Tax News: Auswirkungen der neuen Sterbetafeln „AVÖ 2018-P“ auf Unternehmens- und Steuerrecht
Sterbetafel
Im August 2018 wurden die „AVÖ 2018-P: Rechnungsgrundlagen für die Pensionsversicherung“ („Pensions- oder Sterbetafeln“) veröffentlicht, die für die versicherungsmathematische Berechnung von Sozialkapitalrückstellungen herangezogen werden. Der vorliegende Beitrag beleuchtet die unternehmensrechtlichen und steuerlichen Konsequenzen, insbesondere die jeweiligen (neu geschaffenen) Verteilungsnormen.
Unternehmensrechtliche Würdigung:
Da seit der letztmaligen Anpassung der Sterbetafeln in 2008 die Lebenserwartung gestiegen ist, ist mit einer deutlichen Erhöhung der betroffenen Rückstellungen zu rechnen. Im Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung der aktualisierten Sterbetafeln hat unternehmensrechtlich eine ergebniswirksame Anpassung der Rückstellungen zu erfolgen.
Da dadurch mit einem sprunghaften Anstieg der Rückstellungen zu rechnen ist, und dadurch ein verzerrtes Bild der Entwicklung der Vermögens-, Finanz-, und Ertragslage vermittelt werden könnte, plant das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (BMVRDJ) erstmals Gebrauch von der mit RÄG 2014 eingeführten Verordnungsermächtigung des § 222 Abs 3 UGB Gebrauch zu machen und eine „Override-Verordnung“ zu erlassen. Ein Begutachtungsentwurf wurde dazu an diverse Interessensvertretungen verschickt.
Um einen einmaligen sprunghaften Anstieg der Rückstellungen zu mildern, soll gemäß des Entwurfs der Override-Verordnung eine gleichmäßige Verteilung des Unterschiedsbetrages auf bis zu 5 Jahre ermöglicht werden. Dabei kann die Rückstellung entweder ratierlich aufgestockt werden oder eine Passivierung in voller Höhe bei gleichzeitiger Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens erfolgen.
Die Verordnung soll mit 1. November 2018 in Kraft treten und auf Geschäftsjahre anwendbar sein, die nach dem 31. Dezember 2017 enden, sofern der Jahresabschluss am Tag nach der Verlautbarung der Verordnung im Bundesgesetzblatt noch nicht festgestellt wurde.
Steuerliche Würdigung:
Steuerlich ist bei Anwendung der neuen Sterbetafeln gemäß § 14 Abs 13 EStG der dadurch bedingte Unterschiedsbetrag zwingend gleichmäßig auf drei Jahre zu verteilen. Dies betrifft die steuerliche Berechnung von Pensionsrückstellungen und versicherungsmathematisch berechneten Jubiläumsgeldrückstellungen.
Der Unterschiedsbetrag berechnet sich aus dem Vergleich des Rückstellungswert, der mit den neuen Sterbetafeln berechnet wurde, und dem nach alten Daten ermittelten Rückstellungswert (vgl EStR 2000 Rz 3400f).
Es ist zum Anfang des Anwendungsjahres der Rückstellungsbetrag unter Zugrundelegung der geänderten biometrischen Größen zu berechnen, wobei der Rückstellungsberechnung jene Leistungen zu Grunde zu legen sind, die zum Schluss des unmittelbar vorgegangenen Wirtschaftsjahres zugesagt waren. Der Änderungsbetrag berechnet sich in der Folge als Unterschiedsbetrag aus dem vorstehenden Rückstellungsbetrag und dem Rückstellungbetrag zum Schluss des unmittelbar vor dem Anwendungsjahr liegenden Wirtschaftsjahres.
Grundsätzlich ist die Änderung der biometrischen Rechnungsgrundlagen (Sterbetafeln) für das Jahr zu berücksichtigen, in dem die Änderung eintritt (Anwendungsjahr 2018), laut EStR 2000 bestehen allerdings keine Bedenken, wenn die Drittelverteilung um ein Jahr verschoben wird (EStR Rz 3400c), ein späterer Beginn der Drittelverteilung wird als unzulässig betrachtet, da dem Nachholverbot unterliegend.
Die EStR 2000 sehen alternativ zu § 14 Abs 13 EStG noch eine weitere Verteilungsmethode vor (Rz 3400d und 3400g): Bei aufrechtem Arbeitsverhältnis kann der durch die neuen Sterbetafeln veränderte Gesamtaufwand wie eine Veränderung der Pensionszusage iSd § 14 Abs 6 Z 2 EStG 1988 behandelt werden. Bei bereits beendetem Arbeitsverhältnis hat jedoch immer eine Verteilung gemäß § 14 Abs 13 EStG auf drei Jahre zu erfolgen.
Conclusio:
Da bei erstmaliger Anwendung der 2018 veröffentlichten neuen Sterbetafeln mit einem sprunghaften Anstieg der Pensions- und Jubiläumsgeldrückstellungen zu rechnen ist, werden Überlegungen anzustellen sein, ob von der Verteilungsmöglichkeit der noch zu erlassenden „Override-Verordnung“ des BMVRDJ Gebrauch gemacht werden soll. Die Veröffentlichung der „Override-Verordnung“ bleibt abzuwarten.
Aufgrund der Durchbrechung des Maßgeblichkeitsprinzips erfolgt die steuerliche Behandlung jener Rückstellungen losgelöst von der unternehmensrechtlichen Behandlung, es hat eine Korrektur im Rahmen der steuerlichen Mehr-Weniger-Rechnung zu erfolgen. Besonderes Augenmerk wird im Rahmen der Compliance auf die korrekte Überleitung auf die steuerlichen Rückstellungswerte zu richten sein.