Tax Flash 5/2018
Tax Flash 5/2018
OECD Discussion Draft Financial Transactions
Am 03.07.2018 veröffentlichte die OECD einen Diskussionsentwurf zur Behandlung von Finanztransaktionen (Darlehen, Cash Pooling, Hedging, Garantien und Captive-Versicherungen). Dieser Beitrag stellt die wesentlichen Aussagen zu den Punkten Darlehen, Cash Pooling sowie Garantien und deren Auswirkungen auf die Praxis dar.
Der veröffentlichte Diskussionsentwurf enthält keine wesentlichen Überraschungen und gibt einen Überblick über die in der Praxis häufig angewendeten Ansätze zur Bepreisung von Finanztransaktionen und erläutert in diesem Zusammenhang auch wesentliche Aspekte aus verrechnungspreistechnischer Sicht.
Übersicht Inhalt OECD Diskussionsentwurf
Das Dokument steht auf der OECD Homepage unter diesem Link zur Verfügung.
Der Entwurf ist in vier Abschnitte untergliedert: (1) Interaktion mit Kapitel I der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien 2017, (2) Treasury function (Darlehen, Cash Pool und Hedging), (3) Garantien und (4) Captive-Versicherungen.
1. Interaktion des Diskussionsentwurfs mit Kapitel I der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien 2017
Einleitend wird angemerkt, dass für die Beurteilung der Fremdüblichkeit von Finanztransaktionen grundsätzlich die gleichen Parameter gelten wie für andere konzerninterne Transaktionen. Dementsprechend sind die Vergleichbarkeitsanalyse inklusive der tatsächlichen Vertragsbedingungen, der wirtschaftlichen Verhältnisse als auch der von den Parteien ausgeübten und übernommenen Funktionen und Risiken und eingesetzten Wirtschaftsgüter sowie die Substanz, um zugewiesene Risiken auch tatsächlich tragen zu können, wesentliche Elemente zur Beurteilung der Fremdüblichkeit.
Der Entwurf thematisiert auch die Frage wann Fremd- oder Eigenkapital vorliegt und unter welchen Rahmenbedingungen eine Umqualifizierung von Fremdkapital in Eigenkapital denkbar wäre, gibt dazu an dieser Stelle jedoch lediglich recht vage Hinweise. In den angeführten Beispielen wird auf die wirtschaftliche Fähigkeit des Darlehensnehmers seinen Zahlungsverpflichtungen (Zinsen sowie Tilgung) für das Darlehen nachkommen zu können, Bezug genommen.
Weiters wird erwähnt, dass etwaige nationale Vorschriften (ua Zinsabzugsbeschränkung, Verschuldungsgrad, Mindestkapitalausstattung, etc) nicht eingeschränkt werden.
2. Treasury function (Darlehen, Cash Pool)
Im zweiten Teil werden zu Beginn typische Aufgaben und Verantwortlichkeiten von Treasury Abteilungen in Konzernen dargestellt. Es wird angeführt, dass für die Bestimmung einer fremdüblichen Vergütung der jeweiligen Treasury Funktion eine generelle Darstellung von Funktionen, Risiken und Wirtschaftsgütern, wie bisher häufig der Fall gewesen, nicht ausreichend ist, sondern die konkreten ausgeübten Funktionen, eingegangenen Risiken und eingesetzten Wirtschaftsgütern bei der relevanten Transaktion betrachtet werden müssen und für die Beurteilung und Bepreisung entscheidend sind.
Da laut Entwurf die Treasury Function in der Regel dazu dient die Finanzierung des operativen Geschäftes eines Konzerns so effizient als möglich zu machen, ist die Finanzierungsfunktion bzgl Sicherung der kurzfristigen Liquidität innerhalb eines Konzerns generell als Unterstützungsleistung im Konzern anzusehen. Ob die konkrete Treasury Funktion auf Basis der Kostenaufschlagsmethode gemäß den Ausführungen in Kapitel VII der OECD-VPRL 2017 zu vergüten ist, hängt jedoch vom konkreten Sachverhalt ab.
a. Darlehen
Im Zusammenhang mit der Vergabe von konzerninternen Darlehen führt der Entwurf an, dass bei der Vergleichbarkeitsanalyse jedenfalls die Perspektive des Kreditgebers und des Kreditnehmers zu berücksichtigen sind. Weiteres wird angeführt, dass ein unabhängiger Kreditgeber die grundsätzliche Entscheidung ein Darlehen zu vergeben, die Höhe des Darlehensbetrages als auch die Höhe des Zinssatzes von den für die Transaktion wesentlichen Faktoren abhängig machen wird.
