Warum ESG-Strategien für Banken genau jetzt entwickelt werden müssen
Das Akronym „ESG“ ist in aller Munde und wird das dominierende Thema für Banken in den kommenden Jahren sein – wesentlich mehr noch als beispielsweise bei der Regulatorikwelle nach der Finanzkrise 2007/08. Die Buchstaben ESG stehen dabei für Verantwortungsübernahme in den Bereichen
- Ökologie (Environmental – die Rücksichtnahme auf die Umwelt),
- Soziales (Social – der Umgang mit gesellschaftlichen und sozialen Fragen) sowie
- gute Unternehmensführung und -steuerung (Governance – die verantwortungsbewusste Ausgestaltung von Unternehmen und deren Führungsprinzipien).
ESG gibt dem breiten Begriff von Nachhaltigkeit (bzw im Englischen „Sustainability“) mehr Struktur, da Kriterien und Ziele den drei Dimensionen zugeordnet werden können und dabei der inhaltlichen Breite von Ansatzpunkten und Herausforderungen mehr Präsenz gegeben wird.
Sustainable development is more than a goal. It is our responsibility to our planet and future generations.
Dass ESG vom Nischenthema im Mainstream angekommen ist, ist nicht zuletzt auf zwei essenzielle internationale Meilensteine von 2015 und 2016 zurückzuführen. Das ist zum einen das Übereinkommen zu den von allen Mitgliedsstaaten der United Nations (UN) unterzeichneten Sustainable Development Goals (SDG), einem Set von 17 essenziellen Zielen bis 2030 für nachhaltige Entwicklung (zB Armutsbekämpfung, sauberes Wasser, Zugang zu Bildung für alle, Chancengleichheit, Schutz von Ökosystemen und Biodiversität, Erhalt von Frieden und Stärkung von Institutionen). Zweites wichtiges Übereinkommen ist das von rund 190 Staaten unterzeichnete Pariser Klimaabkommen, das das Ziel verfolgt, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter 2,0° Celsius zu begrenzen (mit Anstrengungen für eine Beschränkung auf 1,5° Celsius). Weiters wurde im Jahr 2019 der europäische Meilenstein „Green Deal“ bekannt gegeben, dieser wird auch als „Europe’s Man on the moon moment“ bezeichnet und soll dazu beitragen, dass bis 2050 Klimaneutralität erreicht wird. Er gilt als Fahrplan für eine nachhaltige und zukunftsfähige Wirtschaftsweise in der EU.1
Neben der Tatsache, dass ESG-Risiken in vielen Regierungsprogrammen weltweit angekommen sind (so zB in Österreich im Rahmen der Klima- und Energiestrategie, der #mission2030), haben die Kapitalmärkte die Vorteile langfristiger nachhaltiger Entwicklung bereits für sich entdeckt: Prominente Asset Manager wie BlackRock haben von ihren Beteiligungen gefordert, ESG zu berücksichtigen oder es haben viele Unternehmen begonnen, ihre Geschäftsmodelle auf Zukunftstragfähigkeit zu überprüfen und anhand nachhaltiger Gesichtspunkte transformiert.
Auch wenn nachhaltiges Wirtschaften nicht nur Finanzdienstleister betrifft, wird diesen Unternehmen eine zentrale Rolle in der Transformation und Transition zugeschrieben. Banken sollen als wichtige Katalysatoren die Kapitalbereitstellung für entsprechende Entwicklungsprojekte sicherstellen. Außerdem sollen zukunftsträchtige Branchen/Unternehmen gefördert und nachhaltige Finanzprodukte entwickelt werden.
Exemplarische Übersicht von Inhalten und Rahmenbedingungen von ESG bei Banken
Um die Beachtung und Forcierung von ESG-Kriterien einheitlich und rasch voranzubringen, gibt es ein Set unterschiedlichster Regularien, die sich teilweise bereits in Umsetzung befinden (zB das Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG), das die Non-Financial Information1 (NFI)-Richtlinie (2014/95/EU) der EU in Umsetzung gebracht hat oder Teile der EU-Offenlegungsverordnung (2019/2088), die seit März 2021 anwendbar sind) und teilweise erst umgesetzt werden (zB die Leitlinien zu Kreditvergabe und -überwachung (EBA/GL/2020/06), die Taxonomie-Verordnung der EU (2020/852)).
Neben vielen regulatorischen Vorgaben im Kontext von ESG, muss ein dringendes Anliegen von Banken sein, ESG auch aus einem strategischen Blickwinkel zu betrachten. Zins- und Margendruck, veränderte Anforderungen von Kunden und deren Bedürfnisse, Erfordernis von Kosteneffektivität und Digitalisierung oder Plattform Banking erfordern, dass Banken sich konsequent mit ihrem Blick in die Zukunft auseinandersetzen und Veränderung einleiten, wenn sie in den kommenden Jahren und Jahrzehnten noch erfolgreich sein wollen. Dafür muss Nachhaltigkeit eine der zentralen Überschriften sein.
Eine gelungene ESG-Strategie ist eine, die nicht bei der Regulatorik aufhört, sondern über diese hinaus das Zielbild der Bank hinsichtlich
- Kundinnen und Kunden,
- Produkte, Services und Lösungen (über das klassische Bankgeschäft hinausgehende),
- Betriebsmodell und
- gesellschaftlichen Beitrag
skizziert und mit Zielen versieht. Bereits 2020 haben über 50 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten bei ihren Kaufentscheidungen die Umwelt- und Sozialpraktiken von Unternehmen berücksichtigt und dieser Anteil wird zukünftig weiter ansteigen. Nachhaltig geführte Unternehmen haben signifikant bessere wirtschaftliche Performances. Und nicht zuletzt: There is no planet B.
Es gibt viele weitere gute Gründe, eine ESG-Strategie zu entwickeln, aber keinen guten Grund, es nicht zu tun.
Weitere Informationen entnehmen Sie unserer Broschüre
1 Die NFI-Richtlinie befindet sich derzeit in Überarbeitung. Details dazu befinden sich auch unter diesem Link.