Tax News: Neugestaltung der Wiederaufnahme nach Verjährung
Neugestaltung der Wiederaufnahme nach Verjährung
Den Bedenken des Verfassungsgerichtshofs entsprechend wurde § 304 BAO mit JStG 2018 abgeändert. Eine Wiederaufnahme ist ab 01.01.2019 auch noch innerhalb von drei Jahren ab Rechtskraft des das Verfahren beendenden Bescheids möglich. Die neue Regelung ist auch auf verfahrensbeendende Bescheide, die vor dem 01.01.2019 ergangen sind, anzuwenden.
1. Verfassungswidrige Regelung des § 304 BAO
Nach der Rechtslage vor dem JStG 2018 war eine Wiederaufnahme des Verfahrens sowohl amtswegig als auch auf Antrag nur bis zum Ende der Verjährungsfrist möglich.
Der VfGH hat § 304 BAO idF vor dem JStG 2018 wegen unsachlicher Beschränkung des Rechts zur Erhebung eines Wiederaufnahmeantrags aufgehoben (VfGH 30.11.2017, G131/2017 ua). Auf Grund der ausschließlichen Maßgeblichkeit der Verjährung war nämlich in vielen Fällen eine antragsmäßige Wiederaufnahme nicht möglich, wenn die Abgabenbehörde den Bescheid zu Recht erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erlassen hat.
2. Neugestaltung des § 304 BAO
Ziel der Neufassung des § 304 BAO durch das JStG 2018 ist eine verfassungskonforme Regelung im Sinne der Rechtsprechung des VfGH. Nach der neuen Rechtslage ist nach Eintritt der Verjährung die Wiederaufnahme des Verfahrens möglich, wenn sie
a) vor Eintritt der Verjährung beantragt, oder
b) innerhalb von drei Jahren ab Eintritt der Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Bescheids beantragt oder sie amtswegig durchgeführt wird.
Somit kann der Abgabepflichtige nach der neuen Rechtslage auch nach Eintritt der Verjährung noch einen Wiederaufnahmeantrag stellen, wenn die Wiederaufnahme innerhalb eines Zeitraumes von 3 Jahren ab Eintritt der Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Bescheids beantragt wird. Dasselbe gilt – im Sinne der Waffengleichheit zwischen Abgabepflichtigem und Behörde – auch für eine amtswegige Wiederaufnahme.
3. Zusammenspiel mit § 209a BAO
Um nach erfolgter Wiederaufnahme außerhalb der Verjährungsfrist auch noch einen neuen Sachbescheid (zB ESt-Bescheid) erlassen zu können, wurde § 209a BAO entsprechend der neuen Frist des § 304 lit b BAO angepasst.
4. Inkrafttreten der neuen Regelung
Die Neuregelungen sind mit 01.01.2019 in Kraft getreten (§ 323 Abs 56 BAO). Von der Behörde ist grundsätzlich das im Zeitpunkt der Bescheiderlassung geltende Recht anzuwenden. Ändern sich Verfahrensvorschriften, so ist die neue Rechtslage auch auf Vorgänge anzuwenden, die sich bereits vor Inkrafttreten ereignet haben (vgl zB Mairinger/Twardosz, Die maßgebende Rechtslage im Abgabenrecht, ÖStZ 2007, 16 ff mwN). Für – amtswegig oder aufgrund eines entsprechenden Antrags des Abgabepflichtigen – seit 01.01.2019 zu erlassende Wiederaufnahmebescheide gilt demzufolge bereits die neue Rechtslage. Diese wirkt somit auf bereits vor dem 01.01.2019 rechtskräftig gewordene Sachbescheide zurück, sofern der diesbezügliche Antrag innerhalb von drei Jahren ab Eintritt der Rechtskraft gestellt wurde bzw der amtswegig erlassene Wiederaufnahmebescheid innerhalb der Dreijahresfrist ergeht.
Beispiel: Ist der Einkommensteuerbescheid 2012 im November 2016 rechtskräftig geworden und sind im Feber 2019 neue Tatsachen iSd § 303 Abs 1 lit b BAO hervorgekommen, kann trotz eingetretener Verjährung noch eine Wiederaufnahme des Verfahrens durchgeführt werden, da die Dreijahresfrist des § 304 lit b BAO idF JStG 2018 noch nicht abgelaufen ist.