Ein wesentlicher Faktor ist dabei die Bonität des potentiellen Kreditnehmers und dessen Fähigkeit die Zahlungen (Zinsen und Tilgungen) entsprechend leisten zu können. Es wird angeführt, dass bei Vergabe eines Darlehens eine Bonitätsbeurteilung erfolgen sollte. Da innerhalb eines Konzerns dem Kreditgeber häufig bereits gewisse Informationen bekannt sind (Industrie, Informationen über die Geschäftstätigkeit, das Management, etc), muss eine Bonitätsbeurteilung vom Umfang her nicht einem öffentlichen Ratings großer Ratingagenturen entsprechen. Laut Entwurf sollte aber zumindest eine „Cash Flow“ und „Bilanz Analyse“ durchgeführt werden.
Weiters führt der Entwurf an, dass bei Gesellschafterdarlehen die Stellung von Sicherheiten regelmäßig nicht wesentlich bzw erforderlich ist, da der Darlehensgeber über seine Gesellschafterstellung Zugang zu den wesentlichen Wirtschaftsgütern des Kreditnehmers hat. Dementsprechend sollten laut Ansicht des Entwurfes bei der Funktions- und Risikoanalyse Wirtschaftsgüter, die nicht bereits zur Besicherung anderer (externer) Fremdkapitalfinanzierungen dienen – mangels anderweitiger Verwendung – als Sicherheit betrachtet werden.
Der Entwurf führt an, dass für die Durchführung der Vergleichbarkeitsanalyse „Credit Ratings“ zur Bestimmung der Kreditwürdigkeit und somit zur Identifizierung von potentiellen Vergleichstransaktionen hilfreich sind. In diesem Zusammenhang wird angeführt, dass bei der Durchführung eines Credit Ratings zwischen dem Kreditrating des Unternehmens (Emittentenrating) und der spezifischen Darlehenstransaktion (Emissionsrating) zu unterscheiden ist. Das Unternehmensrating schätzt die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens allgemein ein. Beim Kreditrating werden zusätzlich die Konditionen der Anleihe oder des Darlehens (zB Nachrangigkeit) berücksichtigt.
Daher wird in der Praxis üblicherweise das Unternehmensrating in ein Kreditrating überführt, um entsprechend die Auswirkungen einer eventuellen Nachrangigkeit oder Besicherung entsprechend zu berücksichtigen.
Es wird jedoch auch angemerkt, dass die Bestimmung und Verwendung von Credit Ratings in bestimmten Konstellationen wie zB Start-ups oder SPVs etc schwierig ist und in diesen Fällen ein unabhängiger Kreditgeber typischerweise eine Due Diligence durchführen würde, welche zB auch eine Cash-Flow Projektion der Gesellschaft für die Dauer der Finanzierung enthalten würde.
Weiters wird angeführt, dass wenn kein öffentliches Rating vorhanden ist auch standardisierter Softwareprogramme und vergleichbare selbsterstellte Modelle zur Ermittlung des Kreditratings verwendet werden können. Bei der Ratingbestimmung ist zudem zu beachten, dass übrige konzerninterne Transaktionen des Darlehensnehmers in fremdvergleichskonformer Weise zu berücksichtigen sind.
Darüber hinaus ist auch ein etwaiger (impliziter) Konzernrückhalt zu berücksichtigen. Laut Entwurf sollte ein impliziter Konzernrückhalt in dem Maße in Betracht gezogen werden, in dem ein fremder Dritter Darlehensgeber dies ebenfalls in Betracht ziehen würde. Entsprechend der strategischen Wichtigkeit der jeweiligen Gruppengesellschaft kann der (implizite) Konzernrückhalt entweder keine Auswirkung auf das Kreditrating der Konzerngesellschaft haben, oder zur Annahme eines vollständigen impliziten Konzernrückhaltes (= Gruppenrating) führen.
Klargestellt wird, dass der Konzernrückhalt auch Anwendung findet, wenn das standalone Credit Rating besser ist als das Gruppenrating. Dies bedeutet, dass das Gruppenrating grundsätzlich die Obergrenze für das Einzelrating einer Tochtergesellschaft darstellt. Diese entspricht typischerweise auch der Ansicht und Vorgehensweise der großen Ratingagenturen.
