Tax News: BFG: Kein neues Mietverhältnis bei Erwerb einer vermieteten Liegenschaft
BFG: Kein neues Mietverhältnis
Bei Erwerb einer vermieteten Liegenschaft wird kein neues Mietverhältnis iSd § 28 Abs 38 Z 1 UStG begründet, sodass die eingeschränkte Optionsmöglichkeit zur steuerpflichtigen Vermietung iSd 1. StabG 2012 (bei bereits vor dem 31.08.2012 bestehenden Mietverhältnissen) nicht zu berücksichtigen ist. Darüber hinaus ist die Vorlage von Mietangeboten an vorsteuerabzugsberechtigte Mieter ausreichend, um die beabsichtigte steuerpflichtige Vermietung einer Immobilie zu dokumentieren (BFG 06.05.2019, RV/7101631/2016).
Allgemein: Option zur Steuerpflicht bei der Grundstückslieferung und der Vermietung, Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach Ansicht der Finanzverwaltung
Grundstückslieferungen sind gem § 6 Abs 1 Z 9 lit a UStG umsatzsteuerfrei. Der Verkäufer kann jedoch zur 20 %igen steuerpflichtigen Veräußerung optieren. Diese Optionsmöglichkeit ist an keine weiteren Voraussetzungen gebunden. Auf Käuferseite hängt der Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten von der beabsichtigten Verwendung der Immobilie ab. Wird sie verwendet, um steuerpflichtige Umsätze auszuführen, steht der Vorsteuerabzug zu. Nach Ansicht der Finanzverwaltung sind etwa entsprechende Vorvereinbarungen mit künftigen Mietern oder über eine bloße Absichtserklärung hinausgehende Umstände darzulegen (vgl UStR 2000 Rz 799, 900).
Auch die Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten ist gem § 6 Abs 1 Z 16 UStG steuerfrei. Der Vermieter kann allerdings zur 20 %igen Steuerpflicht optieren, um für allfällige Vorleistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Mit Einführung des 1. StabG 2012 wurde diese Optionsmöglichkeit eingeschränkt: Zur Steuerpflicht kann nur dann optiert werden, wenn der Mieter das Grundstück (oder einen baulich abgeschlossenen selbständigen Teil des Grundstücks) für nahezu ausschließlich (dh zu mind 95 %, vgl UStR 2000 Rz 899a) zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze verwendet. Diese Neuregelung ist gem § 28 Abs 38 Z 1 UStG (u.a.) anzuwenden auf Miet- und Pachtverhältnisse, die nach dem 31.08.2012 beginnen Die Finanzverwaltung vertritt in den UStR 2000 Rz 899a die Ansicht, dass ein Wechsel auf Mieter- oder Vermieterseite ein neues Miet- bzw Pachtverhältnis begründet.
In dem nachfolgend angeführten BFG-Erkenntnis wurde einerseits die Frage behandelt, welche Unterlagen für die Absicht einer künftigen steuerpflichtigen Vermietung hinsichtlich im Erwerbszeitpunkt leerstehender Flächen ausreichen und andererseits, ob beim Kauf einer Liegenschaft der damit einhergehende Wechsel auf Vermieterseite ein neues Mietverhältnis iSd § 28 Abs 38 Z 1 UStG begründet.
BFG 06.05.2019, RV/7101631/2016
In dem Rechtsmittelverfahren handelte es sich um den folgenden Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin (Bf) kaufte im Mai 2014 eine vermietete Liegenschaft sowie fünf Kfz-Stellplätze, die auf der Nachbarliegenschaft gelegen waren. Im Zeitpunkt des Kaufes wurden rund 4 % der Liegenschaft an zwei Unternehmen vermietet, die überwiegend unecht steuerfreie Leistungen erbrachten, dh nicht vorsteuerabzugsberechtigt waren. Weitere rund 4 % der Gesamtfläche standen leer. Die Bf machte die gesamten Vorsteuern aus den Anschaffungskosten im betreffenden UVA-Zeitraum der Anschaffung (05/2014) geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug anteilig im Ausmaß von rund 8 % der Vorsteuern aus Anschaffungskosten, das dem Anteil der leerstehenden Flächen und der an nicht vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer vermieteten Flächen entspricht.
