SPAC-Börsengänge sind derzeit in aller Munde. Durch die Fusion mit einer an der Börse gelisteten leeren Hülle werden Unternehmen über einen beschleunigten Weg an die Börse gebracht. Die aktuell hohe Liquidität in den Märkten und das hohe Bewertungsniveau bringt und verleitet immer mehr Unternehmen dazu, diese Möglichkeit eines schnelleren Börsengangs zu nutzen.
SPAC steht für „Special Purpose Acquisition Company“: Es handelt sich dabei um leere Unternehmenshüllen, die an einer Börse gelistet sind. Ursprünglich in den 1990er Jahren in Erscheinung getreten, sind SPACs seit 2019 wieder im Vormarsch. Im ersten Quartal 2021 wurde bereits mehr in SPACs investiert als im gesamten Jahr 2020.
Das 1 x 1
SPACs geben Unternehmen die Möglichkeit einer Kapitalbeschaffungsmaßnahme mittels Börsengang – mit einem auf den ersten Blick wesentlich geringeren Arbeits- und Zeitaufwand, insbesondere durch den teils reduzierten Umfang der Prospektangaben: SPACs werden zumeist mit einer vordefinierten Branche für ein oder mehrere noch zu akquirierende operative Zielunternehmen gegründet und an die Börse gebracht. Mit dem so eingesammelten Kapital von mitunter bis zu mehreren hundert Millionen USD hat das Management in der Regel zwei Jahre Zeit, eine oder mehrere Akquisitionen durchzuführen. Bis zur Durchführung dieser Akquisitionen haben die SPACs keinen eigenen Geschäftsbetrieb. Die Aktionäre können in der Praxis zustimmen, den Zeitraum für Akquisitionen auf 36 Monate zu verlängern. Kommt es innerhalb dieses Zeitrahmens zu keiner Akquisition, fließt das Kapital an die Aktionäre zurück.
Voll im Trend
Grundsätzlich gibt es für SPACs keine Vorgaben hinsichtlich Branche oder Börsenplatz. Die meisten SPAC-Börsengänge finden derzeit in den USA statt. Aber auch in Europa kam es zu Listings von SPACs. Die Mehrheit der SPAC Transaktionen waren bisher in den Branchen Technologie, Medien und Telekommunikation, Pharma/Medizin, Konsumgüter, Fin-techs und Energie zu beobachten. Es gibt bekannte Beispiele von Unternehmern, die mittels SPAC an die Börse gegangen sind, wie zB Richard Branson 2019 mit seiner Raumfahrtfirma Virgin Galactic.
Bei einer SPAC-Transaktion wird ein SPAC über einen IPO gelistet, erwirbt anschließend ein Target und wird schließlich mit dem Target verschmolzen (oder auch nicht). Zum Teil führen SPACs aber auch Asset Deals anstelle von Share Deals durch.
Eine Ansichtssache
Folgende Vorteile und Nachteile eines SPAC-Listings lassen sich dem klassischen IPO gegenüberstellen:
Vorteile:
- Kürzere Zeitspanne bis zu einem Listing durch den Wegfall von aufwendigen Roadshows mit potenziellen Investoren und dadurch auch geringere Marketingkosten
- Bewertungssicherheit aufgrund der Verhandlung mit einem Käufer (SPAC-Sponsoren) im Vergleich zu dem Kursvolatilitätsrisiko beim IPO (Vermeidung des sog. „IPO pops“)
- Zugang zu einem erfahrenen Management: SPAC Sponsoren haben häufig entsprechende finanz- und/oder industriespezifische Expertise
Nachteile:
- Sponsoren-Kosten: In den USA halten SPAC Sponsoren regelmäßig rund 20 Prozent der Anteile.
- Risiko übereilter Investitionsentscheidungen aufgrund zeitlichen Anlagedrucks
- Bestimmte gesellschaftsrechtliche Hindernisse, insbesondere Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsregeln, stehen einer typischen Umsetzung einer SPAC-Struktur wie in den USA zT im Wege. Es müssten daher erst zulässige, wirtschaftlich ähnliche Strukturen entwickelt werden.
- IdR kürzere Zeitspanne für das Target, um „IPO-Readiness“ herzustellen, insbesondere durch Aufbau von Investor Relations, adäquatem IKS, interner kapitalmarktrechtlicher Compliance-Strukturen sowie eines internationalen Rechnungswesens und Reportingsystems (zeitlich, qualitativ, vergangenheits- und zukunftsbezogen)
- Gefahr von Restatements aufgrund weniger umfangreicher Due Diligence der SPAC Investoren und der geringen Vorbereitungszeit der Targets mit möglicherweise negativen Auswirkungen auf den Börsenkurs
- Gefahr von Überbewertungen aufgrund der aktuell hohen Liquidität und Anzahl an SPACs (zT beobachtet man Kursentwicklung von SPACs unterhalb vergleichbarer Indizes)
- Hohe Abhängigkeit von Akquisefähigkeiten des SPAC-Managements
Es gilt, die zeitlich beschleunigte Börsennotierung mittels SPAC nicht zu einem Misserfolg werden zu lassen. Dafür muss sich das Zielunternehmen bereits entsprechend lange vor dem Erwerb durch ein SPAC dem Thema „IPO-Readiness“ stellen und entsprechende Strukturen schaffen. Eine detaillierte Soll/Ist-Analyse ist unabdingbar. Auch eine steuerliche und rechtliche Strukturierung im Vorfeld eines möglichen SPAC-Investments ist zu berücksichtigen.
Kein leichtes Spiel
Befeuert durch das aktuelle Marktumfeld sehen zahlreiche erfahrene Manager großes Potenzial in SPAC-Strukturen. Sie stellen derzeit neben den etablierten Investoren wie Investmentfonds, Private Equity-Gesellschaften und Hedgefonds eine neue Investorengruppe dar. Insbesondere die hohe Liquidität und der dadurch gegebene Anlagedruck werden den Trend in SPACs verstärken. Das große Angebot an Kapital, das aktuell in Tech-Investments und schnell wachsende Unternehmen investiert wird, wird dazu führen, dass SPACs auch an etablierte Unternehmen herantreten.
Diejenigen Unternehmen, die bereits in der Vergangenheit über einen Börsengang nachgedacht haben, werden in den aktuell volatilen Märkten der Kapitalbeschaffung über ein SPAC nicht abgeneigt sein – mit höherer Bewertungssicherheit durch die Verhandlung mit nur einem Käufer, einem schnelleren und auf den ersten Blick unkomplizierteren Listing-Prozess. Auch wenn dieser Ausblick verlockend sein mag, sollte man die komplexen Auswirkungen einer Börsennotierung nicht unterschätzen.
Der Unternehmensverkauf an ein SPAC kann ein schneller und lukrativer Weg sein. Jedoch sollte man sich der Risiken, der Komplexität und möglicher Zielkonflikte bewusst sein. Unsere Erfahrung zeigt: Die Herausforderungen werden oftmals unterschätzt, sind aber mit entsprechender zeitlicher Strukturierung und Ressourcenplanung bewältigbar.