Für die Bepreisung fremdüblicher Zinsen werden zwei Verrechnungsmethoden (1. Preisvergleichsmethode und 2. Cost of funds) dargestellt, wobei die Preisvergleichsmethode aufgrund ihrer recht einfachen Anwendbarkeit und der entsprechenden Datenverfügbarkeit grundsätzlich präferiert wird.
Bei Anwendung der Preisvergleichsmethode werden auf Basis des Credit Ratings und weiteren wesentlichen Vergleichbarkeitsfaktoren (Laufzeit, Währung, etc) potentiell vergleichbare Markttransaktionen mit ähnlichem Risikoprofil identifiziert. Der Entwurf lässt dabei sowohl Darlehens- als auch Anleihetransaktionen von fremden Dritten zu. Es wird jedoch ebenfalls darauf hingewiesen, dass die „options realistically available“ („ORAs“) zu beachten sind.
Alternativ sieht der Entwurf den „Cost of funds-Ansatz“ vor. Dieser Ansatz entspricht nicht vollständig dem Kostenaufschlagsverfahren, da hierbei die Kapitalkosten ebenfalls eine Risikoprämie und eine Gewinnkomponente enthalten. Der Entwurf führt an, dass neben der Preisvergleichsmethode auch dieser Ansatz bei einigen konzerninternen Darlehensvergaben angewendet werden kann. Als mögliches Beispiel für die Anwendung nennt der Entwurf sogenannte „Back-to-back-Finanzierungen“.
b. Cash-Pooling
Einleitend wird angeführt, dass Cash Pools ausschließlich innerhalb von Konzernverbänden zu beobachten sind und jeweils individuell an die Bedürfnisse des jeweiligen Konzernverbands angepasst sind. Wesentliche Ziele sind, den externen Finanzierungsaufwand zu reduzieren und Liquidität in der Gruppe zu halten. Dementsprechend hängt eine fremdübliche Bepreisung grundsätzlich von der tatsächlichen Ausgestaltung des Cash Pools und den tatsächlich übernommenen Funktionen, übernommenen Risiken und eingesetzten Wirtschaftsgütern ab.
Weiters wird angeführt, dass Cash Pools grundsätzlich für kurzfristige Finanzierungen vorgesehen sind, diese in der Praxis jedoch häufig auch für langfristige Einlagen und Finanzierungen verwendet werden. Der Entwurf erwähnt, dass in solchen Fällen genau analysiert werden muss, ob Transaktionen als kurzfristig oder langfristig zu beurteilen sind. Der Entwurf gibt hier jedoch keine klare Empfehlung, ab welchem Zeitraum Finanzierungen als langfristig und somit als längerfristige Kredite zu beurteilen sind. Der Entwurf sieht jedoch einen hoher Saldovortrag über Jahre ("Jahr zu Jahr") kritisch.
Die Vergütung des Cash-Pool-Führers hängt von dessen Funktions- und Risikoprofil ab. Entsprechend der tatsächlich ausgeübten Funktionen, übernommenen Risiken und eingesetzten Wirtschaftsgüter des Cash Pool-Führers kann dieser ein reiner Dienstleister sein, der lediglich eine reine Routinevergütung erhält. In diesem Fall sind alle weiteren Vorteile aus dem Cash Pool an die anderen Teilnehmer zu verteilen. Wenn der Cash-Pool-Führer jedoch über ein entsprechendes Funktionsprofil verfügt und auch über eine entsprechende Risikotragfähigkeit, kann diesem auch der gesamte „Spread“, wie bei der Bepreisung von Darlehen dargestellt (entspricht typischerweise dem Residualgewinn), zustehen.
Für die Aufteilung von Cash Pool-Vorteilen sieht der Entwurf drei mögliche Alternativen vor.
- Die Zinssätze für alle Teilnehmer zu verbessern (dh Fremdvergleichssätze für Einlagen und Ausleihungen festzulegen und eine Erhöhung bzw Senkung durchzuführen)
- Anwendung des gleichen Zinssatzes für alle Beteiligten, wenn die Teilnehmer vergleichbare Bonität haben
- Allokation der Cash Pool-Vorteile auf die Einleger
Etwaige Garantien („cross-guarantees“) der Cash Pool-Teilnehmer gegenüber Banken iZm dem Cash Pool sind dabei auch entsprechend zu berücksichtigen.
Eine Eingangsvoraussetzung ist für alle angeführten Varianten, dass die Teilnahme der Konzerngesellschaften am Cash Pool für die einzelnen Cash Pool-Teilnehmer vorteilhaft sein muss im Vergleich zur realistischen jeweiligen ORA.
