Tax News: Erstmals gesetzlich normierte Anforderungen an ein Steuerkontrollsystem

Steuerkontrollsystem

Das Jahressteuergesetz (Ministerialentwurf vom 30.04.2018) enthält auch geplante Änderungen der Bundesabgabenordnung (BAO). Dabei soll erstmals gesetzlich normiert werden, welche Anforderungen an ein so genanntes „Steuerkontrollsystem“ zu stellen sind. Zusammen mit einer (wahrscheinlich im Juni als Begutachtungsentwurf vorliegenden) Verordnung wird es daher erstmals einen von der österreichischen Finanzverwaltung definierten Standard eines Steuerkontrollsystems geben. Dieser definierte Standard ist nicht nur für jene Unternehmen relevant, die am Horizontal Monitoring (= begleitende Kontrolle der Finanzverwaltung) teilnehmen (wollen), sondern könnte aufgrund einer „Schutzwirkung“ im Bereich des Finanzstrafrechts und der Verbandsverantwortlichkeit für alle Unternehmen von Bedeutung sein.

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Für den Inhalt verantwortlich

Andreas Helnwein

Partner, Tax

KPMG Austria

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Hintergrund

Das steuerliche Verhalten von Unternehmen und öffentlich exponierten Privatpersonen ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Dabei besteht die klare Erwartungshaltung, dass steuerliche Vorschriften eingehalten werden.

Verfehlungen wie eine verspätete, unrichtige oder versäumte Abgabe von Steuererklärungen oder die in die Öffentlichkeit gelangende Sanierung von Fehlern der Vergangenheit in Form einer Selbstanzeige können dabei – neben haftungs- und finanzstrafrechtlichen Risiken – zu einem beträchtlichen Reputationsverlust für die einzelnen handelnden Personen und Unternehmen führen.

Geschäftsführer und Vorstände sind verpflichtet, ihr Unternehmen in der Form zu organisieren und zu leiten, dass bestehende Gesetze eingehalten werden. Zu diesem Zweck werden Compliance Management Systeme (CMS) und interne Kontrollsystem (IKS) verwendet. Häufig decken bestehende Systeme den sensiblen Bereich der Steuern jedoch nicht ausreichend ab.

Gerade im Bereich der Steuern sollte aufgrund verschärfter rechtlicher Rahmenbedingungen und einer restriktiven Handhabung durch die Finanzverwaltung, erhöhter Anforderungen an Transparenz und Dokumentation sowie der zunehmenden Digitalisierung, die Erfüllung der „Tax Compliance“ organisatorisch abgesichert sein.

„Tax Compliance“, „Steuerkontrollsystem“ und „Steuer-IKS“

Die Themen „Tax Compliance“, „Steuerkontrollsystem“ und „Steuer-IKS“ sind vor diesem Hintergrund und aufgrund folgender Entwicklungen derzeit verstärkt im Fokus der „Steuerwelt“:

  • Finanzstrafrecht und Verbandsverantwortlichkeit (für alle Unternehmen relevant): ein Steuerkontrollsystem als gewichtiges Indiz gegen grobe Fahrlässigkeit und Vermeidung der Verbandsverantwortlichkeit.
  • Horizontal Monitoring (für einzelne interessierte Unternehmen relevant): ein durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer „geprüftes“ Steuerkontrollsystem als Voraussetzung zur Teilnahme am Horizontal Monitoring (= begleitende Kontrolle der Finanzverwaltung)

Allgemein ist folgender Trend (auch international) zu beobachten: ein „vertrauenswürdiger“ Steuerpflichtiger erhält gewisse Verwaltungsvereinfachungen (zB im Bereich der Umsatzsteuer: Stichwort elektronische Rechnung) und auch erhöhten Schutz im Bereich des Finanzstrafrechts. Grundvoraussetzung ist dabei ein funktionierendes Steuerkontrollsystem. Dieses unterstützt dabei, Geschäftsrisiken (zB Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen), Reputationsrisiken, finanzielle Risiken und finanzstrafrechtliche Risiken zu vermindern, aktiv zu managen und schützt daher die einzelnen Geschäftsführer/Vorstände, deren Berichtslinie und die Gesellschaft insgesamt insbesondere vor finanzstrafrechtlichen Folgen.

Geplante gesetzliche Normierung eines Standards für ein Steuerkontrollsystem

Mit dem Jahressteuergesetz 2018 (Ministerialentwurf vom 30.4.2018) wird die „begleitende Kontrolle“ (= „Horizontal Monitoring“) als Alternative zur klassischen Außenprüfung („Betriebsprüfung“) gesetzlich in der Bundesabgabenordnung verankert. Bei Unternehmen, die die Teilnahme an diesem Verfahren beantragen und die notwendigen Voraussetzungen erfüllen, ersetzt ein vom Unternehmer selbst entwickeltes und durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer überprüftes internes Steuerkontrollsystem in Verbindung mit einer erweiterten Offenlegungspflicht und einem laufenden Kontakt mit der Abgabenbehörde die nachträgliche Außenprüfung.

Bis dato gab es keine konkreten Anforderungen seitens der österreichischen Finanzverwaltung, wie ein „Steuerkontrollsystem“ ausgestaltet sein muss. In der Regel wurden bei Einführung eines Steuerkontrollsystems Anleihen an deutschen Standards (zB IDW PS 980 „Ausgestaltung und Prüfung eines Tax Compliance Management Systems“ oder IDW PS 982 „Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung des internen Kontrollsystems des internen und externen Berichtswesens“) genommen.

