Tax News: EuGH: Bereitstellung von Tankkarten als steuerbefreite Finanzleistung

EuGH: Bereitstellung von Tankkarten

Der EuGH hat im Urteil vom 15. Mai 2019, Vega International (C-235/18) entschieden, dass die Bereitstellung von Tankkarten als steuerbefreite Kreditgewährung gem Art 135 Abs 1 lit b MwStSyst-RL zu qualifizieren ist.

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Esther Freitag

Partnerin, Tax

KPMG Austria

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  • Vega International Car Transport and Logistic – Trading GmbH (im Folgenden „Vega International“) bietet die Überführung von Fahrzeugen von einem Werk direkt zu dem Kunden an. Diese Dienstleistung wird von den Tochtergesellschaften von Vega International in den jeweiligen Mitgliedstaaten erbracht (zB Vega Poland in Polen). Vega International organisiert und verwaltet die Versorgung aller Tochtergesellschaften mit Tankkarten. Die Tankkarten werden für die Betankung der überführten Fahrzeuge von den Fahrern der jeweiligen Tochtergesellschaft verwendet. Die verschiedenen Kraftstoffanbieter stellen Vega International den Kraftstoff in Rechnung. Vega International verrechnet den Kraftstoff mit einem Zuschlag von 2 % an ihre Tochtergesellschaften.
  • Der EuGH hatte die Frage zu prüfen, ob die Bereitstellung von Tankkarten durch die Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaften als Kreditgewährung iSd Art 135 Abs 1 lit b MwStSyst-RL zu qualifizieren ist oder eine Lieferung von Kraftstoff und somit ein Reihengeschäft vorliegt.
  • In diesem Zusammenhang führt der EuGH aus, dass eine Lieferung von Gegenständen nur vorliegt, wenn die Verfügungsmacht über die Gegenstände übertragen wird. Bereits im Urteil in der Rs Auto Lease Holland (C-185/01) ist der EuGH zum Ergebnis gekommen, dass ein Leasinggeber, der Tankkarten an Leasingnehmer ausgibt, über den Kraftstoff nicht wie ein Eigentümer verfügen kann. Der Leasingnehmer erhält den Kraftstoff unmittelbar von den Tankstellen und bestimmt die Qualität und Menge des Kraftstoffs sowie den Zeitpunkt des Kaufs. Der Leasinggeber kann zu keiner Zeit entscheiden, wie und wozu der Kraftstoff verwendet wird. Die Lieferung des Kraftstoffs erfolgt nur vordergründig auf Kosten des Leasinggebers. Der tatsächliche Verbrauch wird dem Leasingnehmer in Rechnung gestellt, der Leasinggeber wird daher als Kreditgeber tätig.
  • Die Grundsätze aus der Rs Auto Lease Holland (C-185/01) sind laut EuGH auch auf die Rs Vega International (C-235/18) übertragbar. Die Tochtergesellschaft Vega Poland kauft den Kraftstoff direkt bei der Tankstelle nach eigenem Ermessen und bestimmt selbst die Tankstelle, Qualität, Menge und Art des Kraftstoffs sowie den Zeitpunkt des Kaufs und die Art der Verwendung. Vega International verfügt daher zu keinem Zeitpunkt über den Kraftstoff, als wäre sie sein Eigentümer.
  • Zudem stellt Vega International den Kraftstoff mit einem Aufschlag von 2 % Vega Poland in Rechnung. Der Zuschlag stellt die Vergütung für die an Vega Poland erbrachte Finanzdienstleistung (Gewährung eines Kredits) dar.

Anmerkung:

Im vorliegenden Urteil bestätigt der EuGH seine Rechtsprechung in der Rs Auto Lease Holland (C-185/01) und liefert Hinweise zur Beurteilung des Übergangs der Verfügungsmacht. Sofern man zu keinem Zeitpunkt die Qualität, Menge und Art des Gegenstands sowie den Zeitpunkt und Ort des Kaufs sowie die Art der Verwendung bestimmen kann, kann man über den Gegenstand, nicht wie ein Eigentümer verfügen. Die Ausführungen des EuGH in der Rs Vega International (C-235/18) dürften wohl auch bei anderen Sachverhalten zur Anwendung gelangen (zB Betanken von E-Autos mit Tankkarte).

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