS) im Rahmen der sogenannten begleitenden Kontrolle gesetzlich definiert. In dieser ersten Phase wurde der Standard in der Praxis „getestet“. Nunmehr implementieren viele Unternehmen diesen Standard auch außerhalb der begleitenden Kontrolle. Der Fokus liegt auf einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Digitalisierung von Prozessen und der Steuerfunktion, sowie einer Haftungsreduktion und Planungssicherheit im Bereich der Steuern.
1. Hintergrund und Rahmenbedingungen
Mit dem Jahressteuergesetz 2018 wurde die Begleitende Kontrolle als Alternative zur klassischen Außenprüfung gesetzlich normiert. Eine Voraussetzung für den Wechsel in die Begleitende Kontrolle ist ein implementiertes und – durch eine Steuerberaterin bzw einen -berater oder eine Wirtschaftsprüferin bzw einen -prüfer – begutachtetes Steuerkontrollsystem (SKS).
Das SKS ist ein Teil des Internen Kontrollsystems im Unternehmen, mit dem Ziel, die wesentlichen steuerrelevanten Risiken aus den Standardabläufen bzw dem Standardgeschäft so weit wie möglich zu minimieren und bei abweichenden wesentlichen Sachverhalten eine rechtzeitige Einbindung der Steuerabteilung oder von externen Beratern sicherzustellen.
Diese Anforderung war von den Pilotunternehmen des Horizontal Monitorings bereits bis 30.06.2019 umzusetzen (inklusive der geforderten Begutachtung), damit diese Pilotunternehmen weiterhin an der begleitenden Kontrolle teilnehmen konnten (§ 323 Abs 5 BAO). Durch die Begleitung der Pilotunternehmen, wurden zahlreiche Erfahrungswerte bei Implementierung und Begutachtung („Zertifizierung“) eines SKS gewonnen und Best Practice-Ansätze entwickelt.
Nach der Einführung der gesetzlichen Vorgaben nutzen in der jetzigen zweiten Phase viele Unternehmen die Möglichkeiten und Vorteile, die ein (begutachtetes) SKS bietet, auch außerhalb der begleitenden Kontrolle. Dazu gehören kapitalmarktorientierte Unternehmen, Unternehmen des öffentlichen Bereichs, Unternehmen aus regulierten Branchen (insbesondere Banken, Versicherungen und Pensionskassen) und generell Unternehmen, die eine starke Außenwirkung haben und im Bereich der digitalen Prozessgestaltung auf die Etablierung von effektiven Kontrollen nicht verzichten wollen.
2. Gründe für die Einführung eines SKS
Die Gründe für die Einführung eines SKS liegen nicht zwingend in einer beabsichtigten Teilnahme an der begleitenden Kontrolle. Sie liegen häufig in dem immer stärker werdenden Risikobewusstsein von Unternehmen und der beabsichtigten Verminderung von
- finanzstrafrechtlichen Risiken und Haftungen für die verantwortlichen und handelnden Personen, sowie für das Unternehmen (Verbandsverantwortlichkeit)
- finanziellen Risiken (zB Steuernachzahlungen, Zinsen, Säumniszuschlag, Verspätungszuschlag)
- Reputationsrisiken oder
- Geschäftsrisiken (zB bei Ausschreibungen).
Neben dieser Funktion als „Haftungsschutzschild“ führt ein SKS zu praktischen Vorteilen für Unternehmen. Ein SKS
- kann zu einer ressourcenschonenden Betriebsprüfung führen (Behandlung als „vertrauenswürdiger Steuerpflichtiger“).
- bringt Planungssicherheit im Bereich der Steuern.
- ermöglicht Prozessoptimierung der End-to-End-Prozesse im Sinne von Best Practice-Ansätzen und Nutzung von Möglichkeiten im Bereich der Digitalisierung.
- unterstützt bei der Digitalisierung der Steuerfunktion
- an sich.
- trägt zum steuerlichen Wohlverhalten bei.
- führt zu einem positiven Bild des Unternehmens nach außen, wie zB im Nachhaltigkeitsbericht.
Ein angemessenes SKS unterstützt auch die Erfüllung von Anforderungen in anderen Bereichen. Beispielsweise wurde im Rahmen der COVID-19-Förderungen „steuerliches Wohlverhalten“ als Bedingung für die Erlangung der Förderungen eingeführt.
Beim Erstellen eines Nachhaltigkeitsberichts (ESG Reporting) in Übereinstimmung mit den GRI Standards ist auch der Standard betreffend Steuern zu beachten (GRI 207 seit 01.01.2021). Die dort geforderten Angaben decken sich zu einem großen Teil mit den erforderlichen Inhalten eines SKS.
3. Kritische Erfolgsfaktoren bei der Einführung eines SKS
Damit das SKS zu einem Unternehmenserfolg wird und in die gelebte Praxis übergeht, sind folgende Faktoren entscheidend:
- Der gesamte Vorstand trägt das SKS mit.
- Es ist kein „CFO-internes“ Projekt; alle Bereiche müssen das Projekt nicht nur bei Einführung, sondern auch beim laufenden Betrieb mittragen.
- Prozessorientiertes Denken ist erforderlich und alle relevanten Bereiche sind zu involvieren.
- Es gibt keine „One Size Fits All“-Lösungen: Das SKS muss in der täglichen Praxis gelebt werden (können); empfehlenswert ist das Aufsetzen auf bereits vorhandenen und akzeptierten Maßnahmen und deren Weiterentwicklung zum SKS-Standard.
- Ein „Roter Faden“ in der Dokumentation mit klarem Fokus auf Übersichtlichkeit und Wesentlichkeit.
4. Zusammenfassung
Seit Einführung der gesetzlich normierten SKS Standards haben sich zahlreiche Unternehmen bei der Implementierung eines SKS in der Praxis daran orientiert. Dies auch außerhalb einer Teilnahme an der begleitenden Kontrolle, weil ein angemessenes SKS nicht nur finanzstrafrechtliche Risiken beschränkt (Haftungsschutzschild), sondern auch andere Vorteile mit sich bringt. Ein SKS bietet auch für den Aufsichtsrat mehr Sicherheit bei seiner Aufgabe zur Überwachung des Rechnungslegungsprozesses: ein wirksames SKS zeigt, dass der Rechnungslegungsprozess in diesem Teilbereich mit hoher Wahrscheinlichkeit angemessen ist.
Die Praxiserfahrung zeigt, dass bei der Einführung eines SKS auf bestimmte kritische Erfolgsfaktoren zu achten ist, damit die Implementierung erfolgreich abgeschlossen werden kann.
Ebenso gewinnen automatisierte, wie auch KI-basierten Steuerkontrollen in der Praxis immer mehr an Bedeutung. Gut aufgesetzt, können sie maßgeblich die Eintrittswahrscheinlichkeit von Fehlern reduzieren und in der Fehlerentdeckung unterstützen. Dadurch kann die Datenqualität gesteigert und die Prozessstandardisierung vorangetrieben werden. Es ermöglicht, dass steuerrelevante Prozesse im ERP-System nachhaltig und skalierbar iSv Best Practice-Ansätzen aufgesetzt werden.
KPMG Ansprechpartner
Mag. Andreas Helnwein
KPMG Austria
Mag. Kirstin Krippner
KPMG Austria