Strittig sind in diesem Zusammenhang die folgenden zwei Fragen:
- Reicht die Vorlage eines Mietangebots an einen vorsteuerabzugsberechtigten Interessenten hinsichtlich der leerstehenden Flächen aus, um die Absicht einer steuerpflichtigen Vermietung zu dokumentieren, damit die (anteiligen) Vorsteuern aus den Anschaffungskosten geltend gemacht werden können?
- Wird durch den Erwerb der vermieteten Liegenschaft und dem damit einhergehenden Vermieterwechsel ein neues Mietverhältnis iSd § 28 Abs 38 Z 1 UStG begründet, sodass mangels Vorsteuerabzugsberechtigung eines Mieters der Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten anteilig nicht zusteht?
Diesbezüglich entschied das BFG wie folgt:
- Wenn ein steuerpflichtiger Umsatz die Ausübung der Option gem § 6 Abs 2 UStG erfordert, ist für den Vorsteuerabzug auch die Absicht der Optionsausübung maßgebend. Es gilt zu beurteilen, ob die steuerpflichtige Vermietung wahrscheinlicher ist als die steuerfreie Vermietung (Ruppe/Achatz, UStG, § 12 Tz 248). Im vorliegenden Fall wurde die größere Wahrscheinlichkeit einer künftigen steuerpflichtigen Vermietung belegt (durch Vorlage von E-Mail-Korrespondenz mit Maklern, die seit 2014 nach vorsteuerabzugsberechtigten Mietern suchten sowie durch Vorlage eines Mietangebots an einen Mietinteressenten), sodass der Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten betreffend der im Zeitpunkt der Anschaffung leerstehenden Flächen zusteht.
- Im vorliegenden Fall ist die Bf im Zeitpunkt des Liegenschaftserwerbs im Mai 2014 in die bereits bestehenden Mietverhältnisse zwingend (keine Dispositionsmöglichkeit) eingetreten, sodass zivilrechtlich keine neuen Mietverträge zustande gekommen sind. Aufgrund der rechtlich-formalen Anknüpfung der Übergangsregelung (§ 28 Abs 38 Z 1 UStG) auf die Begründung eines Mietverhältnisses und nicht die Unternehmeridentität kann daher auch nicht für Zwecke der Umsatzsteuer ein neues Mietverhältnis vorliegen (vgl Katzlinger, ÖStZ 2013, 413 ff, Punkt „5. Fazit“). Darüber hinaus hat der VwGH jüngst festgehalten (03.04.2019, Ro 2018/15/0012), dass nach dem Wortlaut des § 28 Abs 38 Z 1 UStG entscheidend ist, wann das Miet- und Pachtverhältnis begonnen hat. Die Änderung der Parteien ändert nichts am weiterhin aufrechten Bestand des Mietverhältnisses. Auch die Vorsteuern aus den Anschaffungskosten, die auf die anteiligen unecht steuerfrei vermieteten Flächen entfallen, sind daher im vorliegenden Fall abzugsfähig.
Zusammenfassung & Conclusio
Insbesondere die Bestätigung des BFG, dass bei Erwerb einer vermieteten Liegenschaft durch den Wechsel auf Vermieterseite kein neues Mietverhältnis iSd § 28 Abs 38 Z 1 UStG vorliegt, ist höchst erfreulich. Damit sind allfällige Vorsteuern aus den Anschaffungskosten abzugsfähig, auch wenn (Teile) der Liegenschaftsflächen im Erwerbszeitpunkt an nicht vorsteuerabzugsberechtigte Mieter schon vor dem 31.08.2012 vermietet waren. Darüber hinaus können solche bestehenden Mietverhältnisse auch weiterhin umsatzsteuerpflichtig behandelt werden, sodass die laufenden Vorsteuern in Zusammenhang mit der Vermietung abzugsfähig bleiben. Damit ist bestätigt, dass auch bei Übergang eines Mietverhältnisses im Wege der Einzelrechtsnachfolge die eingeschränkte Optionsmöglichkeit zur umsatzsteuerpflichtigen Vermietung nicht Anwendung findet (sofern das Mietverhältnis vor dem 31.08.2012 begonnen hat; vgl auch Tax News 07-08/2018 sowie Tax News 04/2019: Die Verschmelzung einer mietenden Gesellschaft auf ihren Gesamtrechtsnachfolger begründet ebenfalls kein neues Mietverhältnis ).
Da Amtsrevision gegen das angeführte BFG-Erkenntnis eingebracht wurde, bleibt die weitere Rechtsentwicklung abzuwarten.