Tax News: BFG zur Gruppenbesteuerung: Rückwirkender Anteilserwerb für die finanzielle Verbindung unbeachtlich
Gruppenbesteuerung
Zentrale Voraussetzung für die Anwendung der Gruppenbesteuerung iSd § 9 KStG ist die finanzielle Verbindung, die während des gesamten Wirtschaftsjahres des jeweiligen Gruppenmitglieds bestehen muss. Das BFG (26.03.2018, RV/4100067/2015) bestätigte kürzlich wenig überraschend, dass ein zivilrechtlich rückwirkender Anteilserwerb für die Frage der finanziellen Verbindung unbeachtlich ist.
Damit im Rahmen der Gruppenbesteuerung iSd § 9 KStG das steuerliche Ergebnis eines Gruppenmitglieds erstmals im Gruppenergebnis Berücksichtigung finden, dh letztlich dem Gruppenträger zugerechnet werden kann, muss gem § 9 Abs 5 KStG die finanzielle Verbindung iSd § 9 Abs 4 KStG (unmittelbare oder mittelbare Beteiligung von mehr als 50 % am Nennkapital und an den Stimmrechten) während des gesamten Wirtschaftsjahres des jeweiligen Gruppenmitglieds vorliegen. Das BFG beschäftigte sich jüngst mit der Frage, ob ein zivilrechtlich rückwirkender Anteilserwerb für die erforderliche Mindestdauer der finanziellen Verbindung iSd § 9 Abs 5 KStG maßgeblich ist.
Sachverhalt
Die beschwerdeführende Kapitalgesellschaft (Bf) erwarb mit Abtretungsvertrag vom 02.04.2012 100 % der Anteile an einer Gesellschaft, wobei im Vertrag festgehalten wurde, dass „der Übergang aller mit dem Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Pflichten auf die übernehmende Gesellschafterin mit 01.04.2012 als vollzogen gilt.“
In der Folge stellte die Bf einen Antrag auf Feststellung einer Unternehmensgruppe gem § 9 Abs 8 KStG mit ihr als Gruppenträgerin und der erworbenen Gesellschaft als Gruppenmitglied ab der Veranlagung 2013. Bilanzstichtag beider Gesellschaften ist der 31.03. Beabsichtigt wurde somit die erstmalige Zurechnung des steuerlichen Ergebnisses des WJ 2012/2013 (01.04.2012 – 31.03.2013) des Gruppenmitglieds zur Gruppenträgerin.
Fraglich ist, ob der zivilrechtlich rückwirkende Anteilserwerb (laut Vertrag mit 01.04.2012) auch für die Prüfung der erforderlichen Mindestdauer der finanziellen Verbindung gilt, dh ob im vorliegenden Fall die finanzielle Verbindung bereits mit 01.04.2012 hergestellt wurde.
BFG 26.03.2018, RV/4100067/2015
Das BFG verneinte eine finanzielle Verbindung ab 01.04.2012 und begründete seine Entscheidung mit folgenden wesentlichen Argumenten:
Grundsätzlich beginnt die finanzielle Verbindung mit dem Anschaffungszeitpunkt, also jenem Zeitpunkt, zu dem das wirtschaftliche Eigentum erlangt wird (vgl Trenkwalder in Quantschnigg et al, Gruppenbe-steuerung 2005, 124). Rückwirkende Rechtsge-schäfte sind ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Zulässigkeit für den Bereich des Steuerrechts nicht anzuerkennen, es sei denn, der Gesetzgeber durchbricht diesen Grundsatz ausdrücklich durch eine besondere Vorschrift, wie dies etwa im UmgrStG vorgesehen ist. Im gegenständlichen Sachverhalt ist jedoch kein Anwendungsfall des UmgrStG gegeben.
Erfolgt der Anteilserwerb am ersten Tag des Wirtschaftsjahres der erworbenen Körperschaft, wird die Voraussetzung der vollen Zugehörigkeit (Anm iSd § 9 Abs 5 KStG) erfüllt (vgl KStR 2013 Rz 1055). Es bestehen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, dass das wirtschaftliche Eigentum bereits vor dem 02.04.2012 bestanden hätte.
Der VwGH hielt mit Erkenntnis vom 27.11.2017, Ro 2017/15/0010 (vgl auch Tax News 01/2018) fest, dass ein Ausscheiden aus der Gruppe voraussetzt, dass die Körperschaft bis zu diesem Zeitpunkt Bestandteil der Gruppe war. Dies setzt wiederum voraus, dass die finanzielle Verbindung während des gesamten Wirtschaftsjahres vorliegt. Diese Überlegungen zum „Ausscheiden“ aus der Gruppe müssen ebenso für das „Entstehen“ einer Gruppe gelten.
Im Ergebnis ist im vorliegenden Fall die finanzielle Verbindung der erworbenen Gesellschaft erst ab 02.04.2012 gegeben, sodass bis zum Bilanzstichtag (31.03.2013) die erforderliche finanzielle Verbindung während des gesamten Wirtschaftsjahres (01.04.2012 bis 31.03.2013) nicht erfüllt ist. Eine Gruppenbildung ab der Veranlagung 2013 ist somit nicht möglich. Gegen das Erkenntnis wurde keine Revision an den VwGH zugelassen.
Conclusio
Das BFG bestätigt damit im Wesentlichen den im Steuerrecht geltenden Grundsatz, dass rückwirkende Rechtsgeschäfte nicht anzuerkennen sind, sofern der Gesetzgeber nicht ausdrücklich gegenteiliges zulässt (wie etwa im UmgrStG). Dieser Grundsatz ist ebenso für die Herstellung der finanziellen Verbindung als zentrale Voraussetzung für die Anwendung der Gruppenbesteuerung maßgeblich.
Die finanzielle Verbindung kann bei einem Anteils-erwerb daher nicht auf einen für die Gruppenbildung „passenden“ Stichtag rückbezogen werden, indem ein zivilrechtlich rückwirkender Stichtag vereinbart wird (vgl schon Widinski in Bruckner et al, Gruppenbesteuerung (2005), Rz 107). Wesentlich ist der Zeitpunkt der Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums, das im Fall von Anteilserwerben in der Regel Tag der Kaufvertragsunterfertigung sein wird (sofern kein in der Zukunft liegender Wirksamkeitszeitpunkt vorgesehen ist; vgl KStR 2013 Rz 1055).
Sofern bei geplanten Anteilserwerben die Zielgesellschaft in eine Steuergruppe aufgenommen werden soll bzw eine neue Gruppe geplant ist, ist in der Praxis auf ein entsprechendes Timing iSd angeführten BFG Rsp zu achten. Natürlich kann alternativ die rechtzeitige finanzielle Verbindung gegebenenfalls auch durch eine Umgründung iSd UmgrStG hergestellt werden, da die umgründungssteuerliche Rückwirkungsfiktionen auch für die zeitliche Beurteilung des Beteiligungserwerbs gilt (vgl KStR 2013 Rz 1056).