§ 153b Abs 6 BAO in der geplanten Fassung wird nunmehr eine Definition eines Steuerkontrollsystems normieren:

„Das Steuerkontrollsystem umfasst die Summe aller Maßnahmen (Prozesse und Prozessschritte), die gewährleisten, dass die Besteuerungsgrundlagen für die jeweilige Abgabenart in der richtigen Höhe ausgewiesen und die darauf entfallenden Steuern termingerecht und in der richtigen Höhe abgeführt werden. Es leitet sich aus der Analyse aller steuerrelevanten Risiken ab und wird an geänderte Rahmenbedingungen laufend angepasst. Die Risikoanalyse, die daraus folgenden Prozesse und Prozessschritte sowie die erforderlichen Kontrollmaßnahmen sind überprüfbar dokumentiert. Die Dokumentation wird laufend aktualisiert.“

Von einem funktionierenden Steuerkontrollsystem kann dann ausgegangen werden, wenn die Grundsätze und Maßnahmen der Compliance in den laufenden Geschäftsprozessen von der Geschäftsführung und von allen hierarchischen Ebenen des Unternehmens nach Maßgabe ihrer Verantwortung mitgetragen werden. Den gesetzlichen Vertretern obliegt die Implementierung und die inhaltliche Ausgestaltung sowie die Umsetzung des Steuerkontrollsystems. Die Verantwortung umfasst auch die Kontrolle und die Dokumentation durch fachlich geeignete Personen (zB Leiter der Steuerabteilung oder eines externen sachkundigen Dritten). 

Zusätzlich zu dieser gesetzlichen Definition und den Erläuterungen in den Materialien ist eine Verordnung vorgesehen, die erläutern wird, welche konkreten Anforderungen an ein Steuerkontrollsystem zu stellen sind. 

Aus unserer Sicht können die Anforderungen an ein Steuerkontrollsystem systematisch wie folgt eingeordnet werden:

Ein „Steuerkontrollsystem“, das den Anforderungen der österreichischen Finanzverwaltung entspricht, wird jedenfalls folgende Grundelemente beinhalten müssen („Mindestanforderung“ in Anlehnung an IDW PS 982):

  • Beschreibung des Kontrollumfelds: Dokumentation der wesentlichen Regelungen zur Aufbau- und Ablauforganisation.
  • Beschreibung der IKS-Ziele
  • Beschreibung des Prozesses der Risikobeurteilung
  • Beschreibung der Kontrollaktivitäten: Dokumentation in einer Risiko-Kontroll-Matrix 
  • Beschreibung der Information und Kommunikation: zB Schulungen und Informationen für Mitarbeiter
  • Überwachung des internen Kontrollsystems

Nach unserer Erfahrung bei bisherigen Projekten und unter Berücksichtigung der „Mindestanforderung“ der Finanzverwaltung ergibt sich typischerweise folgender Handlungsbedarf bei Einführung eines Steuerkontrollsystems:

1. Erstellung und Implementierung einer Konzernsteuerrichtlinie

  • Erhebung Strategie, Kultur und unternehmensspezifische Risiken;
  • Erhebung der grundsätzlichen Organisation der Steuerfunktion im Konzern;
  • Erhebung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, Einbindung der Steuerabteilung.

2. Risikoanalysephase mit Dokumentation in Form einer Risiko-Kontroll-Matrix

  • Analyse der steuerlichen Risiken, wie sich diese aus dem Geschäftsmodell ergeben;
  • Berücksichtigung der Erkenntnisse der internen Revision;
  • Bewertung der erhobenen steuerlichen Risiken;
  • Zusammenstellung vorhandener Maßnahmen zur Begrenzung der identifizierten steuerlichen Risiken;
  • Feststellung fehlender Maßnahmen;
  • Zuweisung von Verantwortlichkeiten zur Umsetzung der zu treffenden Maßnahmen;
  • Dokumentation in Form einer Risiko-Kontroll-Matrix.

Aufbauend auf diesen Mindestanforderungen kann in einem nächsten Projektschritt eine Weiterentwicklung zu einem vollumfänglichen Tax Compliance Management Systems im Sinne von IDW PS 980 erfolgen.

Zusätzliche Anforderungen bei Teilnahme am Horizontal Monitoring

Für die Teilnahme am Horizontal Monitoring ist das eingerichtete Steuerkontrollsystem von einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer zu prüfen (§ 153b Abs 4 Z 4 BAO in der geplanten Fassung). Nach den Materialien zum Jahressteuergesetz muss im Zeitpunkt der Antragstellung zur Teilnahme am Horizontal Monitoring die Bestätigung eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers vorliegen, dass ein den Erfordernissen des § 153b Abs 6 BAO (in der geplanten Fassung) entsprechendes Steuerkontrollsystem eingerichtet und funktionsfähig ist. Diese Bestätigung darf auf längstens 3 Jahre ausgestellt werden.

§ 153 Abs 7 BAO in der geplanten Fassung enthält eine Verordnungsermächtigung, um die Vorgehensweise bei der Prüfung des Steuerkontrollsystems durch den Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer und den erforderlichen Mindestinhalt der Bestätigung im Detail regeln zu können. Es wird davon auszugehen sein, dass sich diese Verordnung inhaltlich an den deutschen Prüfungsstandards, insbesondere IDW PS 982 „Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung des internen Kontrollsystems des internen und externen Berichtswesens“ orientieren wird. Im Bereich dieser geplanten „Zertifizierung“ sind allerdings noch einige Punkte offen (insbesondere die konkrete Ausgestaltung der Wirksamkeitsprüfung), die in den nächsten Wochen noch zu klären sein werden.

Die Gesetzwerdung und dessen konkrete Umsetzung bleibt abzuwarten.

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