3. Financial Guarantees
Auch iZm Garantien wird angeführt, dass für die Bepreisung jeweils der konkrete Sachverhalt entscheidend ist.
Dementsprechend muss in einem ersten Schritt untersucht werden, ob die Garantie lediglich dazu dient die Kreditaufnahmekapazität des Unternehmers herzustellen bzw zu erweitern, oder einen niedrigeren Zinssatz zu erhalten. Insoweit eine Garantie lediglich die Kreditaufnahmekapazität eines Unternehmens dem Grunde nach erweitert soll diese nicht verrechenbar sein.
Garantien, die einen konkreten Vorteil (dh einen niedrigeren Zinssatz des Kreditnehmers bewirken) sollen vergütet werden. In diesem Fall ist jedenfalls auch ein etwaiger impliziter Konzernrückhalt zu berücksichtigen, der nicht zu vergüten ist.
Ferner kann, wie oben dargelegt, unter Umständen davon ausgegangen werden, dass die Garantie nur die Kreditaufnahmekapazität über den Punkt hinaus erhöht, bis zu dem das Unternehmen aus eigener Kraft Mittel aufnehmen könnte, was die Frage einer (zumindest teilweisen) Qualifizierung als Eigenkapitalersatz nach sich zieht.
Für die Bepreisung von Garantien werden die in der Praxis auch regelmäßig zur Anwendung kommenden Ansätze und Methoden diskutiert:
- Preisvergleichsmethode
- Yield appraoch
- Cost appraoch
- Valuation of expected loss appraoch
- Capital support method
Sollten verwertbare Preisvergleiche vorliegen, so sind diese grundsätzlich zu bevorzugen.
4. Praktische Anmerkung
Auch wenn der OECD Entwurf keine wesentlichen Überraschungen beinhaltet, so bestätigt er jedoch die Erfahrungen in Außenprüfungen und zeigt deutlich, dass ein standardisiertes Verrechnungspreismodell bei dem die Bepreisung der einzelnen Transaktionen bzw Vergütung der einzelnen Teilnehmer mit den tatsächlich ausgeübten Funktionen, übernommenen Risiken und eingesetzten Wirtschaftsgütern übereinstimmt zur Vermeidung von Feststellungen immer wichtiger wird. Auch dem Monitoring und der entsprechenden Dokumentation kommt dabei eine wesentliche Bedeutung zu.
Durch den Entwurf wird auch der risikoadäquaten und branchenspezifischen Eigenkapitalausstattung von Konzerngesellschaften in Zukunft eine noch höhere Aufmerksamkeit zukommen. Dementsprechend sollten Steuerpflichtige die risikoadäquate und branchenspezifische Eigenkapitalausstattung für ihre Konzerngesellschaften analysieren und definieren und entsprechend umsetzen, um im Falle einer Außenprüfung eine fremdübliche Eigenkapitalausstattung entsprechend darstellen zu können.
Im Zusammenhang mit der Bepreisung von Darlehen sollten Steuerpflichtige die derzeit den „Costs of funding-Ansatz“ verwenden analysieren, ob die im Entwurf angeführten Voraussetzungen gegeben sind.
Im Zusammenhang mit der Bepreisung von Cash Pools ist nun spätestens mit dem Entwurf klar, dass die Bepreisung von kurzfristiger Liquidität und langfristiger Liquidität unterschiedlich zu erfolgen hat und diese grundsätzlich getrennt voneinander erfolgen sollte. Langfristige Cash-Pool-Salden waren bereits in der Vergangenheit bei Außenprüfungen ein Diskussionsthema und führten häufig zu einer Umqualifizierung in langfristige Finanzierungen mit einer entsprechende Anpassung der Zinssätze. Multinationale Unternehmen sollten daher auf Basis der Liquiditätsplanung Sockelbeträge definieren und entsprechende Verfahren implementieren und etwaige längerfristige hohe Cash-Pool-Salden in Darlehen überführen.
Weiters sollte bei Cash Pool-Systemen, wie im Entwurf dargestellt anhand der Funktions- und Risikoverteilung, die Vorteile zwischen den Cash-Pool-Teilnehmern grundsätzlich aufgeteilt werden. Dies schließt allerdings nicht aus, dass der Cash-Pool-Führer bei entsprechender Ausgestaltung als Entrepreneur den Residualgewinn erhalten sollte.