Tax Flash: Karfreitag - kein besonderer Feiertag nach Religionszugehörigkeit mehr
Karfreitag
Stattdessen: einseitiges Urlaubsantrittsrecht für einen Urlaubstag pro Jahr („persönlicher Feiertag“)
Am 22.03.2019 ist die – nach einem EuGH-Erkenntnis notwendige – Neuregelung zum Karfreitag in Kraft getreten. Anstelle eines Feiertages für manche (evangelisch, methodistisch, altkatholisch) wurde grundsätzlich für alle Arbeitnehmer eine urlaubsrechtliche Sonderregelung zur Beanspruchung eines „persönlichen Feiertages“ aus dem bestehenden Urlaubskontingent geschaffen. Einmal pro Urlaubsjahr kann ein Urlaubstag (der Karfreitag oder auch grundsätzlich jeder andere Arbeitstag) mit einer gewissen Vorlaufzeit und schriftlich auch gegen den Willen des Arbeitgebers beansprucht werden. Der Arbeitgeber kann versuchen, dem Arbeitnehmer den „persönlichen Feiertag“ abzukaufen; dem Ersuchen muss der Arbeitnehmer aber – möglicherweise ausgenommen ganz außergewöhnliche Sonderfälle – nicht nachkommen.
Nach einer EuGH-Entscheidung zu § 7 Abs 3 des österreichischen Arbeitsruhegesetzes (ARG), wonach die Sonderstellung des Karfreitags eine Diskriminierung nach der Religion darstellt (EuGH 22.01.2019 Rs C-193/17 Cresco Investigation), hat der österreichische Gesetzgeber mit BGBl I 2019/22 (ausgegeben am 21.03.2019) schnell reagiert: Bereits der diesjährige Karfreitag am 19.04.2019 ist kein gesetzlicher Feiertag mehr (§ 7 Abs 2 ARG ist abgeschafft) und auch ähnliche Bestimmungen in Kollektivverträgen und Betriebsvereinbarungen für evangelische, altkatholische und methodistische Christen sind per 22.03.2019 entfallen. Regelungen zum Karfreitag in Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen ohne Unterschied der Religionszugehörigkeit (zB für sämtliche Arbeitnehmer „arbeitsfrei ab 12:00“) gelten aber selbstverständlich weiter (und die Regelung zum „persönlichen Feiertag“ kommt trotzdem hinzu).
Zwischen den beiden Eckpunkten „für alle“ und „für niemand“ hat der Gesetzgeber mit dem sogenannten „persönlichen Feiertag“ gem § 7a ARG eine rasche Ersatzlösung geschaffen, der für sämtliche Arbeitnehmer (egal ob und welcher Konfession) anzuwenden ist. Sie gilt ua auch für leitende Angestellte, die im Übrigen aus dem ARG ausgenommen sind – aber nicht für Arbeitnehmer der Gebietskörperschaften. Der „persönliche Feiertag“ stellt im Ergebnis eine Ergänzung zu § 4 UrlG („Verbrauch des Urlaubs“) dar und bedeutet ein einseitiges Antrittsrecht für einen Urlaubstag pro Urlaubsjahr aus dem bestehenden Urlaubskontingent (gesetzlicher Urlaub bzw allenfalls bestehender kollektivvertraglicher, innerbetrieblicher oder einzelvertraglicher Zusatzurlaub). Sollte der Urlaubsanspruch erschöpft sein, besteht daraus kein Recht auf einen Urlaubsvorgriff.
Das besondere Antrittsrecht muss spätestens 3 Monate vor dem gewählten Tag (bis zum 21.06.2019 als Bekanntgabetag reichen ausnahmsweise 14 Tage) und schriftlich ausgeübt werden. Für Karfreitag, den 19.04.2019, wäre der Urlaubsantritt demnach bis spätestens 05.04.2019 schriftlich bekanntzugeben gewesen. Wenn das besondere Antrittsrecht in einem Urlaubsjahr nicht genutzt wird, erfolgt kein Übertrag in das nächste Urlaubsjahr. Es kann aber (mit der 3monatigen Vorlaufzeit) für das kommende Urlaubsjahr schon im Voraus genutzt werden, etwa wenn der „persönliche Feiertag“ in diesem gleich zu Beginn des Urlaubsjahres liegen soll.
Der Arbeitgeber kann versuchen, dem ausübenden Arbeitnehmer den Antritt am genau gewünschten Urlaubstag „abzukaufen“, und ersuchen, den bekannt gegebenen Urlaubstag nicht anzutreten. Dann schuldet er das sogenannte „doppelte Entgelt“: Analog zum Feiertagsentgelt gebührt (fiktives) Urlaubsentgelt und zusätzlich auch noch die Bezahlung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit. Anders als bei Arbeit am Feiertag bleibt dem Arbeitnehmer der ursprünglich eingesetzte Urlaubstag erhalten, aber das einseitige Antrittsrecht ist damit für dieses Urlaubsjahr verbraucht. Der Arbeitnehmer muss dem „Ersuchen“ des Arbeitgebers (möglicherweise abgesehen von außergewöhnlichen Ausnahmefällen iSd § 11 ARG) allerdings nicht nachkommen.
Erste Bewertung: Mit der Neuregelung sind diverse offene Fragen entstanden, die zu Abklärungen vor Gericht führen werden. Beispielsweise berührt der „Eingriff in die Kollektivvertragsautonomie“ einen sehr grundsätzlichen Themenkomplex, allerdings hat der Gesetzgeber nach dem EuGH-Erkenntnis nur für eine diskriminierungsfreie Regelung gesorgt und damit unvereinbare kollektivrechtliche Regelungen („Tarifverträge“ iSd Art 16 lit b der Europäischen Antidiskriminierungsrichtlinie RL 2000/78/EG) für nichtig erklärt.
Auf Einzelfallebene könnte in Extremfällen missbräuchliche Rechtsanwendung beim „persönlichen Feiertag“ zu schadenersatzrechtlichen und arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Entlassung führen. In außergewöhnlichen Fällen könnte der Arbeitgeber berechtigt sein, Arbeitnehmer trotz „persönlichem Feiertag“ für unaufschiebbare Arbeiten iSd § 11 ARG heranzuziehen, bzw der Arbeitnehmer verpflichtet sein, dem „Ersuchen“ des Arbeitgebers auf Arbeitsleistung stattzugeben. Weder Betriebsräte (Stichwort: Friedenspflicht) noch Arbeitnehmer (Stichwort Treuepflicht) sollten hier den Bogen überspannen. Weiters ist ua die genaue Berechnung des „doppelten Entgelts“ in diversen Sonderkonstellationen noch Gegenstand von Diskussionen.
Im Vergleich zur bisherigen – in Österreich weithin anerkannten – Rechtslage hat sich diese für viele Arbeitnehmer verbessert: Nunmehr besteht unabhängig von der Religion (bei vernünftiger Rechtsanwendung) ein „sicherer Urlaubstag“ pro Jahr, auch für all jene Gläubigen, die bisher „ihren“ höchsten Feiertag nicht arbeitsfrei nehmen konnten. Für die bisher vom Karfreitag begünstigten Arbeitnehmer bleibt die Hoffnung, dass ihr Arbeitgeber verständnisvoll reagiert; die freiwillige Weitergewährung an einzelne erscheint grundsätzlich nicht verboten.